II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 73


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17.1. Der Punnenspieler
zwischen je zwei Bildern einen Knoten schlingt. Ein
Gerhart Hauptmann hat sie durch einen guten Bildner¬
G. H.-Collir.
einfall vergrößert. Er hat ihre Leidenschaften, ihre see¬
euilleton.
lische Art wie eine Lichtquelle über ihre Häupter gestellt;
Rittner als Graf Starschenski ist prachtvoll. Er
so gestellt, daß die Menschen des Spiels ungeheure Schat¬
hat eine Art stilisierte Worte zu sagen, die alles Theatra¬
1 des Lessing-Theaters.
ten werfen. Ich möchte sagen: den Schatten ihres Prin¬
lische abstreift. Man spürt da eine Erhöhung und Be¬
zipiellen. Der gespenstische Flackertanz dieser großen
nder Wien. — Erster Abend.)
flügelung der seelischen Kräfte des Sprechers, die ein
Schatten gibt dem Drama seine eigentümliche Plastik.
Aufsteigen aus der prosaischen Diktion natürlich macht.
Werhaxt Hauptmann.
Das konkrete Spiel rollt ab wie ein Exemplum für die
Und er hat umgekehrt eine Manier, die einfachen Worte
B#ll#de. Prosazzwar, aber es hängt
unermeßliche Macht der Abstrakta: der Liebe, der Schön¬
so tief aus dem Herzen zu holen, daß sie wie eine
Verfend üllep diesem Spiel, in dem
heit, des Zwanges im menschlichen Blut. Man merkt die
inbrünstige Konfession wirken. Ein Schauspieler, dem man
Ehäschent Wert einer abgeschlossenen,
Dürftigkeit der Anekdote nicht, weil sie eingefügt ist in
gleich alles glaubt: das ganze Schicksal, das er darstellt
n Rand gefüllten Strophe hat. Das
einem Mechanismus ewiger Kräfte, deren geheimnisvolles
und die Herkunft dieses Schicksals aus einer menschlichen
Dramas liegt in seiner stummen
Brausen den kleinen Lärm des faktischen Ereignisses über¬
Art. Einer, dessen bildnerische Macht groß genug ist, um
en Rauschen von Naturgewalten:
tönt. Man könnte vor die einzelnen Szenen als Regie¬
die unmöglichst verkrümmten Figuren ins glaubhast
eit, die Leidenschaft, der Stolz. Sie
Bemerkung stellen: Es ist Liebe; es ist Schönheit; es
Gerade zu biegen. Welch eine Hilfe für den Dramatiker
hen des Dramas wie Stürme, alles
ist tiefste Trauer. Wie man schreiben würde: es ist heller
solch ein Schauspieler, der das knappe Leben, das der
etternd. Es ist, als ob die Leute
Tag; oder: Mittagssonne; oder: schwärzeste Nacht.
Dichter einer Figur eingeblasen, bis in die Fuß= und
edes Versuches, sich zu wehren, ein¬
Fingerspitzen weiterleitet! Frau Triesch (Elga) ist
der leisesten Berührung, die sie
Die schöne gerade Linie des Dramas biegt nur im
sehr gut. Ihre Leistung bleibt aber immer „Leistung".
die Hand des Schicksals an ihrer
vorletzten Bild in ein theatralisches Schnörkel um. Der
Vortreffliche Erledigung eines Pensums. Sie überzeugt
acht wird im Augenblick Gewißheit,
Graf inszeniert seine Rache. Das wirkt nicht groß.
nie, überredet manchmal. Man hat keinen Einwand,
nungsloses Entsetzen, leise Angst
Ein Mann wird erdrosselt, ein Vorhang vor seinem
aber auch keine Zustimmung. Es ist ein Sieg
Sterbelager zugezogen, ein Wächter mit riesigem Schwert
schauspielerischer Argumente. Keine Spur einer Berückung,
davorgestellt, Lichter angezündet und als Prologus eine
henski liebt sein Weib abgöttisch,
einer geheimnisvollen persönlichen Macht. Ihre trefflichen
ortsübliche Sage erzählt. Dann, förmlich beim „Stich¬
treue und tötet den Nebenbuhler,
darstellerischen Mittel fliegen wie ein sicheres Netz über
wort“ wird das Bett enthüllt und Elga sieht das Opfer.
diese einfache Tatsachenmelodie des
den Kopf des Zuhörers. Unwillig gibt man sich ge¬
Die Umrahmung des Spieles — einem Ritter träumt im
des Dichters Harfe sehr voll und
fangen, ist es eigentlich nie. Herr Reicher hat seinen
Klosterturm die ganze traurige Affäre — ist sehr
Aktorde, aber der Spieler greift
gröhlenden heiseren Ton aus dem „Nachtasyl“. Der
schön. Man sieht das Drama wie durch den Bogen eines
daß ihr Nachhall lange nicht ver¬
Organismus dieses polnischen Schloßverwalters scheint
dunklen Gewölkes vorüberziehen. Ich glaube übrigens
Absturz vom Gipfel; ein letzter
mit Alkohol vergiftet. Prächtig Herr Marr; von solcher
nicht, daß der Ritter wahrhaftig die böse Geschichte
von Schicksalssternen nach ihrem
Frische in Ton und Gebärde, so angenehm muskulös in
des Grafen Starschenski und seiner Elga träumt. So
Erfüllung von Blut=Notwendigkeiten.
seiner ganzen Art, daß er förmlich (neben der grauen
billig=operettenhaft wird es nicht gemeint sein. Ueber
eist nicht gezeichnet, das Werden
Theorie des empirisch verdüsterten Alters) die goldene
seinen Schlaf senkt sich nur das vage Grauen des Ortes,
aus dem Blut und der Art der
Praxis der unbedenklichen Jugend darzustellen scheint.
an dessen Wänden für alle Zeiten der Geruch des
then nicht dargestellt. Der Graf ist,
Ueber das, unseres Neides werte, Ensemble des
dereinstigen schauerlichen Ereignisses hängt. Was wir dann
nt, auf dem steilsten Gipfel seines
Dr. Brahm wird ja noch ausführlich zu sprechen sein.
sehen, ist nur eine Materialisierung dieses vagen Grauens,
endendsten Licht ihrer Schönheit, die
das des Ritters Schlaf schwer und unerquicklich macht,
äußersten mit Ahnungen gesättigt,
„Der Puppenspieler“ von Arthur Schnitzler.
ein Heraufbeschwören verklungener Klänge, deren indefi¬
t die Faust bereits zum Zuschlagen
Ein Thema, das dem Dichter sehr gut liegt: der Mensch
nites Echo nur in des schlafenden Ritters Herz
es gibt kein Weiter mehr und auch
und seine Grenzen. Seine Versuche, darüber hinauszu¬
dringt. Der mönchische Gesang füllt schön die Verwand¬
r ein Abwärts=, ein Zu=ende=gehen.
lungspausen aus. Die Bilder des Dramas sind wie auf streben, und sein scheues, stolzes, klagloses Zurückkriechen
des Dramas, die der Dichter aus der
geholt, sind ziemlich klein. Aber schwarzem Faden aneinandergereiht, in den die Musik in ihre, endlich!, erkannten Markungen. Der Puppen¬