II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 81

17.1. Der Puppenspieler
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I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis. New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr)
Ausschnitt aus:
-5. 5. 1906
vom:
Mianen Lautsches Tagblatt, Wien
Theater an der Wien. Das Berliner Lessing¬
theater hat hier gestern sein Gastspiel im Zeichen Arrar
Schnitzlers und Gerhard Hauptmann's er¬
öffnet. Von Schnitzler wurde der bekannte Einakter
„Der Puppenspieler“ gegeben und von Haupt¬
mann das Traumstück „Elga“, dem stofflich Grillparzers
Novelle „Das Kloster bei Sendomir“ zugrunde liegt. Gespielt
wurden beide Stücke ausgezeichnet, aber man müßte lügen,
wollte man berichten, daß man das Theater mit künst¬
lerischer Befriedigung verlassen hätte. Schnitzlers Einakter
ist denn doch gar zu sehr von des Gedankens Blässe an¬
gekränkelt und Hauptmanns „Elga“ eine Versündigung
an der Novelle Grillparzers und obendrein eine Bühnen¬
widrigkeit, die man dem Dichter des „Hannele“ nie und
nimmer zugetraut hätte. Trotzstimmungsvollen Chorgesängen,
trotz prächtiger Ausstattung und glanzvoller Darstellung
fühlte man sich in ein Panoptikum versetzt. Man schaute
und bewunderte die aufgewendete Kunst, blieb aber inner¬
lich unberührt und frostig wie Gletschereis. Eine zu¬
sammenfassende Besprechung des Gastspieles wird den
Versuch machen, die Ursache davon aufzudecken. Für heute
nur so viel, daß Bassermann im ersten Stücke und
Rudolf Rittner und Irene Triesch im zweiten
wirklich sehenswerte schauspielerische Leistungen boten.
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(Quelienangabe ohne Gewühr.)
Ausschnitt aus:
vom: Illustfirtes Wiener Extrablatt, Wien
Theaterzeitung.
Das Gastspiel der Berliner.
Das Gesammtgastspiel des Berliner Lessing¬
Theaters hat gestern im Thegter an der Wien.
begonnen. Director Otto Brahm it ein Bühnen¬
leiter, dessen Talent sich nicht im Lärmen bildet.
Er geht ruhig seine gerade Bahn, die nicht allzu
dicht mit Reclame gepflastert ist. Ich freue mich, so
oft er mit seinem Berlin## künstlerischen Theater
nach Wien kommt. Diesmal briuft er reiche Schätze
mit. Brahm grüßte Wien durch den Mund eines
Wieners, denn das erste Wort hatte unser Arthur
Schnitzler dessen gedankenüppiger „Luppen¬
eerste Vorstellung erfolgreich einleitete.
Den Georg Merklin, der sich vermißt, Schicksal zu
spielen, gibt Albert Bassermann mit einer
wunderbaren Menschlichkeit, die wir bestaunen, als
ob Natürlichkeit Zauberei wäre. Rufe nach dem
Dichter wurden laut, der jedoch nicht erschien und
alle Ehren dem gefeierten Darsteller überließ.
Und dann kam die zweite Gabe, die ja auch
wienerischer Provenienz ist. „Elga“ von Gerhart
[Hauptmann. So sagt schlankweg der Theater¬
zettel. Jede nähere Kennzeichnung fehlt. Und das ist
gut so, denn es handelt sich um kein eigentliches
Drama, sondern blos um eine dramatische Skizze,
die sich wie ein Entwurf zu einem Bühnen¬
werke ausnimmt. Aus Grillparzer's Novelle
„Das Kloster bei Sendomir“ hat der Dichter den
Stoff geholt, ohne dessen balladesken Charakter aus¬
zulöschen. In flüchtigen Scenenbildern spielt sich die
grausige Geschichte des Grafen Starschenski ab,
der an seinem ehebrecherischen Weibe furchtbare Rache
nimmt und dann als Klosterbruder Buße thut.
Die ganze Begebenheit, die in der Novelle der Mönch
dem fremden Ritter erzählt, läßt sich auf dem Theater
der Ritter im Traume einfallen! Er träumt mit Um¬
gehung der Traumpsychologie eine Geschichte, von der
er nie etwas gehört hat, und sieht Vorgänge,
mit denen seine eigene Person nicht verknüpft
ist. Wie anders im „Traum ein Leben“, wo der
Träumer selbst den Mittelpunkt der Ereignisse bildet.
Gerhart Hauptmann folgt der Novelle Schritt für
Schritt, nur manchmal tritt er ihr auf die Schleppe,
um einen Saum abzureißen und ihn rasch durch
einen poetischen Flicken zurersetzen.
Der Dichter ist so liebenswürdig, der viel¬
verpönten Nachtkritik das Handwerk zu erleichtern.
Er läßt nämlich in der letzten Scene durch den
Mund des Hausverwallers die Handlung gewissen¬
haft erzählen. Kein noch so begabter Theaterreferent
macht ihm das nach. Man höre. „Es lebte vor alten
Zeiten ein treuer Mann und reicher Graf. Er lebte
für sich und in Frieden mit seiner erlauchten Mutter.
Endlich aber hing er sein Herz an ein Weib....
doch es war eine Grube voll Schlangen und
kein Weib. Sie log und betrog ihn, der redlich und
ohne Falschheit war. Sie verrieth ihn und über¬
schüttete ihn mit Schande.“. Auf die Frage, wo
sie das that, weist der Hausverwalter auf das Bett.
Auf diesem Bette liegt auch jetzt der Ehebrecher, aber
den Knechten des Grafen