box 22/6
17.1. Der Puppenspieler
den Scherz nur eingegangen sei, weil sie ihn selbst,
Theater am Franzensplatz.
Georg, liebte und durch die ihr aufgenötigte Zärtlichkeit
10| # #0 Rovitätenabend. 777 U##
für Eduard seine Eifersucht und Liebe erregen wollte.
Unter den Einaktern, die uns am vergansenen
Aber Georg ist nicht wiedergekommen und sie hat sich
Samstag als Novitäten vorgeführt wurden, ist Artur
getröstet und den braven Eduard geheiratet. Nun sieht
Schnitzlers Studie „Der Puppenspieler“ literarisch
er an fremdem Glücke, wie sich sein eigenes Leben
und richtelisch wohl der bedeutendste, dramatisch aber
hätte glücklich und behaglich gestalten können, und sein
sicherlich der am wenigsten wirksame. Eine Milieustudie,
Glaube wankt, als er, seine innere Rührung bemei¬
faber kein rechtes Theaterstück, feine Seelenmalerei, aber
sternd, den kleinen Knaben küßt und dabei seiner eigenen
keine Handlung! Ja das Ganze ist für ein größeres
treulosen Geliebten und seines gestorbenen Kindes ge¬
Puhlikum kaum recht verständ ich, wenn man nicht einen
denkt. Aber „Menschen meiner Art müssen frei sein,
Lieblingsgedanken Schnitzlers kennt, den er namentlich
wenn sie sich ausleben sollen“ üherredet er sich trotzig
in dem Einakter „Der große Wurstel“ deutlich aus¬
und entfernt sich aus dem traulichen Kreise. Aber man
spricht: Wir sind alle Marionetten. Wir sind stolz
fühlt doch aus seinem Trotze das bittere Gefühl heraus,
auf unsere Freiheit, auf unser Wollen und wir hängen
daß er, der Puppenspieler, sein Spiel an die Wirklich¬
und tanzen doch alle an Fäden.
keit verloren, und während er übermütig ein fremdes
Ein Beispiel davon gibt uns Schnitzler im vor¬
Glück geschaffen hat, gedankenlos an seinem eigenen
liegenden Stücke. Hier ist es der vermeintliche Puppen¬
vorübergegangen ist. Die Idee ist allerdings etwas
spieler Georg Merklin, der die Drähte zu ziehen glaubt
subtil, aber nicht ohne ein großes psychologisches In¬
und selbst wie die Puppen gelenkt wird. Er hat seinem
teresse; sie wird auch dem Zuschauer nicht gleich ein¬
schüchternen und unbeholfenen Freunde Eduard Jagisch
leuchtend und erfordert ein feines und wohldurchdachtes
vor Jahren einen Scherz gespielt und ihm einen jun¬
Spiel, dessen sich unsere Darstellung eben nicht rühmen
gen hübschen Blondkopf zugeführt, der ihm aus seiner
konnte. Fräulein May und Herr Ehmann waren
Schüchternheit heraushelfen sollte. Und Eduard fängt
gut, aber etwas trocken und im Tone gedämpfter, als
Feuer, heiratet den Blondkopf, wird glücklicher Gatte
erforderlich war. Herr Marlitz trug zwar mit Ge¬
und Vater eines prächtigen Knaben. Nach Jahren
schick die Maske des Weltenbummlers und falschen Philo¬
kommt Georg äußerlich ziemlich verkommen und im
sophen, aber er blieb zu ständig in dieser Maske stecken.
Innern schiffbrüchig in das gemütliche Heim seines
Das Aufleuchten von Gefühl und innerer Erregung, das
Freundes und wird Zeuge seines häuslichen Glücks,
namentlich in dem Augenblicke, wo er den Knaben
er, der selbst am Glücke vorbeigegangen ist, weil er
Georg auf die Stirne küßt und sich entfernt, zum Vor¬
meinte, die Not und das Entbehren von Weib und Kind
schein kommen sollte, trat nicht merkbar hervor. Wir
seien für ihn die immer gewünschte und ersehnte Frei¬
wollen dem strebsamen und verständigen Schauspieler
heit. Nun erfährt er, daß Eduards Frau damals auf deshalb auch keinen Vorwurf machen. Aufdämmernde
Empfindung, die vom Dichter nur leise an
und die wir mehr erraten müssen, Tränen
Innern weint und die nicht sichtbar ins
sind auf der Bühne nicht so leicht deutlich
Schnitzler liebt diese Dämmerung, dieses K
Ausdruck der Empfindung; sie verleihen
mitunter ihren eigentümlichen Reiz, aber
ren dem Schauspieler seine Aufgabe. D
des Stückes war darum auch etwas kühl
kaum, daß sein Grundgedanke auch vo
schauern deutlich erfaßt wurde.
Einen vollen Erfolg hatte Felix Dö#
akter „Der Mäcen“, von den Damen Schn
Braun und den Herren Staud und Ber
dargestellt. Besonders waren es Herr Stau
lein Braun, die durch vorzügliche Charakter
Rollen den lebhaftesten Beifall ernteten. Da
ist ein Wiener Lebensbild, und zwar aus d
Niederungen des Lebens, worin der Verfasse
Leute“ und „Krannerbuben“ sich mit Vor
Dagegen wurde Mirbe aus Komödie
tasche“ vollständig und unter Zeichen des
abgelehnt. Es soll eine Satire auf die
Ein Polizeigewaltiger, der seine Geliebte,
Kokotte, auf originelle Weise, um keinen
erregen, in sein Bureau zu Schäferstunden
indem sie nämlich auf sein Geheiß vor d
Kommissariats Personen anrempelt, dann
von den wachhabenden Schutzmännern verha
äußerst renitent gebärdet und deshalb vor
kommissär gebracht wird, der sie dann, a
Feststellung der Personalien, im Bureauzin
der ferner einen armen, kranken, alten Ber
17.1. Der Puppenspieler
den Scherz nur eingegangen sei, weil sie ihn selbst,
Theater am Franzensplatz.
Georg, liebte und durch die ihr aufgenötigte Zärtlichkeit
10| # #0 Rovitätenabend. 777 U##
für Eduard seine Eifersucht und Liebe erregen wollte.
Unter den Einaktern, die uns am vergansenen
Aber Georg ist nicht wiedergekommen und sie hat sich
Samstag als Novitäten vorgeführt wurden, ist Artur
getröstet und den braven Eduard geheiratet. Nun sieht
Schnitzlers Studie „Der Puppenspieler“ literarisch
er an fremdem Glücke, wie sich sein eigenes Leben
und richtelisch wohl der bedeutendste, dramatisch aber
hätte glücklich und behaglich gestalten können, und sein
sicherlich der am wenigsten wirksame. Eine Milieustudie,
Glaube wankt, als er, seine innere Rührung bemei¬
faber kein rechtes Theaterstück, feine Seelenmalerei, aber
sternd, den kleinen Knaben küßt und dabei seiner eigenen
keine Handlung! Ja das Ganze ist für ein größeres
treulosen Geliebten und seines gestorbenen Kindes ge¬
Puhlikum kaum recht verständ ich, wenn man nicht einen
denkt. Aber „Menschen meiner Art müssen frei sein,
Lieblingsgedanken Schnitzlers kennt, den er namentlich
wenn sie sich ausleben sollen“ üherredet er sich trotzig
in dem Einakter „Der große Wurstel“ deutlich aus¬
und entfernt sich aus dem traulichen Kreise. Aber man
spricht: Wir sind alle Marionetten. Wir sind stolz
fühlt doch aus seinem Trotze das bittere Gefühl heraus,
auf unsere Freiheit, auf unser Wollen und wir hängen
daß er, der Puppenspieler, sein Spiel an die Wirklich¬
und tanzen doch alle an Fäden.
keit verloren, und während er übermütig ein fremdes
Ein Beispiel davon gibt uns Schnitzler im vor¬
Glück geschaffen hat, gedankenlos an seinem eigenen
liegenden Stücke. Hier ist es der vermeintliche Puppen¬
vorübergegangen ist. Die Idee ist allerdings etwas
spieler Georg Merklin, der die Drähte zu ziehen glaubt
subtil, aber nicht ohne ein großes psychologisches In¬
und selbst wie die Puppen gelenkt wird. Er hat seinem
teresse; sie wird auch dem Zuschauer nicht gleich ein¬
schüchternen und unbeholfenen Freunde Eduard Jagisch
leuchtend und erfordert ein feines und wohldurchdachtes
vor Jahren einen Scherz gespielt und ihm einen jun¬
Spiel, dessen sich unsere Darstellung eben nicht rühmen
gen hübschen Blondkopf zugeführt, der ihm aus seiner
konnte. Fräulein May und Herr Ehmann waren
Schüchternheit heraushelfen sollte. Und Eduard fängt
gut, aber etwas trocken und im Tone gedämpfter, als
Feuer, heiratet den Blondkopf, wird glücklicher Gatte
erforderlich war. Herr Marlitz trug zwar mit Ge¬
und Vater eines prächtigen Knaben. Nach Jahren
schick die Maske des Weltenbummlers und falschen Philo¬
kommt Georg äußerlich ziemlich verkommen und im
sophen, aber er blieb zu ständig in dieser Maske stecken.
Innern schiffbrüchig in das gemütliche Heim seines
Das Aufleuchten von Gefühl und innerer Erregung, das
Freundes und wird Zeuge seines häuslichen Glücks,
namentlich in dem Augenblicke, wo er den Knaben
er, der selbst am Glücke vorbeigegangen ist, weil er
Georg auf die Stirne küßt und sich entfernt, zum Vor¬
meinte, die Not und das Entbehren von Weib und Kind
schein kommen sollte, trat nicht merkbar hervor. Wir
seien für ihn die immer gewünschte und ersehnte Frei¬
wollen dem strebsamen und verständigen Schauspieler
heit. Nun erfährt er, daß Eduards Frau damals auf deshalb auch keinen Vorwurf machen. Aufdämmernde
Empfindung, die vom Dichter nur leise an
und die wir mehr erraten müssen, Tränen
Innern weint und die nicht sichtbar ins
sind auf der Bühne nicht so leicht deutlich
Schnitzler liebt diese Dämmerung, dieses K
Ausdruck der Empfindung; sie verleihen
mitunter ihren eigentümlichen Reiz, aber
ren dem Schauspieler seine Aufgabe. D
des Stückes war darum auch etwas kühl
kaum, daß sein Grundgedanke auch vo
schauern deutlich erfaßt wurde.
Einen vollen Erfolg hatte Felix Dö#
akter „Der Mäcen“, von den Damen Schn
Braun und den Herren Staud und Ber
dargestellt. Besonders waren es Herr Stau
lein Braun, die durch vorzügliche Charakter
Rollen den lebhaftesten Beifall ernteten. Da
ist ein Wiener Lebensbild, und zwar aus d
Niederungen des Lebens, worin der Verfasse
Leute“ und „Krannerbuben“ sich mit Vor
Dagegen wurde Mirbe aus Komödie
tasche“ vollständig und unter Zeichen des
abgelehnt. Es soll eine Satire auf die
Ein Polizeigewaltiger, der seine Geliebte,
Kokotte, auf originelle Weise, um keinen
erregen, in sein Bureau zu Schäferstunden
indem sie nämlich auf sein Geheiß vor d
Kommissariats Personen anrempelt, dann
von den wachhabenden Schutzmännern verha
äußerst renitent gebärdet und deshalb vor
kommissär gebracht wird, der sie dann, a
Feststellung der Personalien, im Bureauzin
der ferner einen armen, kranken, alten Ber