Smmigen und Eupfindungen. Alich in diesem
verschmäht, den verachteten Nebenbuhler zu tödten,
Augenblicke sind sie alle gleich erfüllt von einer Summe
erdolcht sie ihn selbst, und er erkennt jetzt, daß die
Größe dieser That für ihn die künstlerische Befreiung
verschiedenartiger Eindrücke, die noch lange nachwirken,
und in denen sie erst nach einiger Zeit sich völlig
aus langem Bann, die Erlösung, der Ruf zum
Schaffen ist, und in der Stimmung der Stunde malt
zurechtfinden werden.
— die Frau mit dem Dolche.
Ein vierblätteriges Kleeblatt haben wir auf dem
er seine Frau —
dürren, in diesem Theaterjahre bisher besonders unfrucht= Verwandlung. Wir sind wieder im Galerie=Saale.
baren Boden unseres „Deutschen Theaters“ ge¬
verspricht Pauline dem Verführer, dessen Züge eben
funden — dabei zeigte es sich wieder einmal, daß vier¬
blätterige Kleeblätter Glück bringen.
der Erdolchte trug, Abends zu ihm zu kommen. Man
Mit vier Einactern von Arthur Schnitzler
hat das Gefühl, daß der Traum da zur blutigen
hat das „Deutsche Theater“ gestern einen vierfachen,
Wirklichkeit werden kann.
der, sagen wir der Sicherheit wegen einen drei¬
Wie unrecht würde man thun, das kleine Stück für
fachen Erfolg errungen.
ein dramatisches Bekenntniß des Glaubens an die
Die Zeit der Einacter schien vorbei. Die Theater
Seelenwanderung, für eine mystisch=spiritistische
hatten ein Vorurtheil gegen die dramatischen Nippes¬
Tendenz=Dichtung zu halten. Eine Dichtung ist
sie eben. Sonst nichts. Stark empfunden, in leuchten¬
Sachen. Sie waren allenfalls einmal einzeln zur
eine Schöpfung mehr
den Farben ausgeführt,
Ausfüllung eines Theaterabends gut. „Die Einacter
musikalischen Charakters, eine Träumerei, ein
machen nichts,“ sagten unsere Theater=Geschäftsleute,
farbeuprangender Einfall .... Fräulein Triesch war
„die Einacter sind todt!“ Ein anderer Aberglaube
kam da wieder einmal zu seinem Recht: Todtgesagte
in Wesen, Ton, in Haltung und Bewegung ganz die
leben sehr lange.
Phantasiegestalt des Dichters. An einer fremdartigen,
Mit einem Einacter=Cyklus führte sich Arthur
schwierigen Aufgabe hat sich hier ihr echtes, sicher zu¬
greifendes Gestaltungstalent erwiesen, ihr nachdichtendes
Scmitzler in die Bühnenliteratur ein, einem Strauß
Empfinden. Herr Richard Hahn war weniger der
kreiner Dichtungen, die aus einem Gedanken, einer
Stimmung geboren schienen. Mitder „Anatol“=Einacter¬
Lconhard und Lionardo der Dichtung, Herr Otto
Sommerstorff gab der Traumgestalt des Malers
sammlung, die aus einem skeptischen, kritischen Ent¬
der Analyse
wicklungszustand erwuchsen,
charakteristische Züge. Schön ausgestottet und
moderner Conventionen, gesellschaftlicher Einrichtungen
ssing mit nachspürendem Ver¬
von Emil
ständniß inscenirt, fanden die drei kleinen Bilder
ihre Aufgabe suchte. In „Paracelsus“ dem „grünen
einen starken, dem Eindruck entsprechenden Beifall, der
Kakadu“, seinem zweiten Einacter=Bouquet, war
Schnitzler schon gestaltender Dichter, und nicht mehr den Verfasser sehr oft vor den Ve#hang rief. Fräu¬
suchender, grübelnder, zwischen Selbstbespiegelung undllein Triesch, der dieser Beifall ebenfalls galt, durfte
Spott verlegen einhertaumelnder, zwischen Keckheit
natürlich nicht erscheinen.
und Schüchternheit schwankender, innerlich verzagter
Einen feinen und tiefen Gedanken übersetzt das dritte
Anfänger. Die Zusammenstellung durch eine Grundidee
der vier kleineren Stücke in Leben. Das in Noth
und einen gemeinsamen Titel verbundener kleiner
und Elend verkommende starke Talent empört sich
Bühnendichtungen war inzwischen Mode, oder sagen
vor dem Ende gegen die in Glück protzende Hohlheit.]
Der Journalist Rademacher liegt im Sterben. Jetzt
wir hesser: Ausdruck einer Zeitströmung geworden.
Wir sahen auch Sudermann, Hartleben mit dieser
endlich will er dem Flachkopf Weihgast, der einst
Strömung in der Fluth des Erfolges schwimmen.
seine ganze Verachtung ins
sein Freund gewesen,
Gestern brachte uns Arthur Schnitzler die neuesten
ihm sagen, wie seine Frau,
Gesicht schleudern, will
Blüthen aus dem üppig wuchernden, an phantastischen
Leere angewidert,
von seiner
selbst
Kunstgewächsen reichen Garten seiner Dichtung. Von
lange des armen Rademacher Geliebte ge¬
der skeptischen Kritik der Gesellschaft, ihrer
wesen. Erkspielt diese Befreiungsscene einem Spital¬
Konventionen und Moral=Begriffe ist Schnitzler
genossen auch vor. Da aber endlich Weihgast in aller
jetzt zum Studium und zur Untersuchung der
verlegenen Freundlichkeit, in aller banalen Wohl¬
ästhetischen Conventionen, der Kunstanschauungen
meinung vor ihm steht, von seinen armseligen Freuden
und Kunstgesetze vorgedrungen.
und Leiden spricht, überkommt den Sterbenden ein
Das Leben in der Kunst behandeln die
Verachtung fließendes
aus tiefer
unendliches
Er verzichtet auf das
„lebendigen Stunden". Zunächst mehr im
Mitleid mit allem Leben.
Stile der Disputation, be
geuug aber in poetischen! Strafgericht und stirbt, innerlich befreit, wenn
Gestaltungen und Wirklichkeits=Darstellungen. Zuerst auch anders, als er vordem meinte. Ist auch
herrscht die These vor, der ein beliebiges illustriren¬
der kranke Schauspieler im Stücke eben nur Theater¬
des Lehr=Beispiel zugesellt wird, dann haben wir
behelf, so ###duch
Ganzen einem vornehmen Ge¬
in Sinne der Bühnenkunst richtiger,
umgekehrt, un
danken vornehustlerischer Ausdruck gegeben.
ver Wirklichkeit nachgebildetes oder dichterisch gestal¬
bußte die iunere Größe des
Herr Nes
tetes Leben vor uns, aus dem sich ästhetische Lehr¬
evolution in seinem Gemüthe
Rademacher
sätze, Anschauungen und Meinungen über Kunst wie
Die Wichtigthuerei des Flach¬
trefflich zu ver
von selbst ergeben sollen.
Bassermann in Maske
kopfes Weilg
Das erste der vier kleinen Stücke, dasjenige, das und Ton über
Hanns Fischer, überaus
dem ganzen Cyklus den Namen giebt „Lebendigeecht als Schluf
werth, auch Herr Hofmeister,
Stunden“ behandelt ein sehr ernstes Problem mit
Fräulein Müller das treue Krankenhaus=Milieu,
aller Herbheit und Schärfe, aber doch mehr
halfen zum starken Erfolg.
an
theoretisch. Dabei ist das Beispiel,
Ein tollis Schwank folgt diesen „letzten Masken“.
dem der Fall gezeigt wird, an sich stark
ist die
In der kleinen Satire „Literatur“
genug. Heinrich's Mutter die lange kränkelte,
Münchener Schriftsteller=Bohéme ähnlich wie im
hat sich selbst den Tod gegeben, weil sie
Roman „Renate Fuchs“ aber mit sieghafterer Laune,
merkte, daß ihre Krankheit dem geliebten Sohne
geschildert. Beim verständuißvollen Publikum schlug
alle Schaffens=Stimmung raubte. Anton Haus¬
r Jubel erreichte
förmlich jedes Wort ein.
dorfer, der Freund der Heimgegangenen, verräth dem
seinen Höhepunkt, als Schriftsteller und Schriftstellerin,
Sohne diesen Opfertod, der für ihn Geheimniß
die einstmals ihr Dachstubenglück gemeinsam genossen,
bleiben sollte und macht damit das Opfer vielleicht
sich mit den Romanen gegenübertreten, die sie beide
Spät erst und ohne starke Noth¬
zwecklos.
aus dem Erlebniß gestalteten. Da ihr Briefwechsel
wendigkeit, ohne tieferes inneres Leben entwickelt
in — beiden Romanen würtlich abgedruckt ist,
sich dieser Conflict. Man hat das Gefühl, hier sei
wäre nun ihr Verhältniß enthüllt, wenn ihre Schlauheit
der Fall nur künstlich construirt, zum Zwecke der
nicht schließlich doch den guten Baron dupirte, der
Gegenüberstellung nüchtern=praktischer und künstlerisch¬
Margarethe nun heimführt. Dieser Baron mit der
potenzirter Anschauungsweise. Das Problem ist nicht
Verachtung vor der öffentlichen Preisgebung der
neu. Gutzkow hat den Gedanken schon im „Uriel
eigenen Leidenschaften ist im Grunde der sympathischste
Acosta“ erörtert — auch für Manasse van der Straaten
Mann in der Gesellschaft, obwohl die Bohême ohne
hat die Kunst die Kraft, vom Erdenleid zu befreien,
Gehässigkeit gezeichnet ist. Frl. Triesch traf auch
„in Marmor gebannt verstummt der Schmerz" und
hier Wesen und Ton der kecken, schlauen
auch dort empört sich die Werkeltagswelt gegen
Bohéme=Gestalt vortrefflich, Herr Bassermann
diese Kunstprivilegien. Die Herren Reinhardt und
der den eleganten Sportsmann so glaubhaft machte,
Rittner vertraten die zwei verschiedenen Gemüths¬
Herr Rittner, in einer Art Hartleben=Maske als
verfassungen, die im gleichen Schmerz sich so ver¬
prächtiger Gilbert, halfen den großen, herzhaften Er¬
schieden äußern, mit aller Hingebung. Sie gewannen
folg erstreiten.
der lange widerstrebenden Zuhörerschaft zuletzt doch
Von tragischer Beklemmung bis zur tollsten Lustig¬
noch Theilnahme und Zustimmung ab.
keit machte das Publikum alle Stimmungen willig
Stärker wirkte vom ersten Augenblick an das
durch. Das echte „bunte Theater“ war's, aber eins, in
phantastische Bühnenspiel „Die Frau mit dem
dem die Farben sich zu einer starken Symphonie
Dolche“. Wir sind in einer Bilder =Galerie.
J.
mischen.
Pauline trifft sich hier mit Leonhard, der sie umwirbt
und dem sie, in wankender Treue gegen ihren Gatten,
bald
sich zuneigt, bald widerstrebt. Sie fühlt
sich seltsam gebannt von einem alten Bilde der „Frau“