II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 28

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16.1. Lebendige Stunden zuklus
Kar Goldsc,
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K. „ Bureau für 4
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Zeitungsausschnitte und Verlag
der Wissenschaftlichen Revue.
BERLIN N., Auguststr. 87 part.
Telephon Amt III, No. 3051.

Ausschnitt
resegrumnn Aäresnse¬
aus
1COLDSCHMIDT. Auguststr. 87.
Berfiner Börsen-Zeitung
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—5. 1. 02
nst und Wissenschaft.

Deutsches Theater. Zum ersten Male:
Lebendige Stunden“ von Arthur Schnitzler.
Von 7½ bis 10½ Uhr genau wurden vier
Einacter gespielt, die der bekannte, erfolgreiche
Dichter unter dem oben angeführten Titel ver¬
einte. Läge der Scherz nicht gar so nahe, man müßte
als ehrlicher Mensch sagen, es waren keine — leben¬
digen Stunden. Der Dichter hat sich über die Pfeudo¬
Dichter lustig machen wollen, die sich einreden, der
„Gott in ihnen“ stehe höher als das natürliche
Meuschenempfinden, darum setze sich jedes Ge¬
fühl in Schaffensdrang um. Sie feciren ihre
seelischen Regungen und beobachten sich, um sich
zu beschreiben. Wir wissen nicht, was Schnitzler die
Anregung bot, einmal ein Donnerwetter über „Die
Talente des Kasseehauses“ loszulassen, aber er
verkenne nicht, daß auch er gleich den Ge¬
geißelten seine Empfindungen schaffend verwerthete.
Freilich waren es nicht Empfindungen des Schmerzes
im gewöhnlichen Sinne, war es kein Unglück, das ihn
traf, als er die Eingebildeten mit ihrem harmlosen
Größenwahn kennzeichnen und züchtigen wollte,
aber ein Weh war's immerhin, und daraus geboren
erstanden die vier Theaterstücke
— für Litteratur¬
menschen, die jede geistreiche, wie jede ironische Wendung
verstehen, jede Anspielung freudig auffassen.
Wir wollen uns nach 11 Uhr Abends in keine allzu
lange litterarisch=dramaturgische Studie über diese vier
Nippes ergehen.
Nr.
„Lebendige Stunden“, Schanspiel in
einem Aufzug. Eine leidende Mutter tödtet sich, weil
sie sieht, daß ihr Leiden dem Sohn die dichte¬
rische Schaffensfreude nimmt. Der Sohn erfährt diese
heroische That der Mutter durch ihren „Freund“, der
sie dem jungen Dichter mittheilt, weil er ihn kennt.
Und in der That erklärt dieser nun, seinen Schmerz
zu gestalten. Fadenscheinig vergleicht er das dami:
daß der Gartenbesitzer ja trotz allen Leids auch seinen
Garten pflegt.
Das Stückchen, von den Herren Reinhard (Freuni
der Verstorbenen), Rittner (Sohn), Fischer (Gartner)
sehr lebenswahr gespielt, konnte es zu keinem Er¬
folge bringen. Es war auch zu häßlich, daß
kein Gegensatz zur Ausgleichung gefunden wurde,
denn es wird doch Schnitzlers Absicht nicht ge¬
wesen sein, alle jungen Dichter als solche Selbst¬
aubeter zu bezeichnen? Das wäre, —— nun sagen
wir höflich: seltsam.
Nr. 2: „Die Frau mit dem Dolche.“ Schau¬
spiel in einem Aufzug. Pauline, die Gattin des
Malers Remigio, giebt sich mit Leonhard im Aus¬
stellungssaale ein Stelldichein. Sie stehen (und sitzen
auf dem Rundsopha) vor dem großen Mittelbilde, das
sicht zu schleudern! Er weiß ja in der That auch nichts
die Frau mit dem Dolche darstellt. Der Maler ist un¬
als zu schimpfen — und nach dem Weggang des
bekannt, das Bild stammt aus dem 16. Jahrhundert.
„Glücklichen“ zu sterben.
Pauline hat es ihrem Manne gesagt, daß sie einen
Hier hat die dichterische Kraft Herrn Dr. Schnitzler
Augenblick nahe daran war, Leonhard zu lieben, in
völlig im Stich gelassen, denn nicht nur hat
Folge dessen wurde beschlossen, abzureisen. Pauline ist
er keine Typen geschaffen, er hat auch nicht
eine visionäre Natur. Sie sieht Leonhard als
einmal gewußt, was mit seinen Puppen an¬
Leiche denn auf dem Bilde ist ein Jüngling
fangen. Ohne Reinhardt (Journalist), Fischer
neben der Frau mit dem Dolche todt hingestreckt sichtbar.
(Schauspieler), Bassermann (Dichter) wäre das
Es wird dunkel — Verwandlung — und der Maler
Schauspiel sicher noch kühler aufgenommen worden.
aus dem 16. Jahrhundert findet bei der Heimkehr sein
Nr. 4: Litteratur. Schwank in einem Aufzug.
inzwischen ihm ungetreu gewordenes Weib. Alles ist Ein Behem=¬
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