II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 44

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16.1. Lebendige Stunden—zyklus
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Nr. 42
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Berufseifer zurücktritt. Das seltsame kleine Drama gab
Deutsches Theater.
Fräulein Irene Triesch Gelegenheit, zu zeigen, wie sicher
□ Der Wiener Bühnendichter Arthur Schnitzler, dessen
sie in der Doppelrolle zwei Stilarten beherrscht.
Drauen „Liebelei" und „Freiwald“ in Berlin starke, nach¬
„Die letzten Masken“ der dritte Einakter, spielt im
Mltige Eindrücke hervorriefen, bot uns gestern einen Einakter¬
Hospital und ein sterbender Kritiker will die letzten Augenblicke
Zyklus dar. Den Abend eröffnete „Lebendige Stunden“
seines Daseins benützen, um einem glücklichen Rivalen lang¬
pgein Dramolet, in welchem der glühende Verehrer einer ver¬
aufgespeicherten Haß, Hohn und Verachtung ins Gesicht zu
„storbenen Hofräthin, dem Sohne der Hingeschiedenen er¬
speien. Ein kranker Komödiant überredet ihn, die Rachescene
öffnet, seine Mutter habe sich vergiftet, damit sie durch
vorher einzuüben, damit er den Verhaßten auch ganz zerschmettere.
ihre Leiden sein dichterisches. Schaffen nicht störe.
Der Sterbende geht darauf ein. Als aber der Feind erscheint und sich
Weil er die lebendigen Stunden beklagt, die er noch mit der
theilnehmend nach seinem Befinden erkundigt, verstummt die Rach¬
Geliebten hätte verleben können, läßt sich der alte Graukopf
sucht vor den vorausfallenden Schatten der ewigen Nacht.
Ab zu dieser brutalen Enthüllung hinreißen, der junge Dichter
Obgleich es nicht sehr wahrscheinlich ist, daß die Rachbegierde
Ab aber tröstet sich mit dem Gedanken, daß er diese lebendige
in einem Sterbenden heiß aufflammt und daß er die Zer¬
Stunden in der Poesie festhalten könne. Da wir die heroische
schmetterung gar einstudirt, so wirkte der tragische Vorgang
Hofräthin nicht kannten, so hatten die langen Gespräche, welche
doch mächtig, Dank der ausgezeichneten Darstellung des ver¬
In Herr Reinhardt als Hausdörfer und Herr Rittner als
bitterten Sterbenden durch Herrn Reinhardt.
di Heinrich über die vortreffliche Frau führten, für die Zuschauer
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gar kein Interesse.
Der letzte Einakter erschien dem Pubikum als die dankens¬
Es folgte „Die Frau mit dem Dolche“, der ein
wertheste Gabe des Abends. Er heißt „Literatur“ und ist
we
bizarrer Einfall zu Grunde liegt. Eine junge und anscheinend
ein übermüthiger Schwank, in dessen Mittelpunkte eine ge¬
recht exzentrische Frau läßt sich von ihrem Liebhaber in der
schiedene Frau mit literarischen Neigungen steht; sie wurde
Bildergalerie treffen, um ihn zu verabschieden. Dieser macht
aus der Münchener Boheme durch einen reichen Baron ent¬
sie auf ein Gemälde aufmerksam, das ein Florentiner Künstler
führt, der sie heirathen wollte. Nun schrieb sie zu guterletzt
vor drei Jahrhunderten gemalt hat. Es stellt eine den Dolch
noch einen Roman, in den sie die mit einem Münchener Lieb¬
zückende Dame dar, die der Galeriebesucherin Frau Pauline
haber gewechselten Liebesbriefe eingeschaltet hat. Der ver¬
ähnlich sieht. Pauline erinnert sich, daß ihre Familie
bummelte Liebhaber aber that in seinem Roman ein Gleiches und
aus Florenz stammt, sie glaubt schon einmal gelebt zu
Frau Margarethe wird nur dodurch vor einer unauslöschlichen
haben und es kommt ihr eine Vision. Diese wird auf der
Blamage gerettet, daß der gute Baron ihre Bücher ein¬
Bühne dargestellt und enthüllt uns die Katastrophe einer
stampfen läßt. „Litteratur“ ist auf den gleichen frivolen Ton
Liebeskragödie. Die Frau eines Malers betrügt diesen in einer
gestimmt, wie Schnitzlers „Abschiedssouper“, allein die kleine
schwachen Stunde mit dessen Schüler und als dieser den Gatten
Handlung wurde sehr gut erfunden und der Dialog brachte
zu tödten droht, erdolcht ihn die Sünderin unter den Augen des
viele witzige Einfälle. Fräulein Triesch spielte die Marga¬
Meisters, der, ohne den Ermordeten zu beachten, seine Frau mit dem
rethe mit vielem Humor und Herr Rittner gab dem
Dolche malt. Als die Vision geschwunden, bewilligt Frau
Gilbert eine recht komische Haltung. Nach den ersten drei
Pauline ihrem Galan ein Schäferstündchen. Aus welchem
Einaktern applaudirte und jubelte ein Theil des Publikums
Grunde? Das vermag wohl niemand zu sagen. Den tieferen
und der andere wunderte sich darüber. Zum Schluß aber
Sinn der Vision vermochte auch niemand zu ergründen.
R. E.
wurde der Dichter einmüthig hervorgerufen.
Vielleicht wollte Schnitzler uns belehren, daß das Mensch¬
Aet
lichkeitsgefühl eines echten Künstlers vor dem entflammten