I1
box 21/2
16.1. Lebendige Stunden zyklus
522
Modernen war, wird er jetzt von den Jüngsten bereits zum altenf
Eisen geworfen. In dieser humoristischen Auffassung der Erfolge
und Kämpfe eines Schriftstellers, der am Cäsarenwahn leidet und Sofort hatte Visconn=Venosta, damals Minister des Krußern, die
Empfindung, daß hierdurch das Hinterland von Tripolis dem Ein¬
sich im Mittelpunkt der Welt sieht, liegt eine sonnige Kraft und
verständnisse zwischen den beiden Westmächten preisgegeben wäre.
Selbstbefreiung, für die wir Schnitzler aufrichtigen Dank wissen.
Visconti=Venosta sagte sich nun, es könnte Italien fortan in Tripolis
Einen köstlichen Griff in die Satire ohne alle ernste Beimischung
so ergehen wie früher in Tunis, wo durch die Besitzergreifung Frank¬
hat er zum Schluß mit dem einaktigen Stück „Literatur“ ge¬
reichs die starke italienische Kolonie mit ihren hervorragenden Handels¬
than, worin er eine unverstandene poesiesüchtige Frau nach ihrer
interessen so unheilbar geschädigt ward. Visconti=Venosta wendete sich
Trennung von einem nüchternen Fabrikanten und vor ihrer Wieder¬
mit seinen Bedenken an die englische Regierung und wünschte vons ?
verheirathung mit einem eleganten Lebe= und Sportsmann schildert.
dieser eine Gewähr dafür zu erlangen, daß Tripolis von keinersc
Während sie anzügliche Gedichte und Romane schreibt, ist er von
Macht, England inbegriffen. je besetzt werden würde. Die englische d
einer unüberwindlichen Abneigung gegen diese Art von Schrift¬
Regierung glaubte sich bei aller Rücksichtnahme auf Italien und d
stellerei erfüllt und läßt das jüngste literarische Erzeugniß seiner
dessen Interessen außer Stande, Italien die begehrten Garantieng
Braut unverzüglich einstampfen. Nur ein Exemplar wird davon ge¬
betreffs Tripolis zu geben. Da wendete sich der italienische
rettet, aber dies wirft die Verfasserin selbst ins Feuer, als es sich
Minister des Aeußern an die französische Regierung, und zeigte diese j#
herausstellt, daß ihre darin abgedruckten Liebesbriefe aus der Zeit
sich ungleich entgegenkommender als die englische. In Paris be¬
Nou#nnerwogen. Es hei
ihres Verhältnisses mit einem verbummelten Literaten von diesem
gehrte man nur die Erklärung, daß Italien in Marokko Frank¬
ebenfalls für eine Erzählung wörtlich benutzt worden sind. Mit aller¬
diese Maßnahme, nicht
reich würde frei schalten lassen, wenn dieses ein Interesse an diesem
lei geistvollen und lustigen Einfällen schnurrt dieser satirische Ein¬
kommen sondern aus st
afrikanischen Territorium nehmen sollte. Italien hatte keine Ursache,
akter in reizender Weise an den Zuschauern vorbei, denen literarische
betreffs Marokkos nicht die gewünschte Erklärung abzugeben, und
Auswüchse als menschliche Verschrobenheiten vorgeführt und von
Iso kam zwischen Frankreich und Italien ein auf die
X Aus Südafrika #
Grund aus lächerlich gemacht werden.
Leider erwiesen sich die schauspielerischen Kräfte für die Auf=safrikanische Mittelmeerküste bezügliches Abkommen
Pretoria, 4. Januar
zu Stande, durch das sich einerseits Italien verpflichtet,
gaben, die ihnen der Dichter gestellt hat, im Deutschen Theater nicht
erlassen, welche bezüglich
Frankreich in Marokko frei gewähren zu lassen, anderer¬
überall als ausreichend. In den „Lebendigen Stunden“ gelang
tischen Aerzten in
seits Frankreich es auf sich nimmt, nie seine Hand aus
zwar die Figur des melancholischen pensionirten Beamten Herrn
Tripolis zu legen. Damit soll keineswegs gesagt sein, das
einen Artikel enthält, de
Rheinhardt, aber Herr Rittner sah in der Fülle seiner rund¬
Italien daran denkt, heute oder morgen Tripolis zu olkupireng Besitzer von Diplomen
bäckigen Gesundheit so aus, daß man ihn niemals für einen dichte¬
seine Handelsinteressen daselbst schützen
Gesetze des Landes, au
risch veranlagten Menschen halten konnte, der von einem tiefen Dagegen will es
will es ferner, wie es der französischen Regierung zu erkennen¬
stammt, den qualifizirten
Gram zu Boden gedrückt ist und Trost von seinem neu erwachenden
gegeben hat, daß die Karawanen nicht von Tripolis nach
werthiges Vorrecht einrä
Talent erwartet. In der „Dame mit dem Dolch“ wirkte Fräulein
der französischen Einflußsphäre abgelenkt werden. Die Consultc
Triesch in der blonden Perrücke, durch welche die Aehnlichkeit
Die Verfügung kon
wollte weiters dafür sorgen, daß es den Italienern bei einer
mit dem Gemälde in der Galerie erzielt wurde, vortheilhafter als in
weiter nicht verwunderlich
etwaigen Besitzergreifung von Tripolis durch Frankreich nicht so
manchen anderen Rollen, und fand auch, freilich nicht ohne
auch in der „südafrikan
erginge, daß die aus Italien kommenden Waaren Differential¬
Neigung zur Manier, den Ton der großen Leidenschaft. Aber neben
zöllen unterlägen, was bei nach einem englischen Gebiete gehenden
prüfung bestehen, ebens
ihr stand in der Liebhaberrolle ein junger Mann auf der Bühne,
Waaren nie der Fall ist. Italien hat demnach mit Frankreich ein
Die Verfügung spricht
der richtig zu empfinden scheint, aber in Gang, Haltung und Ge¬
auf Afrika bezügliches Separat=Abkommen getroffen, das inter¬
eines schon bestehenden
sichtsausdruck hinter allem Künstlerischen so weit zurückbleibt, wie
national so zu taxiren ist wie etwa das Separat=Abkommen
stens den Wunsch nach
wir es im Deutschen Theater kaum je beobachtet haben. In den
zwischen Rußland und Oesterreich =Ungarn betreffs des Balkans.
englische Aerzte müssen
„letzten Masken“ glänzte Herr Fischer als schwindsüchtiger Schau¬
Ist Oesterreich=Ungarn, indem es ein Abkommen mit Rußland,
spieler durch seinen liebenswürdig maßhaltenden Humor. Hr. Rhein¬
tiziren wollen, bei uns
hardt entwickelte als Sterbender eine viel zu jugendliche Leiden= also mit Compaciscenten einer anderen Allianzgruppe schloß, aus
Ob auch von den im Tri
dem Dreibunde ausgetreten? Und hatte nicht Deutschland ein
schaftlichkeit, während Herr Bassermann die Selbstgefälligkeit
Separat=Abkommen mit Rußland? Muß also Italien dem Drei¬
Aerzten, deren Zahl nicht
des berühmten Dichters und seine Klagen, daß ihm die jüngste Gene¬
#nde untreu werden, weil es sich betreffs seiner Mittelmeer¬
bation verlangt wird,
ration über den Kopf wachse, in seiner durch einen mächtigen schwar¬
##teressen mit Frankreich abgefunden hat? Nein. Italien wird
sichtlich.
zen Bart charakterisirten Maske mit würdevoller Lächerlichkeit aus¬
i# Dreibunde bleiben, dabei aber auch in gutem Einvernehmen
Nach einem Teleg
drückte. In „Literatur“ brachte Herr Rittner einen modernen
#t Frankreich.“
[Pretoria wurde ein
Bohémetypus der Poesie in einer sprechenden, an Hartleben er¬
Der Wiener „Politischen Korrepondenz“ wird aus Rom
auf dem Marsche von Bru#
innernden Physiognomie wirkungsvoll zur Gestaltung, während
bfrichtet:
Fräulein Triesch ihrer Rolle, die jenseits von Wahrheit und
befand, von Boeren ü
Die Ansprache, die der französische Botschafter beim Quirinal,
Lüge, von Sinn und Unsinn, von Tugend und Laster steht, nicht die
13 Verwundete; nach
Birrère, anläßlich des Neujahrsempfanges der französischen Kolonie
rechte Naivetät des Empfindens gab, sondern mehr ihrer selbst zu
Fend, der ebenfalls ein
spotten, als an die lebensprühende Ueberspanntheit, die der Dichter ghalten hat, ist als eine Bekräftigung der Erklärungen zu be¬
E. Z. nachten, die aus dem Munde des italienischen Ministers des Nach einer Meldun
vorgeschrieben hat, wirklich zu glauben schien.
box 21/2
16.1. Lebendige Stunden zyklus
522
Modernen war, wird er jetzt von den Jüngsten bereits zum altenf
Eisen geworfen. In dieser humoristischen Auffassung der Erfolge
und Kämpfe eines Schriftstellers, der am Cäsarenwahn leidet und Sofort hatte Visconn=Venosta, damals Minister des Krußern, die
Empfindung, daß hierdurch das Hinterland von Tripolis dem Ein¬
sich im Mittelpunkt der Welt sieht, liegt eine sonnige Kraft und
verständnisse zwischen den beiden Westmächten preisgegeben wäre.
Selbstbefreiung, für die wir Schnitzler aufrichtigen Dank wissen.
Visconti=Venosta sagte sich nun, es könnte Italien fortan in Tripolis
Einen köstlichen Griff in die Satire ohne alle ernste Beimischung
so ergehen wie früher in Tunis, wo durch die Besitzergreifung Frank¬
hat er zum Schluß mit dem einaktigen Stück „Literatur“ ge¬
reichs die starke italienische Kolonie mit ihren hervorragenden Handels¬
than, worin er eine unverstandene poesiesüchtige Frau nach ihrer
interessen so unheilbar geschädigt ward. Visconti=Venosta wendete sich
Trennung von einem nüchternen Fabrikanten und vor ihrer Wieder¬
mit seinen Bedenken an die englische Regierung und wünschte vons ?
verheirathung mit einem eleganten Lebe= und Sportsmann schildert.
dieser eine Gewähr dafür zu erlangen, daß Tripolis von keinersc
Während sie anzügliche Gedichte und Romane schreibt, ist er von
Macht, England inbegriffen. je besetzt werden würde. Die englische d
einer unüberwindlichen Abneigung gegen diese Art von Schrift¬
Regierung glaubte sich bei aller Rücksichtnahme auf Italien und d
stellerei erfüllt und läßt das jüngste literarische Erzeugniß seiner
dessen Interessen außer Stande, Italien die begehrten Garantieng
Braut unverzüglich einstampfen. Nur ein Exemplar wird davon ge¬
betreffs Tripolis zu geben. Da wendete sich der italienische
rettet, aber dies wirft die Verfasserin selbst ins Feuer, als es sich
Minister des Aeußern an die französische Regierung, und zeigte diese j#
herausstellt, daß ihre darin abgedruckten Liebesbriefe aus der Zeit
sich ungleich entgegenkommender als die englische. In Paris be¬
Nou#nnerwogen. Es hei
ihres Verhältnisses mit einem verbummelten Literaten von diesem
gehrte man nur die Erklärung, daß Italien in Marokko Frank¬
ebenfalls für eine Erzählung wörtlich benutzt worden sind. Mit aller¬
diese Maßnahme, nicht
reich würde frei schalten lassen, wenn dieses ein Interesse an diesem
lei geistvollen und lustigen Einfällen schnurrt dieser satirische Ein¬
kommen sondern aus st
afrikanischen Territorium nehmen sollte. Italien hatte keine Ursache,
akter in reizender Weise an den Zuschauern vorbei, denen literarische
betreffs Marokkos nicht die gewünschte Erklärung abzugeben, und
Auswüchse als menschliche Verschrobenheiten vorgeführt und von
Iso kam zwischen Frankreich und Italien ein auf die
X Aus Südafrika #
Grund aus lächerlich gemacht werden.
Leider erwiesen sich die schauspielerischen Kräfte für die Auf=safrikanische Mittelmeerküste bezügliches Abkommen
Pretoria, 4. Januar
zu Stande, durch das sich einerseits Italien verpflichtet,
gaben, die ihnen der Dichter gestellt hat, im Deutschen Theater nicht
erlassen, welche bezüglich
Frankreich in Marokko frei gewähren zu lassen, anderer¬
überall als ausreichend. In den „Lebendigen Stunden“ gelang
tischen Aerzten in
seits Frankreich es auf sich nimmt, nie seine Hand aus
zwar die Figur des melancholischen pensionirten Beamten Herrn
Tripolis zu legen. Damit soll keineswegs gesagt sein, das
einen Artikel enthält, de
Rheinhardt, aber Herr Rittner sah in der Fülle seiner rund¬
Italien daran denkt, heute oder morgen Tripolis zu olkupireng Besitzer von Diplomen
bäckigen Gesundheit so aus, daß man ihn niemals für einen dichte¬
seine Handelsinteressen daselbst schützen
Gesetze des Landes, au
risch veranlagten Menschen halten konnte, der von einem tiefen Dagegen will es
will es ferner, wie es der französischen Regierung zu erkennen¬
stammt, den qualifizirten
Gram zu Boden gedrückt ist und Trost von seinem neu erwachenden
gegeben hat, daß die Karawanen nicht von Tripolis nach
werthiges Vorrecht einrä
Talent erwartet. In der „Dame mit dem Dolch“ wirkte Fräulein
der französischen Einflußsphäre abgelenkt werden. Die Consultc
Triesch in der blonden Perrücke, durch welche die Aehnlichkeit
Die Verfügung kon
wollte weiters dafür sorgen, daß es den Italienern bei einer
mit dem Gemälde in der Galerie erzielt wurde, vortheilhafter als in
weiter nicht verwunderlich
etwaigen Besitzergreifung von Tripolis durch Frankreich nicht so
manchen anderen Rollen, und fand auch, freilich nicht ohne
auch in der „südafrikan
erginge, daß die aus Italien kommenden Waaren Differential¬
Neigung zur Manier, den Ton der großen Leidenschaft. Aber neben
zöllen unterlägen, was bei nach einem englischen Gebiete gehenden
prüfung bestehen, ebens
ihr stand in der Liebhaberrolle ein junger Mann auf der Bühne,
Waaren nie der Fall ist. Italien hat demnach mit Frankreich ein
Die Verfügung spricht
der richtig zu empfinden scheint, aber in Gang, Haltung und Ge¬
auf Afrika bezügliches Separat=Abkommen getroffen, das inter¬
eines schon bestehenden
sichtsausdruck hinter allem Künstlerischen so weit zurückbleibt, wie
national so zu taxiren ist wie etwa das Separat=Abkommen
stens den Wunsch nach
wir es im Deutschen Theater kaum je beobachtet haben. In den
zwischen Rußland und Oesterreich =Ungarn betreffs des Balkans.
englische Aerzte müssen
„letzten Masken“ glänzte Herr Fischer als schwindsüchtiger Schau¬
Ist Oesterreich=Ungarn, indem es ein Abkommen mit Rußland,
spieler durch seinen liebenswürdig maßhaltenden Humor. Hr. Rhein¬
tiziren wollen, bei uns
hardt entwickelte als Sterbender eine viel zu jugendliche Leiden= also mit Compaciscenten einer anderen Allianzgruppe schloß, aus
Ob auch von den im Tri
dem Dreibunde ausgetreten? Und hatte nicht Deutschland ein
schaftlichkeit, während Herr Bassermann die Selbstgefälligkeit
Separat=Abkommen mit Rußland? Muß also Italien dem Drei¬
Aerzten, deren Zahl nicht
des berühmten Dichters und seine Klagen, daß ihm die jüngste Gene¬
#nde untreu werden, weil es sich betreffs seiner Mittelmeer¬
bation verlangt wird,
ration über den Kopf wachse, in seiner durch einen mächtigen schwar¬
##teressen mit Frankreich abgefunden hat? Nein. Italien wird
sichtlich.
zen Bart charakterisirten Maske mit würdevoller Lächerlichkeit aus¬
i# Dreibunde bleiben, dabei aber auch in gutem Einvernehmen
Nach einem Teleg
drückte. In „Literatur“ brachte Herr Rittner einen modernen
#t Frankreich.“
[Pretoria wurde ein
Bohémetypus der Poesie in einer sprechenden, an Hartleben er¬
Der Wiener „Politischen Korrepondenz“ wird aus Rom
auf dem Marsche von Bru#
innernden Physiognomie wirkungsvoll zur Gestaltung, während
bfrichtet:
Fräulein Triesch ihrer Rolle, die jenseits von Wahrheit und
befand, von Boeren ü
Die Ansprache, die der französische Botschafter beim Quirinal,
Lüge, von Sinn und Unsinn, von Tugend und Laster steht, nicht die
13 Verwundete; nach
Birrère, anläßlich des Neujahrsempfanges der französischen Kolonie
rechte Naivetät des Empfindens gab, sondern mehr ihrer selbst zu
Fend, der ebenfalls ein
spotten, als an die lebensprühende Ueberspanntheit, die der Dichter ghalten hat, ist als eine Bekräftigung der Erklärungen zu be¬
E. Z. nachten, die aus dem Munde des italienischen Ministers des Nach einer Meldun
vorgeschrieben hat, wirklich zu glauben schien.