II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 90


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einem Zwischenspiel im hohen Renaissance=Gemach geführt und mit unzähligen hübschen kleinen Poin¬
nicht, voraussetzen darf: daß er Selbstkritik genug
mit — schreckt die moderne Heldin nicht ab von #ten geschmückt. Es wird noch viele Menschen, die
besitzt, seine Arbeiten klug nach ihrem Werthe zu
der Sünde. Sie muß das Schicksal ihres Blutes er= Sinn für Humor haben, erfreuen und herzlich lachen
l ordnen, mit dem Bescheidensten zu beginnen, zum
ge Stun¬
füllen. Mit dem hastig hervorgestoßenen Verspre=machen. Es steht über Allem, was uns der Winter
Werthvolleren fortzuschreiten und den sicheren
Schnitz¬
bis jetzt gebracht.
chen, sich am Abend noch dem Geliebten zu schen¬
shrager an den Schluß zu setzen.
Ein Wort noch über das Spiel. Die einzigen
ken, verläßt sie die Galerie.
Das erste kleine Schauspiel ist nur ein Dialog.
„Einakter¬
Frauenrollen von Belang in den vier Stücken spielte
Es ist ein interessantes Kunststückchen, das
Ein Dialog zwischen dem Sohn einer vor Kurzem
te den An¬
Irene Triesch. Der „Frau mit dem Dolche“
Schnitzler hier versucht. Geistreich und mit ehr¬
gestorbenen Mutter und deren intimstem Freunde;
Unter den
gab sie die ganze sinnliche Gluth ihrer Leidenschaft
lichem Streben geht er an die Arbeit. Aber seine
ein Dialog, der in behutsam=nüchterner Ibsen¬
enes kleine
und ließ es in der Traumscene nur bedauern, daß
Kraft reicht hier nicht aus. Es bleibt die Arbeit
Manier langsam den Schleier von der interessanten
leben, seine
hier der Dichter nicht mehr für sie gethan. In
eines Kunsthandwerkers. Das Pathos stört die
Vergangenheit lüftet, und der an Kunst und Wirk¬
n aber, aus
der „Literatur“ zeigte sie sich von einer neuen
Leidenschaft. Die Modernen stören die Renaissance¬
samkeit recht weit hinter seinen Vorbildern zurück¬
Kaufmann
Seite. Ohne jede Uebertreibung, dabei geschickt
Menschen. Die scenische Verwandlung stört die
bleibt. Auch ist das Problem, scheinbar das na¬
Die Einakter
von der ersten Scene an den Charakter der klugen,
Stimmung. Der Vorgang läßt talt und dem des
türlichste von der Welt, unsympathisch beleuchtet.
dfüllender“
ehrgeizigen Bohémienne festlegend, schöpfte sie den
Effektes wegen aufgeklebten cynischen Schluß fehlt
Gewiß, das Sterbende, das Kranke, Ueberlebte
leben folgte
i vollen Humor der allerliebsten Rolle aus. Glänzend
die innere Berechtigung.
muß seine Rechte an die Kraft, an die Jugend, an
ten“. Wie¬
sekundirte Albert Bassermann. Mehr als den
das Leben abtreten. Aber wenn eine Mutter sich
Bedeutend als Stimmungsbild und ergreifend
em Gebote¬
Gehirntrottel betonte er den Kavalier, der diesem
vergiftet, nur um dem feinnervigen Sohn, einem
in seinem schlicht menschlichen Ton ist das dritte
Regiment",
Treiben innerlich und durch Erziehung zu fern#
begabten Dichter, wieder Ruhe, Stimmung, Kraft
Stückchen: „Die letzten Masken". Die letzte
den kom¬
steht, um das Unglaubliche zu glauben. Diese
zur Arbeit zu geben, und wenn dieser Dichter nach
Nacht bricht an. Ein Sterbender will abrechnen
s den star¬
Leute mit den müden Beinen, den weisen Reden
dem ersten Ausbruch des Schmerzes sich rasch in die
mit seinem Todfeind. Ein vom Leben Geschundener
achte. Dann
und der dunklen Wäsche nimmt er zu wenig ernst,
Weisheit findet: daß diese Todesstunde seiner
will seinen letzten Haß dem vom Leben verhätschel¬
Die Anderen,
um sie zu fürchten. Auch in der Rolle des seichten:
opferfreudigen Mutter die lebendige Stunde in sei¬
ten Jugendfreunde ins Gesicht speien. An sein
8 Erfolgs“.
den „Letzten
literarischen Emporkömmlings in
ner Kunst werden muß, daß er schaffen kann und
Todtenbett läßt sich der sterbende Journalist den
Arthur
Masken“ bewies der vorzügliche Künstler sein
wird über dem Eindruck dieser befreienden That
berühmten, mit Lorbeer und Tantièmen gesegneten
großes Charakterisirungstalent. Max Rein¬
eines Alles verstehenden Mutterherzens — ja, dann
Dichter rufen. Er will ihm das Gift ins Herz
nge Wiener
hardt wäre noch mit besonderer Anerkennung
zuckt etwas in uns zurück. Wir sehen uns einer
träufeln, will ihm sagen, wie er ihn immer ver¬
feine litera¬
zu nennen. Er spielte den sterbenden Journalisten?
Größe gegenüber, die Roheit wird, sobald der durch
achtet, wie er ihm sein Bestes gestohlen hat —
nnen. Mit
schlicht und ergreifend. Sein Haß war so echt, wie
sie Beschenkte das Geschenk als etwas Selbstver¬
sein Weib. Als aber der eitle, glatte Schwätzer
n, die ganz
seine Verachtung. Rudolf Rittner war köstlich
ständliches hinnimmt. Wir spüren trotz der Seuf¬
in seiner ganzen Nichtigkeit an seinem Sessel sitzt,
chlichen Hel¬
als Münchener Bohémien. Er hatte sich noch dazu
zer, Thränen und großen Worte auf der Bühne
als der Sterbende sein leeres, öliges Gerede hört
gewachsen
den Witz einer Hartleben=Maske geleistet. Hans
i nichts Menschliches mehr und haben die Nase voll
und seine geschminkte Herzlichkeit, da kann und
sich gelenkt.
Fischer und Otto Sommerstorff halfen in
von dem faden Leinwandgeruch der Bühne, das Ohr
will er's nicht mehr sagen. Ihm, der schon den
ischen bum¬
bescheidenen Rollen nicht unwesentlich zum Erfolg.
voller Phrasen und vor Augen ein kaltes Problem,
Blick in die stillen Ewigkeiten gewendet hat, kommt
t nachlässiger
Nur Richard Hahn als Leonhard in der „Frau
das von Puppen abgehandelt wird.
mit einem Mal das Bewußtsein all dieser verächt¬
Er hatte den
Weit höher steht schon das zweite Stückchen:
mit dem Dolche“ fiel als Liebhaber etwas aus
lichen Nichtigkeit. Das Leben ist nicht werth, ge¬
hm bald den
dem Rahmen. Die Regie Emil Lessings hatte ihr
„Die Frau mit dem Dolche". Die Lehre
haßt zu werden. Und er geht schweigend und
„Liebelei";
von der Seelenwanderung ist in vielen Religionen
Bestes gethan. Auch die schwierige, im „Deutschene
lächelnd hinüber.
einen Mäd¬
und philosophischen Systemen aufgetaucht. Nach
Theater“ nicht häufig verlangte Verwandlung der
Dem letzten Stückchen aber gehörte der volle
den besten
re der alten Aegypter suchte sich jede Seele
modernen Galerie in das Gemach der Renaissane,
der
Erfolg. In diesem Schwank „Literatur", den
ngskunst der
nach eitausendjähriger Wanderung durch die Thier¬
bewältigte sie mit Geschwindigkeit und Geschm#
ich ruhig neben die besten Lustspiele stellen möchte,
Dem späteren
körper wieder einen Menschenleib. Die indischen
Sie hatte ihren glücklichen Abend.
R
die wir heute haben, hat Schnitzler sich mit einem

gemeinsame
1 Brahmanen lehrten die Seelenwanderung als Läu¬
wahrhaft prächtigen Humor lustig gemacht über
die seine Vor¬
terung. Aehnlich Pythagoras und nach ihm der
unsere literarischen Bohémiens, über die Männlein
Nur ein be¬
große Plato. Die Talmudisten glaubten an eine
festgelegte Zahl von Judenseelen, die durch die men und Weiblein mit dem felsenfesten Glauben an
Fhrtin“, nicht
die eigene Bedeutung, mit der famosen Verachtung
Ibsen=Remi¬
und Körper wandernd dereinst sich wieder im S
Für Formen, Grundsätze, Ueberzeugung und reine
Der „Para¬
iten Lande zusammenfinden müßten bei der Auf¬
Wäsche, mit den großen Schlagworten und den
grund einer
erstehung. Und als unter hochstehenden Völkern
gespreizten Allüren der Kaffeehaus=Schwätzer.
eine beschei¬
sich Mysterien bildeten, deren Einfluß auf die Kunst
Münchener Bohémiens scheint er zu verulken, und
noch dazu
steis groß war, da tauchte immer wieder, geboren
die ganze wackere Zunft der unmanirlichen Gerne¬
Nur das
aus Aberglauben und forschendem Geist zugleich und
große mit dem großen Mund und dem kleinen
gab eine
unterstützt bald von der Frechheit geriebener
Talent verhöhnt er in Wahrheit. Eine amüsante,
im Rahmen
Schwindler, bald von wunderseltsamen Erinnerun¬
weltkluge Bohémienne, die eine stürmische Ver¬
hick aufgebau¬
gen ehrlicher Grübler, die Lehre auf von der un¬
gangenheit hinter sich hat, will in den Hafen der
ie Kraftprobe
steten Wanderung der unsterblichen Seele durch die
Ehe einlaufen. Einen Sportsmann, einen etwas
Vielleicht
zerbrechlichen Wohnhäuser des Fleisches.
vertrottelten Baron, hat sie sich zum Partner aus¬
Geiste durch¬
Rein künstlerisch, ein wenig svielerisch und
erlesen. Sehr zur Unzeit kommt ein Partner aus
kam nicht.
schließlich an der Stilmischung scheiternd, hat
früherem, illegitimem Glück hereingeschneit. der
vom, Schleier
Schnitzler sich mit der altehrwurdigen Lehre be¬
ihr seinen neuesten Roman bringt. Es ist „ihr“
ahme an an¬
faßt. Pauline, eine moderne Frau mit heißem
Roman. Sie haben ihn Beide erlebt — zusammen.;
igen Direktor
Lebenshunger und weitem Gewissen, zandert noch,
Sie haben ihn auch Beide — geschrieben. Er ist
köffnete. Und
den Gatten mit Leonhard zu betrügen. Da — in
aus dem Erlebniß für Beide „Literatur“ geworden.
schen Theater“
der Gemäldegalerie, vor dem Bilde der „Frau mit
Aber eine gefährliche Siteratur, denn Beide haben
Erken äußeren
dem Dolche", die ihr so seltsam in allen Zügen
dieselben Briese mit genialischer Künstler¬
schon berichtet
gleicht, — erlebt sie im Anschauen ihres Ebenbildes
indiskretion wörtlich hineinverarbeitet. Als ein
ihr eigenes Schicksal, wie es ihr schon einmal, vor
unwissender Helfer aber hat der gute Baron aus
Jahrhunderten in der italischen Heimath Leiden¬
folg, der mit
Haß gegen die unaristokratische Schreiberei seiner
schaft und sündige Liebe bereitet hat. Sie hat —
Zustimmung
damals am Arno — den Geliebten, Lionardo, selbst] zukünftigen Frau ihren Roman einstampfen lejen.
Stückchen ge¬
Die Gefahr ist vorbei. Die Ehe kann beginnen.
mit sicherem Dolchstoß getödtet, und ihr Gatte, ein
Blick, Geschick
Der Münchener Bohémien giebt perfid lächelnd
berühmter Meister seiner Kunst, hat sie als
besitzt. Aber
fauch bewiesen, Rächerin gemalt — die Frau mit dem Dolche. Aberseinen Segen.
talentvollsten diese deutliche Erinnerung — wir erleben sie in! — Das Stückchen ist hübsch entworfen, flott aus¬