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16.1. Lebendige stunden Zuklus
is, Rom, Stockholm.
bitung
720
welche die verschiedenen Meinungen des Sohnes und
Was in diesem von Schnitzler unübertroffenen
aufbäumendes Rachegefühl empfinden? Theatralisch
des Freundes in einer gerad zu trostlos nüchternen
Perke den Norddeutschen, den Berliner besonders an¬
und unwahr berührt auch ein Auftritt,
welchem Schnitzler den Sterbenden, damit das Publi¬
Form entrollt. Alles in diesem Einakter klingt ge¬
uthete, war das Wienerische Kolorit. Es ist bekannt,
macht; es ist Schreibtisch=Problemdramatik schlimmster
ß der Berliner nichts lieber hört, als das Plauschen
kum das Geheimniß des alten Herrn erfahre, die
Sorte. Keine Spur dichterischen Eingehens, liebevoller
nes echten Weaners. Grade weil seinem eigenen
ganze Racheszene, um sie nachher ordentlich exe¬
Vertiefung in die Charaktere; zwei hölzerne Figuren,
aturell dieses Weiche, Einschmeichelnde, Liebenswürdige
kutiren zu können, einem Spitalgenossen vorspielen läßt.
mühsam herausgeschnitzelt und mit unmöglichen Farben
fern liegt, bewundert er es bei dem Kollegen von
Wie kann der feinsinnige Mensch, der so lange ge¬
bemalt.
r Donau. Die Berliner Bühnen sind von
schwiegen und die Ehre der von ihm geliebten Frau
esterreichern überschwemmt und die Wiener Walzer
Auf diese jammervollen Männergestalten folgt die
des anderen gehütet hat, einem beliebigen Schwätzer
„Frau mit dem Dolche". Sie ist der uralte Typus der
den nirgends eine lebhaftere Begeisterung, als an
diese Ehre preisgeben? Das wirkt direkt wider¬
r Spree. Schnitzler hatte aber nicht nur das
wärtig, und bei dem vornehm geschilderten. Naturell
Ehebrecherin nach französischem Muster. In einem
iebenswürdige
und Gewinnende des Wiener
Museum, das sie als Rendezvonsplatz benutzt, macht sie
des Redenden unglaublich. So wandelt sich selbst in
der Liebhaber auf die Aehnlichkeit zwischen ihr selbst
emperaments. Seinem Wesen wohnte auch die
diesem Miniaturdrama, das ergreifend wirken konnte,
und einem alten Renaissancebild: „Die Frau mit dem
geußerlichkeit, die Koketterie, die Gefallsucht, welche
die innere Wahrhaftigkeit zum äußerlichen Effekt, der
Dolch“ aufwerksam. Sofort schlägt es zwölf Uhr
Seelenvorgang zur Schauspielerei.
ch so oft als Dapaérgeschenk neben Anmuth und
mittags und sofort träumt die Dame einen Renaissance¬
razie einstellt, inne. In der Liebelei machte
die
Kraß und grell ist das Sutyrspiel, welches den
ranik des Sujets vieles in den Charakteren
traum, in welchem sie dem Gatten zu liebe am
drei Todesdramen angeklebt ist, der Schwank: „Litte¬
der
Arnostrand den Geliebten erdolcht. Während es noch
ratur“. Verspottet werden die Litteraten, welche
eichlichen, nur vom Verhältniß zur Liebelei tän¬
immer zwölf Uhr schlägt, wacht sie im Museum wieder
inden Männergestalten vergessen. Aber Schnitzler
schreiben, wenn sie lieben, welche aus allen ihren
auf und verkündet, trotz Dolch und Mord im Traume
t nicht wieder einen Vorwurf gefunden, der
feinsten und intimsten Erlebnissen nur Stoff für Lyrik,
zu Florenz, dem werbenden Geliebten an der Donau
iner Eigenart so lag, wie dieses stimmungsvolle
Epos und Drama zu gewinnen trachten. Das Thema
ein Stelldichein. Es wäre lächerlich, diese Farce auch
Seine Fehler und Schwächen wurden
der mißbrauchten Liebesbriefe in der berühmten Gott¬
nur im entferntesten mit den tiefsinnigen Gesetzen von
kutlicher, seine Vorzüge verloren sich in Manier.
fried Kellerschen Novelle, in welcher der schriftstellernde
der Seelenwanderung in Zusammenhang zu bringen.
Nachdem der Künstler mit dem österreichischen
Ehemann auch Liebesbriefe an seine Frau zu No¬
Das Stück, welches mit einem, übrigens schon von
öffiziersdrama „Freiwild“ eine sanfte, aber energische
Aber bei Keller
vellenzwecken fabrizirt, klingt an.
dem bekannten schweizerischen Dichter Widmann ver¬
blehnung gefunden hatte, kehrte er zum Einalter
sind es Menschen, die geschildert werden. Schnitzler
wendeten Traum=Szenenwechsel zwischen Moderne und
brück. Von den drei Einaktern, welche vor drei
bringt Karrikaturen, die anwidern. Einige gute
Renaissance arbeitet und dadurch einen Requisiten¬
ahren zur Wahl standen, hat das Publikum aber nur
Bemerkungen und geistvolle Bonmots über die
nen gekiest: „Den grünen Kakadu.“ Indiß auch
erfolg erzielt, ist vollständig leer und inhaltlos. Die
modernen Kaffehaus = Bohémiens können den als
eses bizarre, groteske, und zurechtgemachte Vexirbild
Figuren sind so unleben dig und wächsern wie der
Ganzes unwahren und abstoßenden Charakter der Posse
us der Vorzeit der französischen Revolution schlummert
Titel, der aus Panovtikum erinnert. Nicht, daß die
nicht mehr erträglicher machen. Man kann sich schlie߬
Frau sündigt und gesündigt her, ist interessant. Wie
eute schon den Schlaf der Ungerechten in den Theater¬
lich über diese herz= und hirnlosen Figuren nicht ein¬
chiven. Ein Drama im großen Stil: „Der
sie zur Sünde kommt, das ein ist für den Dichter
mal mehr amüsiren. Von dem befreienden Lachen,
und Psychologen von Werth.
Schleier der Beatrice“ blieb Lesestück. Die kleinen
welches die Wirkung jedes rechten Lustspiels sein soll,
ist nicht die Rede.
Gift und Dolch woren an dem Publikum des
Mittel und der große Stil stehen in einem unver¬
Enbaren Gegensatz zu einander, Schnitzler dachte an
Deutschen Theaters eindruckslos vorübergegangen. Im
Schnitzlers Grazie, sein Wienerischer Humor,
chmocks Worte: „Schreiben Sie tief!“ Aber er
dritten Einakter „Die letzten Masken“ wirkt Freund
scheint wie fortgeweht. Man muß annehmen, daß der
nd den Ton nicht, welcher die Menschen erhebt, wenn
Hein auf natürliche Weise und erzielte einen stärkeren
Dichter in „Liebelei“, sein Höchstes und Bestes ge¬
# die Menschen zermalmt. Nicht einmal Sprachkunst
Erfolg. Die Szene spielt im Spital, welches Schnitzler,
geben hat. Er wirkt gezwungen und verzerrt im Ernst,
ewährte er in diesem Versdrama. Alle Figuren des
der Arzt von Beruf ist, genau studirt hat. Ein armer,
klownartig im Scherz. Und dann noch diese Sphinx
vom Leben zerbrochener Kerl hat in der Todesstunde
Stückes reden den gleichen, abgeblaßten, verwischten
des gemeinsamen Titels: „Lebendige Stunden“! Mit
Persdialekt, sodaß man in einem Meer monotoner und
das brennende Bedürfniß, dem Todfeind und ehe¬
demselben Recht könnte ein Schmierendirektor die drei
erstiegener Phrasen unrettbar ertrinkt.
maligen Freund seinen Zorn und seine Verachtung ins
Einakter:
Gesicht zu schleudern. Beide sind Litteraten; der
In seinem neuesten Einakterzyklus „Lebendige
„Als Verlobte empfehlen sich“
Stunden“ welcher in dieser Woche über die Bretter
Sterbende verkannt und ohne Erfolg, der Lebende, ob¬
„Das erste Mittagessen“.
es Deutschen Theaters ging, ist Schnitzler zu seiner
und „Papa hat's erlaubt“
wohl ein fader Geselle, von rauschendem Triumph
rsten Kunstform zurückgekehrt. On revient tonjours. —
verwöhnt. Ein Geheimniß ruht in der Brust des
unter der Gesammtflagge
Sterbenden: Die eigene Frau des unverdient Berühmten
Er scheint den Ehrgeiz zu haben, sich zum Einakter¬
„Ueberselige Stunden“
vereinigen.
Spezialisten auszubilden. Oder sollte in dieser ewig
hat dessen Werthlosigkeit erkannt und dem bescheidenen,
iederkehrenden Art, kleine Szenchen zusammenzubasteln,
aber bedeutenderen Freunde zwei Jahre lang
Die beiden letztgespielten Einakter scheinen dem
as Geständniß der Unfähigkeit zu Größerem, Weit¬
angehört. Das soll nun der in Glanz und Wonne
Premierenpublikum gefallen zu haben. Es applaudirte
usgreifendem liegen? „Lebendige Stunden“ heißt
Schwelgende jetzt erfahren, damit ein tiefer und unzer¬
lebhaft und sah den aus Wien herbeigekommenen
gitime weise der erste der vier Einakter. Richtiger
störbarer Schatten auf sein Leben falle und er den
Dichter mit Vergnügen vor der Rampe erscheinen.
ürde man ihn „Todigeboren“ nennen können. Die
Serbenden beneide. Aber der Edelmuth und die
Ob der halbe Erfolg des Einakterzyklus anhält, muß
dee ist roh. Um den dichterisch veranlagten Sohn an
Geöße siegen. Als der arme Todeskandidat den so¬
abgewartet werden. Von den Schauspielern sind
er Emfaltung seiner Schwingen nicht zu hindern,
genannten großen Mann in seiner Erbärmlichkeit vor
Bassermann, Reinhardt und Rittner rühmend
diet sich die opferfr.udige, an schwerem Siechthum
sich sieht, bleibt er stumm. Er, der vom Leben Be¬
hervorzuheben. Irene Triesch, die aus Frank¬
arniederliegende Mutter durch Gift, weil sie zu merken
siegte, fühlt sich Sieger. Auch in diesem Drama,
furt a. M. in dieser Session ans Deutsche Theater
ermeint, daß der Sohn die Last der kranken Mutter
welches in der Gestalt des „großen Schriftstellers“ die
gekommene Künstlerin, war hervorragend in der Doppel¬
hwer empfindet. Das Opfer dünkt dem „genialischen“
psychologisch wahrste Figur der vier Einakter enthält,
rolle der Pauline=Paola oder der Frau mit dem Dolche.
ohn fast selbstverständlich. Die entgegengesetzte
stören Inkonsequenzen. Wird der edelmüthige, innerlich
Dagegen karrikirte das Litteraturweibchen des letzten
Auffassung vertritt ein alter Freund der Mutter.
so Großdenkende jemals, besonders in der Stunde,
Einakters so stark, daß sie noch (schnitzlerischer wirkte,
Das soi-disant-Drama besteht in einer Unterredung, da alles Vergängliche zum Gleichniß wird, ein so als Schnitzler.
Dr M. S.
16.1. Lebendige stunden Zuklus
is, Rom, Stockholm.
bitung
720
welche die verschiedenen Meinungen des Sohnes und
Was in diesem von Schnitzler unübertroffenen
aufbäumendes Rachegefühl empfinden? Theatralisch
des Freundes in einer gerad zu trostlos nüchternen
Perke den Norddeutschen, den Berliner besonders an¬
und unwahr berührt auch ein Auftritt,
welchem Schnitzler den Sterbenden, damit das Publi¬
Form entrollt. Alles in diesem Einakter klingt ge¬
uthete, war das Wienerische Kolorit. Es ist bekannt,
macht; es ist Schreibtisch=Problemdramatik schlimmster
ß der Berliner nichts lieber hört, als das Plauschen
kum das Geheimniß des alten Herrn erfahre, die
Sorte. Keine Spur dichterischen Eingehens, liebevoller
nes echten Weaners. Grade weil seinem eigenen
ganze Racheszene, um sie nachher ordentlich exe¬
Vertiefung in die Charaktere; zwei hölzerne Figuren,
aturell dieses Weiche, Einschmeichelnde, Liebenswürdige
kutiren zu können, einem Spitalgenossen vorspielen läßt.
mühsam herausgeschnitzelt und mit unmöglichen Farben
fern liegt, bewundert er es bei dem Kollegen von
Wie kann der feinsinnige Mensch, der so lange ge¬
bemalt.
r Donau. Die Berliner Bühnen sind von
schwiegen und die Ehre der von ihm geliebten Frau
esterreichern überschwemmt und die Wiener Walzer
Auf diese jammervollen Männergestalten folgt die
des anderen gehütet hat, einem beliebigen Schwätzer
„Frau mit dem Dolche". Sie ist der uralte Typus der
den nirgends eine lebhaftere Begeisterung, als an
diese Ehre preisgeben? Das wirkt direkt wider¬
r Spree. Schnitzler hatte aber nicht nur das
wärtig, und bei dem vornehm geschilderten. Naturell
Ehebrecherin nach französischem Muster. In einem
iebenswürdige
und Gewinnende des Wiener
Museum, das sie als Rendezvonsplatz benutzt, macht sie
des Redenden unglaublich. So wandelt sich selbst in
der Liebhaber auf die Aehnlichkeit zwischen ihr selbst
emperaments. Seinem Wesen wohnte auch die
diesem Miniaturdrama, das ergreifend wirken konnte,
und einem alten Renaissancebild: „Die Frau mit dem
geußerlichkeit, die Koketterie, die Gefallsucht, welche
die innere Wahrhaftigkeit zum äußerlichen Effekt, der
Dolch“ aufwerksam. Sofort schlägt es zwölf Uhr
Seelenvorgang zur Schauspielerei.
ch so oft als Dapaérgeschenk neben Anmuth und
mittags und sofort träumt die Dame einen Renaissance¬
razie einstellt, inne. In der Liebelei machte
die
Kraß und grell ist das Sutyrspiel, welches den
ranik des Sujets vieles in den Charakteren
traum, in welchem sie dem Gatten zu liebe am
drei Todesdramen angeklebt ist, der Schwank: „Litte¬
der
Arnostrand den Geliebten erdolcht. Während es noch
ratur“. Verspottet werden die Litteraten, welche
eichlichen, nur vom Verhältniß zur Liebelei tän¬
immer zwölf Uhr schlägt, wacht sie im Museum wieder
inden Männergestalten vergessen. Aber Schnitzler
schreiben, wenn sie lieben, welche aus allen ihren
auf und verkündet, trotz Dolch und Mord im Traume
t nicht wieder einen Vorwurf gefunden, der
feinsten und intimsten Erlebnissen nur Stoff für Lyrik,
zu Florenz, dem werbenden Geliebten an der Donau
iner Eigenart so lag, wie dieses stimmungsvolle
Epos und Drama zu gewinnen trachten. Das Thema
ein Stelldichein. Es wäre lächerlich, diese Farce auch
Seine Fehler und Schwächen wurden
der mißbrauchten Liebesbriefe in der berühmten Gott¬
nur im entferntesten mit den tiefsinnigen Gesetzen von
kutlicher, seine Vorzüge verloren sich in Manier.
fried Kellerschen Novelle, in welcher der schriftstellernde
der Seelenwanderung in Zusammenhang zu bringen.
Nachdem der Künstler mit dem österreichischen
Ehemann auch Liebesbriefe an seine Frau zu No¬
Das Stück, welches mit einem, übrigens schon von
öffiziersdrama „Freiwild“ eine sanfte, aber energische
Aber bei Keller
vellenzwecken fabrizirt, klingt an.
dem bekannten schweizerischen Dichter Widmann ver¬
blehnung gefunden hatte, kehrte er zum Einalter
sind es Menschen, die geschildert werden. Schnitzler
wendeten Traum=Szenenwechsel zwischen Moderne und
brück. Von den drei Einaktern, welche vor drei
bringt Karrikaturen, die anwidern. Einige gute
Renaissance arbeitet und dadurch einen Requisiten¬
ahren zur Wahl standen, hat das Publikum aber nur
Bemerkungen und geistvolle Bonmots über die
nen gekiest: „Den grünen Kakadu.“ Indiß auch
erfolg erzielt, ist vollständig leer und inhaltlos. Die
modernen Kaffehaus = Bohémiens können den als
eses bizarre, groteske, und zurechtgemachte Vexirbild
Figuren sind so unleben dig und wächsern wie der
Ganzes unwahren und abstoßenden Charakter der Posse
us der Vorzeit der französischen Revolution schlummert
Titel, der aus Panovtikum erinnert. Nicht, daß die
nicht mehr erträglicher machen. Man kann sich schlie߬
Frau sündigt und gesündigt her, ist interessant. Wie
eute schon den Schlaf der Ungerechten in den Theater¬
lich über diese herz= und hirnlosen Figuren nicht ein¬
chiven. Ein Drama im großen Stil: „Der
sie zur Sünde kommt, das ein ist für den Dichter
mal mehr amüsiren. Von dem befreienden Lachen,
und Psychologen von Werth.
Schleier der Beatrice“ blieb Lesestück. Die kleinen
welches die Wirkung jedes rechten Lustspiels sein soll,
ist nicht die Rede.
Gift und Dolch woren an dem Publikum des
Mittel und der große Stil stehen in einem unver¬
Enbaren Gegensatz zu einander, Schnitzler dachte an
Deutschen Theaters eindruckslos vorübergegangen. Im
Schnitzlers Grazie, sein Wienerischer Humor,
chmocks Worte: „Schreiben Sie tief!“ Aber er
dritten Einakter „Die letzten Masken“ wirkt Freund
scheint wie fortgeweht. Man muß annehmen, daß der
nd den Ton nicht, welcher die Menschen erhebt, wenn
Hein auf natürliche Weise und erzielte einen stärkeren
Dichter in „Liebelei“, sein Höchstes und Bestes ge¬
# die Menschen zermalmt. Nicht einmal Sprachkunst
Erfolg. Die Szene spielt im Spital, welches Schnitzler,
geben hat. Er wirkt gezwungen und verzerrt im Ernst,
ewährte er in diesem Versdrama. Alle Figuren des
der Arzt von Beruf ist, genau studirt hat. Ein armer,
klownartig im Scherz. Und dann noch diese Sphinx
vom Leben zerbrochener Kerl hat in der Todesstunde
Stückes reden den gleichen, abgeblaßten, verwischten
des gemeinsamen Titels: „Lebendige Stunden“! Mit
Persdialekt, sodaß man in einem Meer monotoner und
das brennende Bedürfniß, dem Todfeind und ehe¬
demselben Recht könnte ein Schmierendirektor die drei
erstiegener Phrasen unrettbar ertrinkt.
maligen Freund seinen Zorn und seine Verachtung ins
Einakter:
Gesicht zu schleudern. Beide sind Litteraten; der
In seinem neuesten Einakterzyklus „Lebendige
„Als Verlobte empfehlen sich“
Stunden“ welcher in dieser Woche über die Bretter
Sterbende verkannt und ohne Erfolg, der Lebende, ob¬
„Das erste Mittagessen“.
es Deutschen Theaters ging, ist Schnitzler zu seiner
und „Papa hat's erlaubt“
wohl ein fader Geselle, von rauschendem Triumph
rsten Kunstform zurückgekehrt. On revient tonjours. —
verwöhnt. Ein Geheimniß ruht in der Brust des
unter der Gesammtflagge
Sterbenden: Die eigene Frau des unverdient Berühmten
Er scheint den Ehrgeiz zu haben, sich zum Einakter¬
„Ueberselige Stunden“
vereinigen.
Spezialisten auszubilden. Oder sollte in dieser ewig
hat dessen Werthlosigkeit erkannt und dem bescheidenen,
iederkehrenden Art, kleine Szenchen zusammenzubasteln,
aber bedeutenderen Freunde zwei Jahre lang
Die beiden letztgespielten Einakter scheinen dem
as Geständniß der Unfähigkeit zu Größerem, Weit¬
angehört. Das soll nun der in Glanz und Wonne
Premierenpublikum gefallen zu haben. Es applaudirte
usgreifendem liegen? „Lebendige Stunden“ heißt
Schwelgende jetzt erfahren, damit ein tiefer und unzer¬
lebhaft und sah den aus Wien herbeigekommenen
gitime weise der erste der vier Einakter. Richtiger
störbarer Schatten auf sein Leben falle und er den
Dichter mit Vergnügen vor der Rampe erscheinen.
ürde man ihn „Todigeboren“ nennen können. Die
Serbenden beneide. Aber der Edelmuth und die
Ob der halbe Erfolg des Einakterzyklus anhält, muß
dee ist roh. Um den dichterisch veranlagten Sohn an
Geöße siegen. Als der arme Todeskandidat den so¬
abgewartet werden. Von den Schauspielern sind
er Emfaltung seiner Schwingen nicht zu hindern,
genannten großen Mann in seiner Erbärmlichkeit vor
Bassermann, Reinhardt und Rittner rühmend
diet sich die opferfr.udige, an schwerem Siechthum
sich sieht, bleibt er stumm. Er, der vom Leben Be¬
hervorzuheben. Irene Triesch, die aus Frank¬
arniederliegende Mutter durch Gift, weil sie zu merken
siegte, fühlt sich Sieger. Auch in diesem Drama,
furt a. M. in dieser Session ans Deutsche Theater
ermeint, daß der Sohn die Last der kranken Mutter
welches in der Gestalt des „großen Schriftstellers“ die
gekommene Künstlerin, war hervorragend in der Doppel¬
hwer empfindet. Das Opfer dünkt dem „genialischen“
psychologisch wahrste Figur der vier Einakter enthält,
rolle der Pauline=Paola oder der Frau mit dem Dolche.
ohn fast selbstverständlich. Die entgegengesetzte
stören Inkonsequenzen. Wird der edelmüthige, innerlich
Dagegen karrikirte das Litteraturweibchen des letzten
Auffassung vertritt ein alter Freund der Mutter.
so Großdenkende jemals, besonders in der Stunde,
Einakters so stark, daß sie noch (schnitzlerischer wirkte,
Das soi-disant-Drama besteht in einer Unterredung, da alles Vergängliche zum Gleichniß wird, ein so als Schnitzler.
Dr M. S.