II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 179

16.1. Lebendige Stunden— Zyklus
box 21/2
ren gegangen, neue Kraft. Dies ist der erste Paradesatz. Wir [Opfer wird vergebens sein; dieser schwachherzige, handfertige Jongleur und Taschenspieler ist, das
Hinauf, möchte sind Sklaven des Schicksals allesammt. Es peitscht phrasengeschwollene Jüngling dringt niemals zum
n sein: Einer, unsern Geist durch die Jahrhunderte; dem, was [Gipfel auf. Interessant ist an dem auf Schrauben
vermag uns nur der „Schleier der Beatrice" zu
kirte Sisyphus
zeigen. Wirklich, Herr Brahm sollte uns zu dieser
uns vorherbestimmt war, können wir nicht ent= gestellten Stücke die grelle Beleuchtung des ehe¬
Nun probirt gehen; wir müssen dem Fatum zu Willen sein. Dies
Erkenntniß verhelfen. Der Krach des „Rothen
männlichen und des kindlichen Egoismus: Vater
und diese oder ist der Weisheit zweiter, tiefinnersier Sinn. Die
Hahnes“ gibt ihm Zeit und Anlaß zu einem Experi¬
kt es stunden¬
und Sohn werden wenige Monate später die Todte
Chokolade könnte Einem kalt werden, wenn man
ment, das nicht von vornherein eine Niederlage be¬
Bummler hat
vergessen haben und seelenvergnügt ihren kleinen
sich nachhaltig in sie versenkte. Und drittens: der
deutet.
Richard Nordhausen.—
um soignirten
Spezialliebhabereien nachrennen. Vater und Sohn
Tod macht groß und frei. Wahre lebendige Stun¬
es Bischen an

sagen sich an der offenen Gruft Derer, die um ihret¬ S
den werden uns oft genug erst auf dem Sterbebette
willen sterben ging, recht anzügliche, wenn auch höf¬
bescheert. „Die letzten Masken“ heißt das Schau¬
liche Bosheiten ...
einer Folge spiel, worin Schnitzler dies Theorem illustrirt. Ein
„Die Frau mit dem Dolche“ könnte von einem
Theater neu=armer Heruntergekommener liegt verröchelnd im
Zacharias Werner, richtiger gesagt von einem
n einer StelleSpital. Leben und Dichten sind ihm verronnen,
Wienerischen Müllner stammen. Paula und Leon¬
piel „Litera=Inutzlos, glücklos, Nun beseelt ihn nur noch der eine
hard haben sich in der Gemäldegalerie ein Stelldich¬
der amathus=Wunsch: Rache zu nehmen an dem Jugendfreunde,
ein gegeben. Sie liebt den heiß begehrenden Jüng¬
res durchaus der es so herrlich weit gebracht hat und doch ein er¬
ling nicht, aber es kitzelt sie, sich an ihrem berühmten
an veröffent= bärmlicher Hohlkopf, ein künstlich aufgeblasenes
Mann zu rächen, der sie unablässig hintergeht. Und
selbsterlebter [Nichts ist. Er läßt ihn an sein Lager rufen, um
während sich ihre Blicke in das Bild vor ihr, die
in korrekter sihm Verachtung und Hohn in's Gesicht zu schreien, Frau mit dem Dolche, bohren, wähnt sie plötzlich,
Die Richtigkeit um ihm zu verrathen, daß dem Dunklen, jetzt in die selber diese Frau zu sein. Traumgewvölt steigt auf:
daß heirats= Nachi Versinkenden die Liebe der Frau gehört hat, jPaola hat mit Lionarbo eine Liebesnacht vertän¬
ihre Erotica die der berühmte Dichterling an sic uketten wußte.
delt; als aber der Meister zurückkehrt, da gesteht sie
bler zu über= Der Sterbende spielt einem Leidensgenossen einem
ihm Alles und ersticht den Buhlen. Und Remigio,
Der deka= übrigens mit prächtiger Komik gezeichneten Schau=der große Künstler, der jenseits von Gut und Böse,
ut eine Reihe spieler, die wilde Racheszene vor. Als dann aber Liebe und Haß, steht, greift zum Pinsel und benutzt
marotzt hat, der sehnsüchtig Erwartete kommt und mit trauriger die Mörderin als Modell . .. Der Traum verweht,
nen, jene sel=Stimme von seinen Mühseligkeiten erzählt, seinen
Paula und Leonhard stehen noch vor dem Bilde...
arbeiten. Und krampshaften Anstrengungen, sich oben zu erhalten,
„Ich komme heute Abend,“ flüstert sie ihm in jäher
ich er gewisse eine Tagesgröße zu bleiben, als er all' seine kleine
wilder Laune zu. Es ist nicht ganz klar, was
un ist es der Eitelkeit und Windigkeit beichtet, da verzichtet der Schnitzler mit dem verblüffenden Schlusse sagen
rischen Ruhm [Kranke auf die Rache an diesem Aermlichen. Der will. Hat er sich wirklich Hirngespinnsten über die
tigam erhal=ist ihm zu schäbig dazu ... „Die letzten Masken“ Seelenwanderung hingegeben und beabsichtigt am
erwacht ... sind ein wenig umständlich komponirt, aber mit be¬
bunten Beispiel aufzuweisen, daß wir Spielbälle
eren Ton und trächtlichem Fleiße aufgebaut; sie überraschen und
sind in der Hand des Schicksals, dann scheint mir
viel mit der stimmen zugleich nachdenklich. Hier ist es dem Ver¬
das Exempel gerade nicht besonders geschickt ge¬
khur Schnitz= [fasser gelungen, seinen Ideen persönliches Leben
wählt. —
kaffeehäusern zu verleihen; hier wirken Handlung und Menschen
Am Einakter, auch wenn er gleich in Waggonlad¬
Tratsches ist, nicht von vornherein erkl lgelt, wie in den beiden
machen.
ungen auf uns niederprasselt, erkennt man Art und
anderen Stücken, der „Frau mit dem Dolche" und
Vermögen des Dichters schlecht. Ein tändelnder
der Bummel=den „Lebendigen Stunden“, welch' letzteres Dramo¬
Gedanke; gebotene Flüchtigkeit, die den Stoff nicht
d das macht let dem ganzen Cyklus den Namen gegeben hat.
ausschöpfen will und darf; ängstliche Sorge, vor
den drei an= Wie Henriette Stieglitz sich erschoß, um das dichter¬
Allem den Schlager, den Akt= und damit Dramen¬
ste Grübler=ische Genie ihres Mannes zu großer That zu ent= schluß, gehörig vorzubereiten; dazwischen kokettes
künstlerische flammen, so begeht bei Schnitzler eine Mutter [Spiel mit geistreichelnden Nebenbeziehungen —
r beim GlaseSelbstmoro, damit der geliebte Sohn nicht länger was kann daraus Gutes werden? Ob Schnitzler
serlöschende unter dem Bann ihrer schweren Krankheit schmach= seit seinem „Grünen Kakadu“ einen Schritt vor¬
igenen Leben ten muß und frei die Fittiche regen kann. Ihr wärts gethan hat, ob er mehr als der sinnverwirrend