II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 255

cenf
16.1. Lebendige Stunden zyklus
box 21/2
Aus den Berliner Theatern.
201
n macht; den Prinzen
— in dieser Situation thun? Das Wahrschein= aber an dem Mann, der ihm sein Glück zerstört,
errible der Partei —
lichste wäre doch, er weist dem falschen Freunde nicht Vergeltung üben, persönliche Vergeltung —
sten, auch auf die der
die Thüre und schickt ihm seine Forderung. Mög= aus Parteiinteresse —
ert über alles mögliche,
nimmermehr! Partei¬
lich und verständlich wäre auch, er schlägt ihn auf interesse! Als ob er als alter Parlamentarier
n der Luft liegt. Der
der Stelle nieder wie einen tollen Hund.
ichards, der ehedem
nicht auch das wüßte: eine Partei, die im Volks¬
Aber nein — das wäre ja viel zu einfach!
essen Privatsekretär
bewußsein wurzelt, wird nicht durch den Skandal,
Dieser Graf Michael läßt sich zuerst auf eine
den ein einzelner Abgeordneter hervorruft, ins Herz
ich Außerungen ge¬
Erklärung seiner klugen Frau ein, die ihm in
ütete, von niemand
getroffen. In unserer schnelllebigen Zeit am
großen Worten auseinandersetzt, daß sie „von
allerwenigsten. Da schreiben die gegnerischen
ichard; nicht genug
keiner Sünde weiß, denn ich that das Beste, was
rovinzblättchen ab¬
Zeitungen acht Tage lang über den Kasus, einige
ich aus meiner Natur heraus zu thun vermochte. moralstrotzende, entrüstete Reden laufen vom
Beteiligten, auch
Ich habe mich von
eRichards, auch
Stapel, — und dann
eurem Sittengesetze
lit Blaustift an¬
ist die ganze Sache
nicht zerbrechen lassen
ndt. Das für
vergessen.
wollen“. Dann kor
nt
rnichtet, und
In dem vierten,
Norbert z
aus dem Wahl¬
und fünften Akt be¬
sen ins Feuer
währt sich daher, mei¬
nem Empfinden nach,
1, Norbert,
Beatens be¬
nicht mehr der Poet,
sondern nur noch der
äußerst geschickte, jeden
nterhaltung
Effekt aufs klügste
ung, daß
herausarbeitende büh¬
andelt,
nenkundige Theater¬
it dem
dichter. Der — wenn's
mmel
erlaubt ist zu sagen
at?
deutsche Sardou,
der jede Scene nur
te Frau
unter dem Gesichts¬
winkel ihrer äußeren
des
Wirksamkeit betrachtet.
ten Beate.
Darüber aber gehen
bis zu
leider auch die Cha¬
allen
raktere, die um des
rh
Fortschritts der Hand¬
lung millen immer
N
verzwi#ter werden
an
müssen, mehr und
mehr in die Brüche.
Der vierte Akt
führt uns in das
Arbeitszimmer Ri¬
chards. Er hat unter
brausendem Erfolg
seine große Rede über
die Heiligkeit der Ehe
gehalten — er! Sein
gewaltsam
Sohn ist begeistert,
inden:
len
der Verräter Meixner
das Parteiinteresse
findet sich ein, um,
muß dazu herhalten;
durch diese Meister¬
jeder Skandal, der die
rede gerührt, sein Be¬
liebe Partei schädigen
Fräulein Irene Triesch.
weismaterial, zwei
könnte, muß vermie¬
(Deutsches Theater.)
gestohlene Briefe, in
den werden; Richard
Richards Hände zurück
soll ja sogar morgen schon eine entscheidende Rede
zu legen. Dann kommt die vornehme, feinfühlige
im Parlament halten— ausgesucht über die Heilig¬
Frau Beate selbst, denn sie fühlt — etwas spät
keit der Ehe.
„daß der Tod über uns hängt“; kommt
Als ob ein Mann vom Schlage des Grafen
nach allem, was geschehen, heimlich in das Haus
Michael nicht in solchen Augenblicken auf die ganze
ihres ehemaligen Liebhabers. Es gibt eine sehr
Partei pfeifen würde und auf sein ihr, unter
ergreifende, stark auf die Thränendrüsen drückende
anderen Voraussetzungen gegebenes Wort dazu!
Scene zwischen beiden; als sie endlich geht, weiß
Als ob ihm nicht seine verletzte Mannesehre
man ungefähr, wie das Stück enden wird. Sie
himmelhoch über jeder andern Erwägung stehen
wird sich opfern, damit er leben bleiben kann.
müßte! Ich könnte mir sogar denken, daß er
Denn tötet sie sich, ohne daß man merkt, daß sie
seiner Frau Mitleid, Nachsicht, vielleicht in seiner
Selbstmord begeht, muß er ja leben bleiben:
Großherzigkeit sogar Verzeihung geben würde — damit jeder öffentliche Skandal vermieden wird.
ig