II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 275

16.1. Lebendige Stunden zyklus
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larität in erster Linie zu danken hatte. Die großen Sym¬
pathien, die schon Wilhelm Scherer der romantischen Richtung
in Bauernfelds Werken entgegenbrachte, erweisen sich bei
näherem Zusehen als sehr gerechtfertigt. Aus den romanti¬
schen Jugendlustspielen „Der Musikant von Augsburg“ und
„Die Geschwister von Nürnberg“, aus des gereiften Meister¬
köstlicher historischer Komödie „Landfrieden“, vor allem aber
aus dem lieblichen Zauberspiel „Fortunat“ strahlt uns die
ganze sonnige und lebensfrohe, träumerische und märchen¬
duftende Romantik des vormärzlichen Wien in den lichten
Farben eines Märchenbildes von Meister Schwind entgegen.
Was der Unverstand des Wiener Theaterpublikums von 1835
gelegentlich der ersten Aufführung des „Fortunat“ in der
Josephstadt an dem Dichter gesündigt hat, wurde von der
literarischen Kritik längst wieder gut gemacht, seit das Stück
in der Gesammtausgabe der Bauernfeld'schen Schriften der
Oeffentlichkeit, der es über 35 Jahre vorenthalten war, zu¬
gänglich gemacht ist. Insbesondere ist es den Bemühungen
Scherers und neuerdings denen Glossys und Horners im
Grillparzer Jahrbuch und des Letzteren biographischer Arbeit
zu danken, daß der dichterische Werth des „Fortunat“ die ge¬
bührende Würdigung erfahren hat. Nur auf der Bühne ist
Bauernfelds prächtiger Wanderbursche noch nicht zu seinem
vollen Rechte gelangt. Die einzige bisherige Aufführung
neueren Datums, am Wiener Kaiser=Jubiläumstheater
(April 1900) von Müller=Guttenbrunn ins Leben gerufen,
wurde durch eine, wie es scheint, nicht sonderlich gelungene
Darstellung und eine unzureichende Musik beeinträchtigt. Mit
berechtigtem Interesse wird man der bevorstehenden For¬
tunat=Aufführung des Karlsruher Hoftheaters entgegensehen;
sie soll, wie wir hören, die ersten Kräfte des hiesigen Schau¬
spiels ins Treffen führen und durch eine neu zu dem Werke
komponirte Musik von Selmar Meyrowitz, eines begabten,
an der hiesigen Bühne wirkenden jungen Musikers, ihre
Unterstützung finden.—
L. Berlin, 5. Jan. Mehr als vier neue Stücke an einem
Abend kann sich wahrhaftig kein Theater leisten! Das Deutsche
Theater hat gestern ins Volle gegriffen, und seinem Publikum
gleich vier Einakter, allerdings vom selben Autor, geboten.
Arthur Schnitzler, der hochbegabte Wiener Poet, errang
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