II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 307

16.1. LebendiStundenz#klus
box 21/3
Telephon 12801.
Alex. Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt

„OBSERYER
Nr. 100
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Tünkenstrasse 17.
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Ausschnitt aus:
Reichswenr Winal
vont 2 /777 L
(Gastspiel der Berliner im Carl¬
theater.) Zum erstenmale: „Lebendige Stunden“.
(vier Einacter von Arthur Schnitzler.
Gesammelte
Essays oder Skizzen, die nichts miteinander gemeinsam
Hhaben als den Autor, tragen mitunter den Titel des ersten
Anfsatzes dem ein nonchalantes „und Anderes“ beigefügt ist.
Herr Arthur Schnitz er hat in Anbeqnemung an diese
etn as willkürliche Metbode seinen Einacter=Cyclus
nach dem ersten Stünchen „Lebendige Stunden“
benannt. Wenn shon durchaus ein Zusammenhang zwischen
Für
56 etwas Zusammenhaiglosem, zufällig Aneinandergereihtem ge¬e
100 schaffen werden sollte, dann hätte der Titel des letzten Ein¬
200 aclers, „Literatur“, doch noch etwas besser gepäßt. sis.
50 Es ist überall von der Literaur die Rede, sogar vill zu

1# viel die Rede. Ironisch und geistreich, unterhaltend und das
Abonnem
In tragisch, aber immerfort. Man fängt an, den Schmock zu
den
Abonnen begreisen, der kläglich ausruft: „Heraus aus der Literatur!“
Herr Schnitzler kanzelt in dem Schauspiele „Lebendige dle
D Stunden“ einen jungen Dichter ab, dem seine Arbeiten sen¬
Inhaltsa theurer sind als das Leben seiner Mutter. Er sagt es
wodurch
blätteperaus, daß die Literatur nicht Alles sei, und doch kann uit¬
iche
Lehen Herr Schni ler selbst nicht los vom Metier. Er sieht Alles
theilung in schwarzen Buchstaben auf weißem Papier. Die Literatur und
die Litera en halten ihn fest. Er spricht immer davon wie
ein Förster von Hunde= und Jagdgeschichten oder ein
Officiersbursche von seinem Herrn Hauptmann. Und die Literatur
wirllich nicht Alles. Sie ist nicht die Welt, sondern un
kleines Plätzchen darauf, wo man für einen Augenblick
flucht oder Vergessen sucht. Das moderne Leben hat ##
große Bestrebungen, es ist voll von Mühseligkeite
Ideen, von realem Schaffen. Gewal ige Proble
gelist öd
le martern sich wenigste
zu ergründen Dab¬
des=Dichters= Aufgabe. Erist eine spielerischer Missiggunger,
#wenn er in der Ecke eines Literaturkaffeehauses bleibt
und nur seine Umgebung betrachtet. Aber das ist seit einiger
#eit so Mode. Der Literat wird Ressorlmensch. Maler Klecks
malt einen Maler, wie er einen Maler malt, und der
Dichter dichtet Dichter, wie sie über Dichter dichten. Man
wird zugeben mü en, daß dies zumindest eine Einseitig¬
keit ist, denn die Literatur soll ein Spiegel der Zeit
sein und nicht blos
ein Spiegel Derjenigen,
die der Zeit einen Spiegel vorzuhalten haben.
Diese principielle Einwendung muß vorausgeschickt werden,
ehe man den Vorzügen der Schnitzler'schen Eing#ter Gerech¬
tigkeit widerfahren lassen darf. Der Schwank „Literatur“
ist eine flotte Persiflage der „Bohéme“. Margarethe, eine
geschiedene Frau, hat ein Verhältniß mit einem literarischen
Jüngling, der noch im Urzustande des Havelocks und des
Calabresers ist. Sie wandert dann in die Hände eines
Barons, der sie ehelichen will. Da geschieht das, was heut¬
zutage so oft vorkommt: die abgestandene Liebe wird in
Druckerschwärze umgesetzt. Der Calabreser schreibt über sie einen
Roman, sie schreibt einen Reman über den Calabreser.
Aus Angst vor einer Entde kung durch die Gleichartigkeit der
Themen opfert Margare he ihren Roman dem Feuertode. Der
Baron, der selbstverständlich bornirt ist, und sich blos für