Ox 21/3
16.1. LebendiStundenz#klus
] peinliche Gewißheit: das ist ein Herz, dem volles Mit¬
In dem ersten Stück, von welcher. der Cyklus seinen
euilleton.
leiden, ganzes Mitkeben versagt geblieben; das ist ein
Namen trägt, erfährt ein junger Dichter, seine Mutter habe
Mann, der das Thun der Menschen als ein Schauspiel
sich getödtet, weil sie eingeselsen, daß ihr langwieriges Siech¬
ansieht, aufgeführt zu seiner eigenen Auregung, damit er
thum dem Sohne die Schaffenskraft raube. Er sanctionirt
Lebendige Stunden.“
den wirksamen Seenen nach seinem immer wachen Geschmack
nachträglich die Opferthat und wird den tiefen Eindruck, den
das Bravo sage. Und das ist dann die Frage, ob es nicht
bendige Stunden.“
„Die Frau mit dem
er davon empfangen hat, vielleicht noch künstlerisch gestalten.
besser sei, in herzlicher Besinrungslosigkeit dem Leben zu er¬
tten Masken.“ — „Literatur.“ Von Arthur
Des Zuhörers Sympathie ist bei dem alten Liebhaber der
liegen, das Gute zu genießen, de ? Leid zu tragen, ohne nach Neben¬
Wastspiel des Deutschen Theaters aus
todten Mater, der alle Dichtung der Welt hingäbe, wenn
Berlin.)
prosit zu spähen. Diese Frage aber kommt an den Künstler,
er die Verstorbene nur einmal noch hier in seinem Garten
der den ersten Frühlingssturm hinter sich hat. Da sieht er
haben könnte. Nur eine Stunde. Zwar, auch er wird weiter¬
immt, aus Florenz wieder heimgekehrt,
die eigene Jugend und die Jugend geliebter Frauen aus¬
leben und im nächsten Frühjahr seine Rosen warten, seine
n dieser Nacht dem jungen Lionardo an¬
gemünzt, „verwerthet“, wie das harte Atelierwort sagt.
Beole gießen. Aber ihm zu Gefallen hat sich die arme
selbst gesteht ihm das in Gegenwart des
gewahrt, wie er mit allen Meuschen, die ihm je theuer
Frau ja nicht in's Grab gelegt. So stellen wir denn
eit und gefaßt ist, Glück wie Schuld mir
waren, nunmehr ein merkwürdiges Doppelleben führt, eines
Heineich, den Dichter, zu Remigio,
ahlen. Remigio weist ihm nur die Thür.
dem Maler.
in der Wirklichkeit und eines in den eigenen Büchern.
Ee thul ja ganz dasselbe, und demnach wäre das zweite
üngling seinen Tod. Er biltet endlich
Wahrheit und Dichtung. Und da kommt mit der Erkenntniß,
Stück nur eine Wiederholung des ersten, weiter nichts. Ich
hm unerträglich, daß er der Rache nicht
daß nun die schöne Unmittelbarkeit des Daseinsgefühls für
vergaß aber zu sagen, daß Remigio gar nicht existirt. Er
d. Sein Ehrgeiz hängt daran, ernst, wenn
immer dahin ist, die Sehnsucht nach der heißen, bewußt¬
leht nur in der Phantasie der höchst modernen Frau Pauline,
enommen zu werden. Remigio bleibt be¬
losen Lebensfülle. Die Gewißheit, daß man sich an nichts
die eines sehr erfolgreichen Stückeschreibers glückliche Gattin
Kletzt droht Lionardo, das Abenteuer dieser
mehr verlieren kann, daß man es nimmermehr vermag, sich
ist und mit einem hübschen jungen Manne in der Bilder¬
h. Da sticht ihn die Paola nieder. Remigio
aufzuopfern, weckt die Ahnung eines ungeheuren Frevels.
gallerie Rendezvons hat. Sie liebt diesen hübschen jungen
kschauer auf die Gruppe. Aber mit was
Nach Rechtfertigungen sinnt man dafür, daß man grausam
seine Frau, den Dolch in der erhobenen
Mann nicht. Allein: sein Haar ist braun und „kraust sich
sich an lebendigem Fühlen vergangen. In solcher Zeit wird
an der Stirne". Blaue Augen, „die Brauen dunkel tief“.
hingestreckte Leiche sich neigt, greift
der Griff in's volle Menschenleben, sonst so beutegierig, so
Sein Hals ist weiß, wie der eines Mädchens, und „gerten¬
Palette, tritt an die Staffelei und
unbedenklich, so habsüchtig und rücksichtslos ausgeführt,
K
gleich geschmeidig seine Glieder“. Bei aller Liebe zu ihrem
malen. Jetzt erst geräth er
plötzlich gehemmt. Man zandert, stockt und — wenn Remigio
holle Geberde dieser leidenschaftlich erregten
Manne kann eine Frau doch gelegentlich wünschen, so gute
am Ende talentlos ist?...
inspirirt ihn. Diese vom vollsten Leben
Dinge für einmal zu genießen. Leonhard fühlt diesen
Auf dieser Entwicklungsstation sind die vier kleinen
Wunsch. Er weiß, daß er Chance hat. Er hofft aber
ng sucht er der Kunst zu bewahren. Ihn
Dichtungen von Schnitzler entstanden. Es sind Producte des
auf Liebe. Er glaubt, Pauline müsse einem Marne untreu
z, der vom Unbewußten, vom Spontanen
Innehaltens. Künstlerprobleme, Beiträge zur Psychologie des
werden, der ihre verschwiegensten Erlehnisse schamlos für
stets Bewußte ist. Er holt den Gewinn
Schaffens. Ein Thema für Wenige. Abrechnungen mit sich
alle Welt auf das Theater bringt. Und das ist sein Irrthum.
en Augenblick, trachtet darnach, einer sehr
selbst stecken darin. Versuche, eins Revolte der Empfindung
Denn Pauline und ihr Mann sind eben dadurch unauflöslich
„Dauer zu verleihen". Eine sonderbare
niederzuwersen. Entschuldigungen, auch für Andere; und
ko ist nämlich ein Maler, und er muß ein
miteinander verknüpft, wie Frauen eben nur mit Künstlern
doch wieder eine fast ängstliche Exclusivität. Abneigung
En, denn nicht blos Paola hält ihn dafür,
verknüpft sein können. Von dieser Welt geistiger und seeli¬
gegen die Metiermenschen. Friedensverhandlungen mit
scher Beziehungen ist der arme Leonhard ausgeschlossen. Er
ardo, der ihn ja haßt. Trotzdem wird er
dem naiven Leben. Zugeständnis: an die bürger¬
n widerwärtiger Mensch sein, ekelhaft und
verstelt es nicht und wird es nie verstehen, wie Pauline in
lichen Naturen. Nicht etwa: ## habt Recht
ch, der es fertig bringt
ihrem Gatten das Höchste genießt: Inspiration verleihen,
zu malen
dem und dem Punkt, sondern: Ich brgreise,
daß
nde, in der er
hoher Thaten Mutter sein. Dafür kennt Pauline ihres Lebens
ie furchtbarste Ent¬
wir Anderen Euch manchmal abscheulich erscheinen. Die
bittersten Schimpf erlitten, der da an Bilder
Inhalt, und in jeuer Bildergallerie träumt sie vor der „Frau
Kluft wird ausgemessen, die den Künstlermenschen vom
mit dem Delche“ die Begebenheit von Paola und Lionardo
schen erstochen werden, und Farben mischt,
Menschen scheidet. Eine verwegene Aufrichtigkeit reißt alle
und von Remigio, der sich an dem Dolchstoß der ungetreuen
nes Blut den Estrich röthet. Man kann
Brücken ein, die da hinüber führen. Und trotzdem sucht eine
Gattin künstlerisch begeistert. Und dann, erwachend, willigt
Die anderen, die #ewöhnlichen Männer
verliebte Sehnsucht den Uebergang zum harmlos Wirklichen.
sie ein, sich dem hübschen Leonhard zu ergeben, den ihre
gestraft, ihrer Cyre genug gethan,
Dann ist eine artistische Bewunderung des Lebens da. Wie
gio jedoch habe diesen Augenblick zur
Sinne zu flüchtiger Freude begehren, weil „sein Haar sich an
man ein Genie bewundert, dem Alles in ungeahntee Ein¬
ben, er habe den häßlichen Auftritt in's
#. Stirne kraust“. Es wird ihren Genuß steigern, wenn sie
sachheit und in höchster Vollendung mühelos gelingt. Wer
daran denkt, daß sie ihrem Manne nachher Alles gestehen und
für der Zeiten Dauer geweiht, und allo
spater über den Künstlerorganismus schreiben will, wird die daß ihm dies Geständniß vielleicht den Vorwurf zu einem
die Anderen hinaus. Dennoch bleibt die „Lebendigen Stunden“ in Betracht ziehen müssen.
1 unsterblichen Meisterwerk bieten mag. Die Hand über ein
16.1. LebendiStundenz#klus
] peinliche Gewißheit: das ist ein Herz, dem volles Mit¬
In dem ersten Stück, von welcher. der Cyklus seinen
euilleton.
leiden, ganzes Mitkeben versagt geblieben; das ist ein
Namen trägt, erfährt ein junger Dichter, seine Mutter habe
Mann, der das Thun der Menschen als ein Schauspiel
sich getödtet, weil sie eingeselsen, daß ihr langwieriges Siech¬
ansieht, aufgeführt zu seiner eigenen Auregung, damit er
thum dem Sohne die Schaffenskraft raube. Er sanctionirt
Lebendige Stunden.“
den wirksamen Seenen nach seinem immer wachen Geschmack
nachträglich die Opferthat und wird den tiefen Eindruck, den
das Bravo sage. Und das ist dann die Frage, ob es nicht
bendige Stunden.“
„Die Frau mit dem
er davon empfangen hat, vielleicht noch künstlerisch gestalten.
besser sei, in herzlicher Besinrungslosigkeit dem Leben zu er¬
tten Masken.“ — „Literatur.“ Von Arthur
Des Zuhörers Sympathie ist bei dem alten Liebhaber der
liegen, das Gute zu genießen, de ? Leid zu tragen, ohne nach Neben¬
Wastspiel des Deutschen Theaters aus
todten Mater, der alle Dichtung der Welt hingäbe, wenn
Berlin.)
prosit zu spähen. Diese Frage aber kommt an den Künstler,
er die Verstorbene nur einmal noch hier in seinem Garten
der den ersten Frühlingssturm hinter sich hat. Da sieht er
haben könnte. Nur eine Stunde. Zwar, auch er wird weiter¬
immt, aus Florenz wieder heimgekehrt,
die eigene Jugend und die Jugend geliebter Frauen aus¬
leben und im nächsten Frühjahr seine Rosen warten, seine
n dieser Nacht dem jungen Lionardo an¬
gemünzt, „verwerthet“, wie das harte Atelierwort sagt.
Beole gießen. Aber ihm zu Gefallen hat sich die arme
selbst gesteht ihm das in Gegenwart des
gewahrt, wie er mit allen Meuschen, die ihm je theuer
Frau ja nicht in's Grab gelegt. So stellen wir denn
eit und gefaßt ist, Glück wie Schuld mir
waren, nunmehr ein merkwürdiges Doppelleben führt, eines
Heineich, den Dichter, zu Remigio,
ahlen. Remigio weist ihm nur die Thür.
dem Maler.
in der Wirklichkeit und eines in den eigenen Büchern.
Ee thul ja ganz dasselbe, und demnach wäre das zweite
üngling seinen Tod. Er biltet endlich
Wahrheit und Dichtung. Und da kommt mit der Erkenntniß,
Stück nur eine Wiederholung des ersten, weiter nichts. Ich
hm unerträglich, daß er der Rache nicht
daß nun die schöne Unmittelbarkeit des Daseinsgefühls für
vergaß aber zu sagen, daß Remigio gar nicht existirt. Er
d. Sein Ehrgeiz hängt daran, ernst, wenn
immer dahin ist, die Sehnsucht nach der heißen, bewußt¬
leht nur in der Phantasie der höchst modernen Frau Pauline,
enommen zu werden. Remigio bleibt be¬
losen Lebensfülle. Die Gewißheit, daß man sich an nichts
die eines sehr erfolgreichen Stückeschreibers glückliche Gattin
Kletzt droht Lionardo, das Abenteuer dieser
mehr verlieren kann, daß man es nimmermehr vermag, sich
ist und mit einem hübschen jungen Manne in der Bilder¬
h. Da sticht ihn die Paola nieder. Remigio
aufzuopfern, weckt die Ahnung eines ungeheuren Frevels.
gallerie Rendezvons hat. Sie liebt diesen hübschen jungen
kschauer auf die Gruppe. Aber mit was
Nach Rechtfertigungen sinnt man dafür, daß man grausam
seine Frau, den Dolch in der erhobenen
Mann nicht. Allein: sein Haar ist braun und „kraust sich
sich an lebendigem Fühlen vergangen. In solcher Zeit wird
an der Stirne". Blaue Augen, „die Brauen dunkel tief“.
hingestreckte Leiche sich neigt, greift
der Griff in's volle Menschenleben, sonst so beutegierig, so
Sein Hals ist weiß, wie der eines Mädchens, und „gerten¬
Palette, tritt an die Staffelei und
unbedenklich, so habsüchtig und rücksichtslos ausgeführt,
K
gleich geschmeidig seine Glieder“. Bei aller Liebe zu ihrem
malen. Jetzt erst geräth er
plötzlich gehemmt. Man zandert, stockt und — wenn Remigio
holle Geberde dieser leidenschaftlich erregten
Manne kann eine Frau doch gelegentlich wünschen, so gute
am Ende talentlos ist?...
inspirirt ihn. Diese vom vollsten Leben
Dinge für einmal zu genießen. Leonhard fühlt diesen
Auf dieser Entwicklungsstation sind die vier kleinen
Wunsch. Er weiß, daß er Chance hat. Er hofft aber
ng sucht er der Kunst zu bewahren. Ihn
Dichtungen von Schnitzler entstanden. Es sind Producte des
auf Liebe. Er glaubt, Pauline müsse einem Marne untreu
z, der vom Unbewußten, vom Spontanen
Innehaltens. Künstlerprobleme, Beiträge zur Psychologie des
werden, der ihre verschwiegensten Erlehnisse schamlos für
stets Bewußte ist. Er holt den Gewinn
Schaffens. Ein Thema für Wenige. Abrechnungen mit sich
alle Welt auf das Theater bringt. Und das ist sein Irrthum.
en Augenblick, trachtet darnach, einer sehr
selbst stecken darin. Versuche, eins Revolte der Empfindung
Denn Pauline und ihr Mann sind eben dadurch unauflöslich
„Dauer zu verleihen". Eine sonderbare
niederzuwersen. Entschuldigungen, auch für Andere; und
ko ist nämlich ein Maler, und er muß ein
miteinander verknüpft, wie Frauen eben nur mit Künstlern
doch wieder eine fast ängstliche Exclusivität. Abneigung
En, denn nicht blos Paola hält ihn dafür,
verknüpft sein können. Von dieser Welt geistiger und seeli¬
gegen die Metiermenschen. Friedensverhandlungen mit
scher Beziehungen ist der arme Leonhard ausgeschlossen. Er
ardo, der ihn ja haßt. Trotzdem wird er
dem naiven Leben. Zugeständnis: an die bürger¬
n widerwärtiger Mensch sein, ekelhaft und
verstelt es nicht und wird es nie verstehen, wie Pauline in
lichen Naturen. Nicht etwa: ## habt Recht
ch, der es fertig bringt
ihrem Gatten das Höchste genießt: Inspiration verleihen,
zu malen
dem und dem Punkt, sondern: Ich brgreise,
daß
nde, in der er
hoher Thaten Mutter sein. Dafür kennt Pauline ihres Lebens
ie furchtbarste Ent¬
wir Anderen Euch manchmal abscheulich erscheinen. Die
bittersten Schimpf erlitten, der da an Bilder
Inhalt, und in jeuer Bildergallerie träumt sie vor der „Frau
Kluft wird ausgemessen, die den Künstlermenschen vom
mit dem Delche“ die Begebenheit von Paola und Lionardo
schen erstochen werden, und Farben mischt,
Menschen scheidet. Eine verwegene Aufrichtigkeit reißt alle
und von Remigio, der sich an dem Dolchstoß der ungetreuen
nes Blut den Estrich röthet. Man kann
Brücken ein, die da hinüber führen. Und trotzdem sucht eine
Gattin künstlerisch begeistert. Und dann, erwachend, willigt
Die anderen, die #ewöhnlichen Männer
verliebte Sehnsucht den Uebergang zum harmlos Wirklichen.
sie ein, sich dem hübschen Leonhard zu ergeben, den ihre
gestraft, ihrer Cyre genug gethan,
Dann ist eine artistische Bewunderung des Lebens da. Wie
gio jedoch habe diesen Augenblick zur
Sinne zu flüchtiger Freude begehren, weil „sein Haar sich an
man ein Genie bewundert, dem Alles in ungeahntee Ein¬
ben, er habe den häßlichen Auftritt in's
#. Stirne kraust“. Es wird ihren Genuß steigern, wenn sie
sachheit und in höchster Vollendung mühelos gelingt. Wer
daran denkt, daß sie ihrem Manne nachher Alles gestehen und
für der Zeiten Dauer geweiht, und allo
spater über den Künstlerorganismus schreiben will, wird die daß ihm dies Geständniß vielleicht den Vorwurf zu einem
die Anderen hinaus. Dennoch bleibt die „Lebendigen Stunden“ in Betracht ziehen müssen.
1 unsterblichen Meisterwerk bieten mag. Die Hand über ein