vermischt und dadurch die ganze Situation unklar und
unverständlich gemacht. Jene Frau, welche in der er¬
wähnten Vision ihr eigenes Schicksal erlebt, steht erst
am Anfang ihrer Schuld, aber sie wird diese Schuld auf
sich laden und dann — so darf man wohl annehmen —
in demselben Sinne handeln wie ihr traumhaftes zweites
Ich. Im dritten Einakter (Die letzten Maskea) liegt
In einem Wiener
die Situation bedeutend klarer.
Krankenhause soll es zwischen einem sterbenden Journa¬
listen und einem im rauschenden Leben stehenden Dichter
zur letzten Aussprache kommen. Der Sterbende will
Rache an dem Lebenden nehmen und ihm ins Gesicht
schleudern, daß sein — des Dichters — Leben ein
Scheinleben, ein erbärmliches, niederträchtiges Leben ge¬
wesen ist. Aber die Kraft fehlt dem Kranken, das alles
zu sagen. Das Recht der Lebenden ist stärker als das
Recht der Sterbenden, und in dieser Erkenntnis bricht
der Arme in die Worte aus: „Was hab ich mit ihm
zu schaffen? Was geht mich sein Glück, was gehn mich
seine Sorgen an? Was hat unsereiner mit den
Leuten zu schaffen, die morgen noch auf der Welt sein
werden?“ Der letzte Einakter (Litteratur) varüiert das
Thema satirisch. Auch hier wird die Vergangenheit einer
Frau durch ihre eigene Klugheit überwunden und den
„Lebendigen Stunden“, d. h. dem Leben der Gegenwart,
das größere Recht zugesprochen, aber das alles tritt doch
zurück hinter der scharfen Satire, die Schnitzler auf ge¬
wisse litterarische Kreise anwendet. Er will den Sno¬
bismus in unserer Litteratur, das litterarische Raub¬
rittertum treffen, das seine nächste Umgebung ausbeutet
und die intimsten Dinge, die so ein elender Strauchdieb
einmal erlebt hat, schamlos der Oeffentlichkeit preisgiebt.
Das ist dem Verfasser vortrifflich gelungen, und dieser
Einakter wird auch überall, wo er zur Aufführung
kommt, den stärksten Erfolg haben.
Die kurze Skizzierung der vier Stücke läßt zur Ge¬
nüge die Schwierigkeiten erkennen, die ihrer Wiedergabe
entgegenstehen. Schon an sich sind Einakter die
Schmerzenskinder der Bühnenleiter. „Das Publikum
wird nicht warm dabei“ meint man, weil es, soeben
erst mit einer Situation vertraut, gleich darauf in eine
neue gezogen wird, die von der vorangegangenen oft
gänzlich abweicht. Darum ist es vor allem nötig, daß
die Rezie ihre ganze Kunst auswendet, um die Situ¬
ation mit einem Schlage verständlich zu machen, daß
die Darsteller gewissermaßen eine konzentrierte Kunst
bieten, die sich nur an das Wesentliche hält und alles
Unwesentliche als retardierendes Moment ausscheidet.
Aber auch szenisch stellt eine Aufführung von vier Ein¬
aktern, die in ihrem Milieu so grundverschieden sind wie
die Schnitzlerschen, die höchsten Ansprüche. Jeder ein¬
zelne muß in seiner Szenerie genau die vom Dichter ge¬
gebene Grundstimmung widerspiegeln, damit der Zu¬
schauer auch dadurch in seiner Illusion bestärkt wird.
Am Donnerstag Abend wurde fast nach allen Richtungen
hin Vortreffliches geboten, und Herr Löwenfeld
der die Reaie zu besorgen hatte, darf mit ehrlichem Stolz
auf seine Arbeit zurückblicken. Der erste Einakter spielte
sich in einem lauschigen Wiener Vorstadtgarten ab, durch
dessen grüne Baumwipfel die freundliche Fassade eines
Landhauses blickte. Herr Baron gab den pensionierten
Beamten Hausdorfer im Stil eines müden, mit dem
Leben ziemlich fertigen Mannes und wußte namentlich
durch seinen verhaltenen Groll, den er der Jugend ent¬
aegenbrachte, zu fesseln. Nicht minder gut war Herr
Teuber als junger Schriftsteller Erlieh der Gestalt trotz
ihrer Jugend einen schönen männlichen Ernst, der seinen
Entschluß, dem Leben seine ganze Kraft zu widmen,
glaubwürdig machte. Die Bildergallerie im zweiten Ein¬
akter hätte einige bessere Bilder vertragen, dagegen war
die Idee, die Vision der jungen Frau auf einer Hinter¬
bühne darzustellen, originell und wirksam. Das Orgel¬
spiel während der Zwischenverwandlung sollte in Zukunft
fortbleiben; empfehlenswert wäre dafür ein sanftes
Glockenläuten, was um so angebrachter ist, als die Mit¬
tagsstunde, in der der Vorgang sich abspielt, an vielen
Orten durch Glockenläuten angezeigt wird. Um die Auf¬
führung machten sich die Herren Böhm (Leonhard) und
Grunwald (Remigio), sowie Frl. Riemer (Pau¬
line) verdient. Der dritte Einakter gewährte einen Blick
in das Krankenzimmer eines Wiener Hospitals. Herr
Baron gab den sterbenden Journalisten mit bewunder¬
ungswerter Charakteristik, Herr Teuber stattete den
phthisischen Schauspieler, der noch am Rande des Grabes
seinen Humor sprühen läßt, mit einer Reihe fein beobachteter
Züge aus, Herr Herzfeld spielte den glückgesegneten
Weihgast in seiner ganzen lächerlichen Hohlheit, und auch
die übrigen Mitwirkenden fügten sich dem Ensemble vor¬
trefflich ein. Im letzten Einakter überraschte Frl. Ra¬
damsky (Margarete) durch ihr temperamentvolles und
doch stets vornehmes Spiel auf das angenehmste; Herr
###n vornehmen Edelmann und Herr Grun¬
unverständlich gemacht. Jene Frau, welche in der er¬
wähnten Vision ihr eigenes Schicksal erlebt, steht erst
am Anfang ihrer Schuld, aber sie wird diese Schuld auf
sich laden und dann — so darf man wohl annehmen —
in demselben Sinne handeln wie ihr traumhaftes zweites
Ich. Im dritten Einakter (Die letzten Maskea) liegt
In einem Wiener
die Situation bedeutend klarer.
Krankenhause soll es zwischen einem sterbenden Journa¬
listen und einem im rauschenden Leben stehenden Dichter
zur letzten Aussprache kommen. Der Sterbende will
Rache an dem Lebenden nehmen und ihm ins Gesicht
schleudern, daß sein — des Dichters — Leben ein
Scheinleben, ein erbärmliches, niederträchtiges Leben ge¬
wesen ist. Aber die Kraft fehlt dem Kranken, das alles
zu sagen. Das Recht der Lebenden ist stärker als das
Recht der Sterbenden, und in dieser Erkenntnis bricht
der Arme in die Worte aus: „Was hab ich mit ihm
zu schaffen? Was geht mich sein Glück, was gehn mich
seine Sorgen an? Was hat unsereiner mit den
Leuten zu schaffen, die morgen noch auf der Welt sein
werden?“ Der letzte Einakter (Litteratur) varüiert das
Thema satirisch. Auch hier wird die Vergangenheit einer
Frau durch ihre eigene Klugheit überwunden und den
„Lebendigen Stunden“, d. h. dem Leben der Gegenwart,
das größere Recht zugesprochen, aber das alles tritt doch
zurück hinter der scharfen Satire, die Schnitzler auf ge¬
wisse litterarische Kreise anwendet. Er will den Sno¬
bismus in unserer Litteratur, das litterarische Raub¬
rittertum treffen, das seine nächste Umgebung ausbeutet
und die intimsten Dinge, die so ein elender Strauchdieb
einmal erlebt hat, schamlos der Oeffentlichkeit preisgiebt.
Das ist dem Verfasser vortrifflich gelungen, und dieser
Einakter wird auch überall, wo er zur Aufführung
kommt, den stärksten Erfolg haben.
Die kurze Skizzierung der vier Stücke läßt zur Ge¬
nüge die Schwierigkeiten erkennen, die ihrer Wiedergabe
entgegenstehen. Schon an sich sind Einakter die
Schmerzenskinder der Bühnenleiter. „Das Publikum
wird nicht warm dabei“ meint man, weil es, soeben
erst mit einer Situation vertraut, gleich darauf in eine
neue gezogen wird, die von der vorangegangenen oft
gänzlich abweicht. Darum ist es vor allem nötig, daß
die Rezie ihre ganze Kunst auswendet, um die Situ¬
ation mit einem Schlage verständlich zu machen, daß
die Darsteller gewissermaßen eine konzentrierte Kunst
bieten, die sich nur an das Wesentliche hält und alles
Unwesentliche als retardierendes Moment ausscheidet.
Aber auch szenisch stellt eine Aufführung von vier Ein¬
aktern, die in ihrem Milieu so grundverschieden sind wie
die Schnitzlerschen, die höchsten Ansprüche. Jeder ein¬
zelne muß in seiner Szenerie genau die vom Dichter ge¬
gebene Grundstimmung widerspiegeln, damit der Zu¬
schauer auch dadurch in seiner Illusion bestärkt wird.
Am Donnerstag Abend wurde fast nach allen Richtungen
hin Vortreffliches geboten, und Herr Löwenfeld
der die Reaie zu besorgen hatte, darf mit ehrlichem Stolz
auf seine Arbeit zurückblicken. Der erste Einakter spielte
sich in einem lauschigen Wiener Vorstadtgarten ab, durch
dessen grüne Baumwipfel die freundliche Fassade eines
Landhauses blickte. Herr Baron gab den pensionierten
Beamten Hausdorfer im Stil eines müden, mit dem
Leben ziemlich fertigen Mannes und wußte namentlich
durch seinen verhaltenen Groll, den er der Jugend ent¬
aegenbrachte, zu fesseln. Nicht minder gut war Herr
Teuber als junger Schriftsteller Erlieh der Gestalt trotz
ihrer Jugend einen schönen männlichen Ernst, der seinen
Entschluß, dem Leben seine ganze Kraft zu widmen,
glaubwürdig machte. Die Bildergallerie im zweiten Ein¬
akter hätte einige bessere Bilder vertragen, dagegen war
die Idee, die Vision der jungen Frau auf einer Hinter¬
bühne darzustellen, originell und wirksam. Das Orgel¬
spiel während der Zwischenverwandlung sollte in Zukunft
fortbleiben; empfehlenswert wäre dafür ein sanftes
Glockenläuten, was um so angebrachter ist, als die Mit¬
tagsstunde, in der der Vorgang sich abspielt, an vielen
Orten durch Glockenläuten angezeigt wird. Um die Auf¬
führung machten sich die Herren Böhm (Leonhard) und
Grunwald (Remigio), sowie Frl. Riemer (Pau¬
line) verdient. Der dritte Einakter gewährte einen Blick
in das Krankenzimmer eines Wiener Hospitals. Herr
Baron gab den sterbenden Journalisten mit bewunder¬
ungswerter Charakteristik, Herr Teuber stattete den
phthisischen Schauspieler, der noch am Rande des Grabes
seinen Humor sprühen läßt, mit einer Reihe fein beobachteter
Züge aus, Herr Herzfeld spielte den glückgesegneten
Weihgast in seiner ganzen lächerlichen Hohlheit, und auch
die übrigen Mitwirkenden fügten sich dem Ensemble vor¬
trefflich ein. Im letzten Einakter überraschte Frl. Ra¬
damsky (Margarete) durch ihr temperamentvolles und
doch stets vornehmes Spiel auf das angenehmste; Herr
###n vornehmen Edelmann und Herr Grun¬