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16.1. Lebendige Stunden—Zuklus
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Oee
„OBSERVE,
Nr. 77
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
Dor Hunworist, Wien
vom:
1010190 —
Münchener Brief.
8. März 1902.
Von den Schnitzler'schen Einactern, welche im Königl. Re¬
sidenztheater in fast ausnahmslos unübertrefflicher Weise ge¬
geben wurden, hatte nur das Lustspielchen „Literatur“ durchschlagen¬
den Erfolg; „Lebendige Stunden“ fanden freundliche, die zwei anderen
stark getheilte Aufnahme. Das in den vier Stückchen aufgeworfene
PProblem, die Stellung des Künstlers zum Leben und seiner
Schöpfung, liegt dem Publicum nicht nahe genug; es wird eben
immer auf dem Standpunkte des pensionirten Beamten Hausdorfer
stehen, der erschauerte, als er den Freund neben dem Sarge seines
Kindes, seinen Schmerz in Töne meisternd, Clavier spielen sah. Die
gseinen Züge, die der Kenner in den Literatenstückchen zur Psychologie
Ader modernen Dichter findet, entgehen natürlich auch viel der allge=n
meinen Beachtung. Auf Schnitzler's Schuldconto dagegen wäre zu
rsetzen, daß dramatische Conflicte fehlen. Ein geistreicher Einfall,
hlyrische Stimmung, kunstvoll gefeilter Dialog, das ist viel, die Bühne ?
wbraucht noch etwas mehr.
.. In „Lebendige Stunden“ spielte)
LSuske den um die geliebte Frau trauernden Alten mit überzeugen¬
#hdem Schmerze; Monnard gab den jungen Dichter; die melan¬
cholische Stimme, die discret gedämpften Manieren, die sich auch
im Schmerz kaum vergröbern, das war alles echt bis in's Kleinste.
Den biederen, alten Gärtner gab Gura sehr treuherzig. Die
schwierige Rolle der Pauline=Paola („Frau mit dem Dolche“) spielte
Frl. Dandler recht gut. Salfner's Leonhard befriedigte,
weniger der Lionardo der Renaissance. Stury's Remigio, eine
schlimme Rolle, war gewandt gespielt. Es ist, meines Erachtens, dass
schwächste Stück; denn: predigt hier Schnitzler die indisch=Nietzsche'sche
„Wiederkehr aller Dinge“ oder ist die Mordscene nur ein
hysterisches Gankelspiel von Paulinens Phantasie? Häusser gab
den todtkranken Journalisten („letzte Masken“) in seinem letzten
höhnischen Aufbäumen gegen das Schicksal, wie in der Resignation
des Sterbens erschütternd, den schwindsüchtigen Schauspieler stellte
Pindo mit viel Charakteristik und Beweglichkeit dar. König gab
den berühmten Schriftsteller in all seiner kleinlichen Erbärmlichkeit
sehr lebensecht und discret. Der Arzt Waldau's und die Kranken¬
pflegerin Frl. Schwarz' entsprachen völlig den Anforderungen.
Mit Verve und seinem drastischen Styl ensprechend, wurde das Lust¬
spiel „Literatür“ gespielt. Famos gab Frl. Swoboda die schrift¬
stellernde Frau, die schon manchen Sturm eriebte, Waldau den
etwas dümmlichen Aristokraten und Basil den Schriftsteller und
einstigen Freund Margarethens; besonders der discrete Humor des
Letzteren wirkte manchmal überwältigend. Die sorgsame Regie des
Abends ist Savits' Verdienst. Mit dieser Aufführung collidirte eine
Vorstellung der „Zauberflöte“ im großen Hause, welche zwei Gäste
brachte. Frl. Bossenberger (Frankfurt) bewährte, wie mir von
maßgebenden Seiten erzählt wird, als Königin der Nacht ihre statt¬
lichen, stimmlichen Vorzüge, und eine hier neue Erscheinung,
Frl. Hedwig Weingarten (Bremen) fand wegen ihres aus¬
giebigen, klangreinen Soprans als Pamina günstige Aufnahme.
Darstellerisch bleibt der sehr jungen Künstlerin noch mancherlei aus¬
K
16.1. Lebendige Stunden—Zuklus
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Oee
„OBSERVE,
Nr. 77
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
Dor Hunworist, Wien
vom:
1010190 —
Münchener Brief.
8. März 1902.
Von den Schnitzler'schen Einactern, welche im Königl. Re¬
sidenztheater in fast ausnahmslos unübertrefflicher Weise ge¬
geben wurden, hatte nur das Lustspielchen „Literatur“ durchschlagen¬
den Erfolg; „Lebendige Stunden“ fanden freundliche, die zwei anderen
stark getheilte Aufnahme. Das in den vier Stückchen aufgeworfene
PProblem, die Stellung des Künstlers zum Leben und seiner
Schöpfung, liegt dem Publicum nicht nahe genug; es wird eben
immer auf dem Standpunkte des pensionirten Beamten Hausdorfer
stehen, der erschauerte, als er den Freund neben dem Sarge seines
Kindes, seinen Schmerz in Töne meisternd, Clavier spielen sah. Die
gseinen Züge, die der Kenner in den Literatenstückchen zur Psychologie
Ader modernen Dichter findet, entgehen natürlich auch viel der allge=n
meinen Beachtung. Auf Schnitzler's Schuldconto dagegen wäre zu
rsetzen, daß dramatische Conflicte fehlen. Ein geistreicher Einfall,
hlyrische Stimmung, kunstvoll gefeilter Dialog, das ist viel, die Bühne ?
wbraucht noch etwas mehr.
.. In „Lebendige Stunden“ spielte)
LSuske den um die geliebte Frau trauernden Alten mit überzeugen¬
#hdem Schmerze; Monnard gab den jungen Dichter; die melan¬
cholische Stimme, die discret gedämpften Manieren, die sich auch
im Schmerz kaum vergröbern, das war alles echt bis in's Kleinste.
Den biederen, alten Gärtner gab Gura sehr treuherzig. Die
schwierige Rolle der Pauline=Paola („Frau mit dem Dolche“) spielte
Frl. Dandler recht gut. Salfner's Leonhard befriedigte,
weniger der Lionardo der Renaissance. Stury's Remigio, eine
schlimme Rolle, war gewandt gespielt. Es ist, meines Erachtens, dass
schwächste Stück; denn: predigt hier Schnitzler die indisch=Nietzsche'sche
„Wiederkehr aller Dinge“ oder ist die Mordscene nur ein
hysterisches Gankelspiel von Paulinens Phantasie? Häusser gab
den todtkranken Journalisten („letzte Masken“) in seinem letzten
höhnischen Aufbäumen gegen das Schicksal, wie in der Resignation
des Sterbens erschütternd, den schwindsüchtigen Schauspieler stellte
Pindo mit viel Charakteristik und Beweglichkeit dar. König gab
den berühmten Schriftsteller in all seiner kleinlichen Erbärmlichkeit
sehr lebensecht und discret. Der Arzt Waldau's und die Kranken¬
pflegerin Frl. Schwarz' entsprachen völlig den Anforderungen.
Mit Verve und seinem drastischen Styl ensprechend, wurde das Lust¬
spiel „Literatür“ gespielt. Famos gab Frl. Swoboda die schrift¬
stellernde Frau, die schon manchen Sturm eriebte, Waldau den
etwas dümmlichen Aristokraten und Basil den Schriftsteller und
einstigen Freund Margarethens; besonders der discrete Humor des
Letzteren wirkte manchmal überwältigend. Die sorgsame Regie des
Abends ist Savits' Verdienst. Mit dieser Aufführung collidirte eine
Vorstellung der „Zauberflöte“ im großen Hause, welche zwei Gäste
brachte. Frl. Bossenberger (Frankfurt) bewährte, wie mir von
maßgebenden Seiten erzählt wird, als Königin der Nacht ihre statt¬
lichen, stimmlichen Vorzüge, und eine hier neue Erscheinung,
Frl. Hedwig Weingarten (Bremen) fand wegen ihres aus¬
giebigen, klangreinen Soprans als Pamina günstige Aufnahme.
Darstellerisch bleibt der sehr jungen Künstlerin noch mancherlei aus¬
K