II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 433

Für
Abom
Abonr
Inhalt
blät
Wodur
Leben
theilun
box 2173
16.1. Lebendige Stunden zukIus
—elephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
„OBSERYED“
Nr. 85
L österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien. I, Fürkenstrasse 12.
Tillale in Budapest: „Pigyelau
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
do Wie hsle b
legt ihr Verhältniß zu einem früheren Liebhaber, einem Dichter,
Lebendige Stunden.
in einem Roman nieder, wobei sie auch den Briefwechsel
Vier Einakter von Arthur Schnitzler. — Aufführung im
mit dem einstigen Geliebten benutzt, denn sie hat stets Ab¬
Deutschen Theater.
schriften von ihren Briefen genommen
r Zufall fügt es,
daß jener Liebhaber wieder bei ihr auftaucht. Sie weist ihn
Es ist jetzt Sitte geworden, daß die Bühnenschriftsteller
zurück, er enthüllt ihr, daß er ebenfalls einen Roman ge¬
mehrere Einakter zusammenfügen und sie anstatt eines längeren
schrieben, der die gleichen Erlebnisse behandle, auch mit Zu¬
Werkes an einem Abend darbieten. Dreyer, Sudermann, selbst
grundelegung derseiben Briefe. Der Baron bewahrt Marga¬
Kadelburg u. A. machen es so und auch der Jungwiener
rethe unbewußt vor dem drohenden öffentlichen Skandal; er
Schnitzler. Er hatte unter dem Titel „Der grüne Kakadu“
drei Einakter zusammengethau und erscheint jetzt wieder mit
hat die ganze Auflage ihres Romans aufgekauft und ein¬
stampfen lassen und das letzte Exemplar, das er ihr noch mit¬
vieren, die er „Lebendige Stunden“ benennt, dort wie hier
nach dem Verfahren der Novellisten den Titel nach dem ersten
bringt, wirft sie in den Kamin unter dem Vorwande, ihm so
oder auch dem bedeutendsten Stück wählend. Allerdings könnte
den Beweis zu liefern, daß sie aller Schriftstellerei abhold ge¬
man auch diesmal in der Zusammenstellung der vier Einakter
worden sei. Dieser Einakter, witzig, graziös, von Frl. Dühren
„Lebendige Stunden“, „Die Frau mit dem Dolche", „Die letzten
und den Herren Reusch und Karl Müller mit guter Laune
Masken“ und „Litteratur“ eine tiefere Absicht erbüicken und sagen,
gespielt, gefiel am meisten und erhielt lebhaften Beifall. Nur
wie der junge Dichter Heinrich im ersten Stück dem wirklichen
wenig dagegen zündeten die „Lebendigen Stunden“, das erste
Erlebniß die künstlerische Gestaltung desselben gleichstellt, ja dem
Stück. Der Einfall ist zu skizzenhaft und novellistisch, und die
Leben nur als Vorwurf für die künstlerische Gestaltungsgabe die
lange Unterhaltung zwischen dem jungen Poeten Heinrich und
höchste Bedeutung für den Künstler jeder Art zuerkennt, so kehre
dem alten Hausdorfer, dem Freunde seiner Mutter, wirkt trotz
dieser Gedanke, in jedesmal anderer Wendung, in jedem der
der psychologischen Lichter, doch nur matt. Eine kranke Mutter
vier Einakter wieder. Auch könnte man hinzufügen, daß die
befreit ihren jungen Sohn, einen Dichter, von der Last,
Fesselung einzelner Lebensmomente dem Künstler die wahre
u pflegen, da seine Produktivität darunter leidet,
„lebendige Stunde“ bedeutet, die er in ihrer Gestaltung dann
indem sie sich mit Morphium tödtet. Ein Brief an
auch dem Laien zum Nac,erleben und Nachempfinden darbietet.
den alten Freund enthüllt ihm das mütterliche Motiv;
Doch ist diese letzte Deutung gesucht, die erste aber im Inhalt
er theilt, gegen die ausgesprochene Absicht der Todten, ihrem
sämmtlicher Stücke tief begründet. Den Obertitel kann
Sohne den Zusammenhang mit, und dieser wird nun entweder
Schnitzler wie beim „Grünen Kakadu“ nur willkürlich gewählt
sich tödten oder durch seine Leistungen beweisen, daß er das
haben, wie gesagt nach der Uebung der Novellisten, die einen
Opfer der Mutter werth gewesen. „Sind die Leute nicht be¬
ganzen Band nach einer der darin befindlichen Novellen be¬
neidenswerth, die sich schnell hinausretten in ihre Kunst? die
nennen. Vielleicht ist es charakteristisch für unsere dramatische.
vielleicht sogar die wunderbare Fähigkeit haben, ihren Schmerz
Produktion, daß Dichter in dieser Weise verfahren. Man darf
in ihrer Weise zu gestalten, statt ihn in nutzlosen Thränen hin¬
in der That heutzutage von der Bühnennovelle reden — und
strömen zu lassen?“ Der alte Beamte ist anderer Meinung;
zu ihren geistvollsten Pflegern gehört Arthur Schnitzler
eine Stunde Lebens mehr dünkt ihn werthvoller als alle künst¬
ja, man darf noch weitergehen und behaupten, daß wir heute
lerische Gestaltung. Der Gegensatz zwischen Leben und Kunst,
jeder Dichtungsart auf der Bühne begegnen, dem Epos, dem
wie ihn Ibsen in seinem dramatischen Epilog behandelt, findet
Roman, der Ballade, dem Liede u. s. w., nur einer einzigen
sich hier, freilich sehr verflacht, wieder, und man kann ihn auch
nicht: dem Drama.
in den übrigen Einaktern auffinden.
Einigermaßen dramatisch wirkt von den vier Gaben dieses
Aus Tragische streifen „Die Dame mit dem Dolche“ und
Schnitzlerabends auch nur die oberflächlichste, an den Schluß
„Die letzten Masken“. In dem ersten giebt Schnitzler einem
gestellte, das kleine Lustspiel „Litteratur“. Es ist insofern ein
bizarren romantischen Einfall Gestaltung: Die Frau eines,
ganz „echter Schnitzler“, als es mit allerdings etwas starker
Dichters, der seine eigene Untreue in einem erfolgreichen Schau¬
Würze leichtfertige Liebesverhältnisse einer schriftstellernden Dame
spiel dargestellt hat, trifft sich mit einem jungen Liebhaber in einer
behandelt und sie in ein sehr komisches Licht rückt. Marga¬
Gemäldegallerie vor einem alten florentinischen Bilde, das eine
rethe, eine geschiedene Frau, verkehrt in der Münchener Bohême
Dame mit einem Dolche in der erhobenen Hand vorstellt. Das
und spiegelt ihre Erfahrungen in ihren Dichtungen wieder. Ein
Bild hat Aehnlichkeit mit ihr. Bei dem Liebeswerben des jungen
Baron Clemens, der nur den Sport liebt und der Litteratur
Mannes entsinnt sie sich plötzlich der Geschichte jenes Bildes,
hauptsächlich auch aus dem Grunde feindlich ist — gerade
d. h. diese Geschichte wird lebendig in ihr, als das Erlebniß
wie der alte Hausdorfer im ersten Einakter dem jungen Dichter
eines früheren Daseins. Der Dichter läßt die bekannte Traum¬
Heinrich gegenüber —, weil sie diskrete Erlebnisse sehr in¬
verwandlung eintreten; wir erleben die romantische Geschichte.
diskret in Bücher banne, lernt jene Dame kennen und nimmt
Pauline ist Paola geworden, die Gattin eines florentinischen
sie zu sich. Sie kann aber das Schriftstellern nicht lassen und ! Malers Remigio; sie hat sich dem jungen Lionardo hingegeben.
den sie dann, bei der Rückkehr d
Maler aber verwerthet das Ma
Vollendung jenes Bildes. Die Szer
die moderne Gallerie, Pauline erwa
das schon einmal Dagewesene und, u
sals, verspricht sie dem jungen Geli
dichein. Ob er nun „wieder“ getöd
der Zuschauer. Die oberflächliche
Relnkarnationslehre wirkt ein wenig l##
war auch die Beobachtung, daß vie
Verwandlung glaubten, dieser Einak
sehr ist der moderne Theaterbesucher
gar nicht Beendetes und Abgerundet
mann stellte die Dame mit dem mu
und heroisch dar: Hugo Brandes
messen, und Klein=Rhoden versuchte,
skizzirten Leonhard etwas zu mach
Theil des Stückes wickelt sich in I
vollsten sind „Die letzten Masken“
einem Wiener Krankenhause. Ein
auf den Tod darnieder, trotz
nichts gekommen, während sein
ein Streber und Flachkopf, zu St
langt ist. Im Krankenhause ist ei
kaudidat, ein Komiker, sein Kamera
um ihn herum nur zum „Studin
Sterbenden nach, die letzten Mask
kommt der Journalist auf den Ged
herzubitten. Er will sich rächen un
Frau jahrelang ihn, den Armen, als
und ihren eigenen Mann als Hohl
achtet habe. Und der Komiker soll
Freundes vor und nach dieser En
Freund kommt, aber der Sterbende
im Tode unfähig, er stirbt. Vor
aber hat er doch auch diese Szene de
d. h. er probte sie mit dem Komiker aus
hier erkennt man die Grundidee der v#
auch hier sieht man, wie das Leben, d
einem künstlerisch empfänglichen Geist#
staltet. Dieser tragische Einakter wur
Klein=Rhoden gab ein vollendetes Bil
aufgeregten Sterbenden; Karl Müller
Jackwerth mit bestem Gelingen; Ernstl
mit gewollter Einfachheit. Leider regt
Werkchen kaum eine Hand. War
es hervorbrachte, war es Mangel an
Ablehnung eines so ernsten, tragisch=ko
erholte man sich bei dem nachfolge
und spendete den drolligen Auftri
und Herrn Karl Müller selbst bei 0