II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 447

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16. 1. Lebendige Stunden - zuklus
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nalist im Spitale zu sterben. Er hat
der aufgezogen wird, sehen wir Paula und Leonhard
reund, den Modedichter Weihgast, der
im Renaissancecostüm in einem Gemache, er leiden¬
Hr Lahendiges hindcst.
und geschickte Mittel berühmt und mit
schaftlich zu ihren Füßen nach einer heißen Liebes¬
(Einacter=Cyelus von Arthur Schnitzler. Zum erstenmale
ein glücklicher und geachteter Mann
nacht zu ihr emporstammelnd, sie kalt abwehrend und
aufgeführt im Franzenstheater am I. April.
Diesem will er noch vor seinem T#
als echtes Weib der Renaissancezeit ihm erklärend,
und Neid, den er gegen ihn hegt, ins
dass nicht Liebe, sondern nur Sinnenglut sie für
Der erste Einacter: „Lebendige Stunden“, erzählt
dern und in sein unverdientes Glück
diese Nacht ihm zugeführt habe, und dafs sie weiter
uns von der todkranken Mutter eines jungen Dich¬
durch das Geständnis werfen, dass de
mit ihm nichts gemeinsam haben wolle. Er will sich in
ters, die sich das Leben nimmt, um ihren Sohn durch
Gattin durch zwei Jahre seine, des elen
Verzweiflung vor ihrer Thüre mit einem Dolche ent¬
den Anblick und den Schmerz über ihr Leiden nicht
sten, Geliebte gewesen ist. Er lässt ihn
leiben, da kommt der Gatte hinzu, begrüßt gleich¬
im künstlerischen Schaffen zu behindern. Aber die
und dieser erscheint gutmüthig und
giltig und ahnungslos seinen Schüler und seine Frau
Pointe des Stückes liegt nicht in diesem Opfertode
klagt ihm zugleich, wie der Neid an sein
und geräth auch nicht viel aus seinem Phlegma, als
selbstloser Mutterliebe — wir hören nur davon —
Ruhm greift und wie Kummer und So
ihm diese alles erzählt und der verzweifeinde Lieb¬
sondern in der Antwort, die der erschütterte Dichter
und um seine theilweise missrathene#
haber ihn bittet, ihn zu tödten. Aber auch davon will
dem alten treuen Freunde seiner Mutter auf dessen
quälen. Staunend hört ihn der Ster
der phlegmatische Künstler nichts wissen, bis die Frau
Frage, ob er durch all sein Dichten und Schaffen
als er sieht, wie das vermeintliche Gl
selbst ihren Liebhaber erdolcht, worauf der Maler
die Mutter wieder zum Leben erwecken könne, und ob
beneideten Freundes sich recht fadensch
sofort ins Nebengemach eilt, um Pinsel und Palette
eine einzige lebendige Stunde, wo sich seine Mutter
da verschweigt er, was er auf dem H
zur Aufnahme dieser schönen Gruppe, die Frau mit
im Garten der Sonne erfreute, nicht mehr wert sei,
erwidert auf die Frage des Jugendfrei
dem Dolche in der Hand vor dem Leichnam des Ge¬
als seine ganze poetische Arbeit, im stotzen Selbst¬
er ihn eigentlich holen ließ, nur: „#
liebten, zu holen. Der Vorhang sinkt, und als er sich
gefühle gibt: „Dessen Arbeit ist auch etwas wert, der
noch einmal seh'n“. Und darauf stirbt
hebt, sind wir wieder in der Bildergallerie, Leonhard
diese lebendige Stunde zur ewig dauernden zu machen
letzten Worte lauten: „Was hat ein
sitzt zärtlich nahegerückt bei der geliebten Frau und sie
Der zweite Einacter: „Die Frau mit
vermag.“ —
zu sagen, der morgen noch weiter leb
erklärt plötzlich: „Ich komme!“ Um das, was sie
dem Dolche“ führt uns in eine Bildergallerie. Leon¬
Eine geistvolle Literatur=Komödie
eben in Vision vor dem Bilde durchlebt, nun auch
hard und Paula, die von ihm heißgeliebte Gattin
Stück: „Literatur“ und von dem Verfa
leibhaftig zu erleben? Darüber schweigt der Dichter.
eines Malers, stehen vor dem Bilde einer Frau im
tol“ mit französischem Esprit gemach
Oder hätten wir es hier mit occulistischen und spiri¬
weißen Gewande mit einem Dolche in der Hand, die
kommene Literatur=Mondaine hat ein
tistischen Neigungen des Varfassers zu thun? Nur
mit Paula Aehnlichkeit hat. Sie will der gefährlichen
nen Lebemann und Baron, der ihre Ve
schade! dass derlei Dinge das helle Bühnenlicht so
Nähe des Geliebten entfliehen, und mit ihrem Gatten
seiner Einfalt nicht zu durchschauen ver
schlecht vertragen. Originell in der Erfindung und
auf lange Zeit, vielleicht auf immer verreisen. Leon¬
Entschlusse sie zu heiraten, gebracht. D
von einer bei Schnitzler nicht eben häufigen dramati¬
hard beschwört sie, noch einmal zu einem Stelldichein
Besuch ihres früheren Geliebten, eine
schen Wucht ist das dritte Stück, das in einem Spitale
zu kommen. Sie verweigert es. Da fällt ihr Blick
abgekommenen Schriftstellers, bringt
vor sich geht: „Die letzten Masken“ Ein begabter
wieder auf das Bild. „Leonard.“, fragt sie plötzlich,
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denkliche Situation, aus der sie sich al
Dichter, Rademacher, hat es trotz Fleiß und Mühe
Ein
„haben wir das nicht schon einmal erlebt?“
Schleiervorhang fällt über die Bühne und als er wie= nicht weiter im Leben gebracht, wie als armer Jour= schickt herauszuwinden versteht. Die A