II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 481

vom:
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Theater, Kunst und Literatur.
Das Gastspiel der Berliner Schauspieler.
(„Lebendige Stunden.“ Vier Einakter von Arthur
Schnitzler.)
Von den Schriftstellern, die das Wiener Genre
kultiviren, gilt Arthur Schnitzler heute als einer
der Berufensten. Seine Gestalten, mögen sie gigerl¬
haft zugestutzt sein, oder das Trikot einer Ballerine
Für
50 Ze
stragen, päsentiren sich leichtlebig und so heißblütig,
100
wie man zwischen dem Kahlenberg und der blauer.
200
inclusive

Donau nur irgend sein kann. Es haftet ihnen zumei porto.
etwas Eigenartiges an, für das die ernsteren Nord Zahlbar
„ 1000
Im 6deutschen nur mehr halbes Empfinden mitbringen, Voraus,
Abonnement Es gehörte daher seitens der Berliner einiger Mutl
Abonnenten kdazu, Arthur Schnitzler in seiner Heimat interpr. irere ist das
zu wollen. Das Wagniß war jedoch glücklich abgesht es den
Der „(laufen und die Wiener hatten sich dem „Deutsche#rn.
Inhaltsangab(Theater“ für die Bekanntschaft der „Lebendigen Stungstend die
blätter (Tden“, die ihnen bis daher nur in der Buchform Sorgen¬
wodurch eine gänglich gewesen, recht dankbar gezeigt. Heute nutzeitung“)
Leben des Ingaben die Deutschen auch uns Gelegenheit, über dishaftliche
theilungen wei
'vier Einakter und deren Aufführung zu urtheileniese Mit¬
Dieses Urtheil ist günstig ausgefallen; das Stück wurde
wenn auch nicht ganz wienerisch, aber doch sehr gut
gegeben. Mochten auch die mit dem Wiener Leben
kinniger Vertrauten zuweilen einen Schatten des Lotal¬
kolorits vermissen, sie sahen sich reichlich entschädigt
durch die kräftige Plastik, mit welcher der Gedanken¬
gehalt des Werkes ausgearbeitet worden.
Die „Lebendigen Stunden“ sind nicht auch fröh¬
liche. Es wird darin ein trüber Aktord angeschlagen
und der Sensenmann schaut wiederholt durch die
Thüre herein. In dem ersten Stück versicht ein junger¬
Mann den Egoismus des Talentes, das Recht, sich¬
über Trauer und Leid hinüberzuretten in die Thätig¬
keit eines Berufs, einer Kunst. Der von Max Rein¬
shardt und Rudolf Rittner getragene Einakter
erschien unserem Publikum allerdings etwas düster
und wurde mehr achtungsvoll als begeistert aufge¬
nommen.
Viel kräftiger rüttelte „Die Dame mit dem Dolch“.
am Empfinden der Zuschauer, obschon man auf die
Seelenwanderung in eine frühere Existenz nur zögernd
eingehen wollte. Doch der portische Gedanle von der
Wiederholung des Geschicks siegte über alle Beden¬
ken und zum Schlusse mußten nicht blos die Dar¬
steller, Fräulein Triesch, Herr Kaysler und
Herr Bassermann, sondern auch der anwresende
Dichter Arthur Schnitzler ziemlich oft erscheinen.
Mit elementarer Gewalt aber wirkten „Die letzten
Masken.“ Der Journalist Karl Rademacher liegt
im allgemeinen Krankenhause, dem Tode nahe.
hat nur noch einen Wunsch, seinen einstigen Freund
Alexander Weihgast, der Karriere gemacht und ein
großer Mann geworden „durch eine fatale Eröffnung
vom Throne seines Selbstbewußtseins zu stoßen. Doch
als Weihgast erscheint und falschfreundlich thut, ver¬
schlägt dem Sterbenden die Rede, was hat er denn
auch mit den Ueberlebenden zu schaffen? Er geht
resiguirt in die Ewigkeit, indem er noch an der
Schwelle einen faulen Witz losläßr. Herr Rein¬
hardt machte aus dem Pechvogel eine Kabinetsfigur,
desgleichen Herr Bassermann aus dem angesehe¬
nen Autor, den die „Jungen“ bereits anfeinden. Die
Spitalsatmosphäre dieses Stückes theilte sich über¬
zeugend mit und Dichter wie Darsteller mußten für
unzählige Hervorrufe danken.
Zum Schluß eine Komödie: „Literatur“. Eine
geistvolle Persiflage auf die Umsetzung erlebter Ge¬
fühlswerthe in verwerthbare Druckerschwärze. Drei
köstliche Figuren wirken erfrischend auf den Zuschauer:
der Sportsman mit dem beschränkten Gehirn, die
Dilettantin, welche Literatur als Sport betreibt und
der Berufsschriftsteller, der aus seiner flüchtigen
Liebe Kapital zu Büchern schlägt. Die Herren Bas¬
sermann und Rittner stellten da prächtige Cha¬
raktere und auch Fräulein Triesch machte gute Ge¬
stalt. Das Publikum schätzte das Geplauder dieser
letzten dreißig Minuten als die richtige lebendige
P. S.
Stunde.