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16.1. Lebendige Stunden zuklus
1
Vorlesung über das Verhältnis des Dichters zur Wirklichkeit, zum scenischer Darstellung erleben — verspricht sie dem jungen Mann,
Leben, und zwar ohne daß sie uns weiter ergreift. Vom Schmerz ihn abends zu besuchen. Sie ist eben eine kapriziöse Dame, an
der alles Erleben vorübergleitet. Sie ist ganz Laune und kann
hronik.
des Dichters, der das Erlebte verarbeiten muß und in den schmerz¬
lichen Zwiespalt gerät, daß er zugleich leiden und sein Leiden also ihrem Manne keine Vorwürfe machen wegen seiner Art, das
Leipzig, 8. Oktober.
beobachten muß, hören wir kaum ein Wort, wi erhalten keinen Leben zu verarbeiten, ebensowenig, wie schließlich im ersten Stück
tieferen Einblick in die qualvollen Geburtswehen des Dichters, er=lder alte Herr sich aufs hohe Pferd setzen darf. Was sind lebendige
Dichter vier Einakter unter einem
fahren nur, daß es einem alten Philister grauenhaft ist, zu sehen, Stunden, die Frau Paula erlebt? Richts, sie sind sofort wieder
Fickt, müssen wir wohl oder übel
vergessen.
edanken herauszufinden, der eine
Haperte es bei der gestrigen Aufführung bis hierher mit dem
wie der Dichter über das furchtbarste Leid hinwegkommt mit Hilfe
ser Stücken herstellt. Der Wiener
Erfolg, und zwar mit Recht, da die auftretenden Personen zu
seiner Kunst — und damit die Gerechtigkeit gewahrt bleibt, kriegt
t den vier Einaktern, die gestern
blutleer erschienen, so hatten nun die letzten beiden Stücke einen
der Philister obendrein seinen Hieb: er hat eigentlich gar kein
fgeführt wurden, den Gesamttitel
starken Erfolg. Da will in dem im Krankenhause spielenden
Recht, sich darüber aufzuregen, er kommt ja auch über das Leiden
ben. Ist damit viel gesagt? Wir
Stück Die letzten Masken der Journalist Rademacher vor seinem
hinweg.
kr ist in der Hauptsache ein Zwie¬
Ende noch mit einem einstigen Jugendfreunde, dem Dichterling
Mir scheint, das ist eine Weisheit, die sehr leicht zu haben ist.
kerten Beamten und einem jungen
Weihgast, der eine Mobegröße geworden ist, Abrechnung halten!
Und nun geht's so fort. Im zweiten Stück: Die Fraumit
geue Freund der von ihrem Manne
Er will ihm sagen, daß sein Ruhm Schwindel ist und daß seine!
dem Dolche, hören wir von einem Dichter, der kalten Herzens
irs gewesen. Die Frau ist vor
Frau ihn mit dem vom Glück weniger begünstigten Nebenbuhler
seine Erlebnisse in der Ehe zu Dramen verarbeitet. Wenn seine
ger freiwillig aus dem Leben ge¬
betrogen hat. Ein Schauspieler ist im selben Krankenzimmer,
Frau ihm untreu wird, wenn sie leidet und sich verzehrt, giebt
üffenskraft nicht zu hemmen. Sie
einer, der es auch kurz vor seinem Tode nicht lassen kann, Studien
ihm das Gelegenheit zu einem interessanten Stück. Der Dichter
ahren Sachverhalt mitgeteilt mit
zu machen. Der rät Rademacher, er solle doch eine Art General¬
wird uns als die reine Beobachtungsmaschine geschildert; er ist
dem Sohne nichts davon zu ver¬
probe abhalten, er selber wolle bei der Probe den Dichter mar¬
ein ganz kalter Herr. der das Leben nur ausschlachtet für seine
ge Dichter geben in verschiedener
kieren. Rademacher geht darauf ein und schreit seinen ganzen
Dichtung. Seine Frau ist aber ein kapriziöses Wesen. Sie hat
Verstorbene Ausdruck, und es stellt
Haß und seine ganze Verachtung hinaus. Als aber dann Weih¬
auch keinti#s Erleben. Sie geht von Stunde zu Stunde, von
Grauen vor den Künstlern hat, die
gast kommt, hochnäsig herablassend mit ihm spricht und sich in
Erlebnis zu rlebnis, ohne sich von irgend etwas erfassen zu
dichten können. Der junge Dichter
seiner ganzen Hohlheit zeigt, da scheint ihm der Dichterling so
lassen. Sie tändelt in einer Bildergalerie, die Werke der italie¬
hzu. Da enthült der Alte, um den
armselig, daß er gar nicht das Verlangen empfindet, sich zu
nischen Renaissance enthält — man mußte sie gestern im Theater
Geheimnis des Opfertodes der
rächen. Alle Rachegedanken sind verflogen. „Was hat unsereiner
sehen, diese angeblichen Werke der Renaissance, es war einfach
Ihm nichts. Der Dichter tröstet sich
mit den Leuten zu schaffen, die morgen noch auf der Welt sein
himmlisch! — also sie tändelt da mit einem jungen Manne. In
daß seine Mutter nicht vergeblich
werden?“ fragt er und stirbt ruhig. Dies Stück ist außerordent¬
der Nähe hängt das Bild einer Frau, die einen Dolch in hoch¬
ganze Unmut des Alten los: „Was
lich geschickt gemacht und sehr wirkungsvoll. Was hat es aber in
erhobener Hand hält, mit dem sie offenbar eben einen nieder¬
kei, und wenn Du das größte Genie
dem Einaktercyklus zu suchen? Ist es nur deswegen hinein¬
gestochen hat. Die abgebildete Dame soll Frau Pauline ähnlich
eine Stunde, so eine lebendige
geraten, weil der Schauspieler bis zum letzten Augenbli“ seines
sein — gestern war die Aehnlichkeit so seltsam, daß das ganze
kter hier auf dem Lehnstuhl gesessen
Lebens seine künstlerische Art dadurch bethätigt, daß er alles,
Theatec lachte, als das behauptet wurde — und da hat Frau
der auch geschwiegen — abe“ da ist
er erlebt, kühl beobachtet, daß er immer stut ert und als echte
Pauline, während sie von ihrem Jüngling angeschmachtet wird,
st gelebt, gelebt!“ Der Dichter aber
Komödiant auch die Umwandlung Rademachers nicht begreift?
eine Vision. Sie sieht sich als Ehefrau des Malers, der das Bild
ig: „Lebendige Stunden? Sie leben
Den Schluß macht dann ein Schwank: Litteratur. Da wer¬
gemalt hat: sie hat sich einem Schüler des Meisters hingegeben,
te, der sich ihrer erinnert. Es ist
den in ergötzlichster Weise zwei Größen vorgeführt, die in die
der Mann überrascht sie, will den Ehebrecher, ein kalter Künstler
hlchen Stunden Dauer zu verleihen,
Litteraten hineingekommen sino ohne inneren Drang, zwei Snobs
wie er ist, laufen lassen, da ersticht sie den jungen Liebhaber,
nd weiter sagt er, der alte Herr
und wie sie nun mit hocherhobenem Dolche dasteht, regt sie nur
n und über den Schmerz hinweg¬
den Mann zum Schaffen an: er malt sie als Frau mit dem Dolche, die geschiedene Frau Margarete und Herr Gilbert, die in der Ver¬
en werde, so werde der Alte weiter
ine kleine stimmungsvoll angemachte Als Madame Pauline diese Vision hinter sich hat, die wir in arbeitung ihrer Erlehnisse die Methode der Talentlosen und Un¬
amit ist das Stück aus.
16.1. Lebendige Stunden zuklus
1
Vorlesung über das Verhältnis des Dichters zur Wirklichkeit, zum scenischer Darstellung erleben — verspricht sie dem jungen Mann,
Leben, und zwar ohne daß sie uns weiter ergreift. Vom Schmerz ihn abends zu besuchen. Sie ist eben eine kapriziöse Dame, an
der alles Erleben vorübergleitet. Sie ist ganz Laune und kann
hronik.
des Dichters, der das Erlebte verarbeiten muß und in den schmerz¬
lichen Zwiespalt gerät, daß er zugleich leiden und sein Leiden also ihrem Manne keine Vorwürfe machen wegen seiner Art, das
Leipzig, 8. Oktober.
beobachten muß, hören wir kaum ein Wort, wi erhalten keinen Leben zu verarbeiten, ebensowenig, wie schließlich im ersten Stück
tieferen Einblick in die qualvollen Geburtswehen des Dichters, er=lder alte Herr sich aufs hohe Pferd setzen darf. Was sind lebendige
Dichter vier Einakter unter einem
fahren nur, daß es einem alten Philister grauenhaft ist, zu sehen, Stunden, die Frau Paula erlebt? Richts, sie sind sofort wieder
Fickt, müssen wir wohl oder übel
vergessen.
edanken herauszufinden, der eine
Haperte es bei der gestrigen Aufführung bis hierher mit dem
wie der Dichter über das furchtbarste Leid hinwegkommt mit Hilfe
ser Stücken herstellt. Der Wiener
Erfolg, und zwar mit Recht, da die auftretenden Personen zu
seiner Kunst — und damit die Gerechtigkeit gewahrt bleibt, kriegt
t den vier Einaktern, die gestern
blutleer erschienen, so hatten nun die letzten beiden Stücke einen
der Philister obendrein seinen Hieb: er hat eigentlich gar kein
fgeführt wurden, den Gesamttitel
starken Erfolg. Da will in dem im Krankenhause spielenden
Recht, sich darüber aufzuregen, er kommt ja auch über das Leiden
ben. Ist damit viel gesagt? Wir
Stück Die letzten Masken der Journalist Rademacher vor seinem
hinweg.
kr ist in der Hauptsache ein Zwie¬
Ende noch mit einem einstigen Jugendfreunde, dem Dichterling
Mir scheint, das ist eine Weisheit, die sehr leicht zu haben ist.
kerten Beamten und einem jungen
Weihgast, der eine Mobegröße geworden ist, Abrechnung halten!
Und nun geht's so fort. Im zweiten Stück: Die Fraumit
geue Freund der von ihrem Manne
Er will ihm sagen, daß sein Ruhm Schwindel ist und daß seine!
dem Dolche, hören wir von einem Dichter, der kalten Herzens
irs gewesen. Die Frau ist vor
Frau ihn mit dem vom Glück weniger begünstigten Nebenbuhler
seine Erlebnisse in der Ehe zu Dramen verarbeitet. Wenn seine
ger freiwillig aus dem Leben ge¬
betrogen hat. Ein Schauspieler ist im selben Krankenzimmer,
Frau ihm untreu wird, wenn sie leidet und sich verzehrt, giebt
üffenskraft nicht zu hemmen. Sie
einer, der es auch kurz vor seinem Tode nicht lassen kann, Studien
ihm das Gelegenheit zu einem interessanten Stück. Der Dichter
ahren Sachverhalt mitgeteilt mit
zu machen. Der rät Rademacher, er solle doch eine Art General¬
wird uns als die reine Beobachtungsmaschine geschildert; er ist
dem Sohne nichts davon zu ver¬
probe abhalten, er selber wolle bei der Probe den Dichter mar¬
ein ganz kalter Herr. der das Leben nur ausschlachtet für seine
ge Dichter geben in verschiedener
kieren. Rademacher geht darauf ein und schreit seinen ganzen
Dichtung. Seine Frau ist aber ein kapriziöses Wesen. Sie hat
Verstorbene Ausdruck, und es stellt
Haß und seine ganze Verachtung hinaus. Als aber dann Weih¬
auch keinti#s Erleben. Sie geht von Stunde zu Stunde, von
Grauen vor den Künstlern hat, die
gast kommt, hochnäsig herablassend mit ihm spricht und sich in
Erlebnis zu rlebnis, ohne sich von irgend etwas erfassen zu
dichten können. Der junge Dichter
seiner ganzen Hohlheit zeigt, da scheint ihm der Dichterling so
lassen. Sie tändelt in einer Bildergalerie, die Werke der italie¬
hzu. Da enthült der Alte, um den
armselig, daß er gar nicht das Verlangen empfindet, sich zu
nischen Renaissance enthält — man mußte sie gestern im Theater
Geheimnis des Opfertodes der
rächen. Alle Rachegedanken sind verflogen. „Was hat unsereiner
sehen, diese angeblichen Werke der Renaissance, es war einfach
Ihm nichts. Der Dichter tröstet sich
mit den Leuten zu schaffen, die morgen noch auf der Welt sein
himmlisch! — also sie tändelt da mit einem jungen Manne. In
daß seine Mutter nicht vergeblich
werden?“ fragt er und stirbt ruhig. Dies Stück ist außerordent¬
der Nähe hängt das Bild einer Frau, die einen Dolch in hoch¬
ganze Unmut des Alten los: „Was
lich geschickt gemacht und sehr wirkungsvoll. Was hat es aber in
erhobener Hand hält, mit dem sie offenbar eben einen nieder¬
kei, und wenn Du das größte Genie
dem Einaktercyklus zu suchen? Ist es nur deswegen hinein¬
gestochen hat. Die abgebildete Dame soll Frau Pauline ähnlich
eine Stunde, so eine lebendige
geraten, weil der Schauspieler bis zum letzten Augenbli“ seines
sein — gestern war die Aehnlichkeit so seltsam, daß das ganze
kter hier auf dem Lehnstuhl gesessen
Lebens seine künstlerische Art dadurch bethätigt, daß er alles,
Theatec lachte, als das behauptet wurde — und da hat Frau
der auch geschwiegen — abe“ da ist
er erlebt, kühl beobachtet, daß er immer stut ert und als echte
Pauline, während sie von ihrem Jüngling angeschmachtet wird,
st gelebt, gelebt!“ Der Dichter aber
Komödiant auch die Umwandlung Rademachers nicht begreift?
eine Vision. Sie sieht sich als Ehefrau des Malers, der das Bild
ig: „Lebendige Stunden? Sie leben
Den Schluß macht dann ein Schwank: Litteratur. Da wer¬
gemalt hat: sie hat sich einem Schüler des Meisters hingegeben,
te, der sich ihrer erinnert. Es ist
den in ergötzlichster Weise zwei Größen vorgeführt, die in die
der Mann überrascht sie, will den Ehebrecher, ein kalter Künstler
hlchen Stunden Dauer zu verleihen,
Litteraten hineingekommen sino ohne inneren Drang, zwei Snobs
wie er ist, laufen lassen, da ersticht sie den jungen Liebhaber,
nd weiter sagt er, der alte Herr
und wie sie nun mit hocherhobenem Dolche dasteht, regt sie nur
n und über den Schmerz hinweg¬
den Mann zum Schaffen an: er malt sie als Frau mit dem Dolche, die geschiedene Frau Margarete und Herr Gilbert, die in der Ver¬
en werde, so werde der Alte weiter
ine kleine stimmungsvoll angemachte Als Madame Pauline diese Vision hinter sich hat, die wir in arbeitung ihrer Erlehnisse die Methode der Talentlosen und Un¬
amit ist das Stück aus.