II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 559

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16.1. Lebendige Stunden zvkin.
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so weit unsere Zunge klingt, wäre ja am besten und bündigsten Heine, Devrient, Treßler, Thimig
durch eine einzige Aufschrift zu kennzeichnen, die ich unter den bringen kann. Häßliche persönl
Nachlaßpapieren Berthold Auerbachs als Titel zu einem vor= der Einreichung von Schnitzlers „
bereiteten, dann aber vermutlich aus Ekel gar nicht geschriebe= kein Grund sein, für das Burgth
nen Aufsatz fand: „Eine Woche Theater oder:
Gesellschaftskomödien nicht auf
[Man schämt sich, ein Deutscher zu sein“. stellen. Laube hat widerwillig
Augenblicklich gäbe das sogar allzu ergiebigen Stoff nicht „Nibelungen“ zur Aufführung
nur zu einem Artikel, sondern zu einem ganzen Buch. Zulder in der Erledigung der Händel
einem Buch, das allerdings durch die von Breitkopf u. Härtel Hofschauspieler Heine ganz richtig
verlegte Statistik unserer Bühnenaufführungen in der Haupt=lichkeit nur im Hinblick darauf
sache erledigt erscheint. Dem Sachverständigen sagen diese seiner Truppe frommen würde, ha
Ziffern mehr als irgendein Text. In Wien zumal kommen
„Lebendige Stunden“ in leben
Shalespeare, Goethe, Schiller, Grillparzer, Hebbel nicht auf münzen, wenn ihm die Komödie
gegen die Modewaren, die der Tag bringt und meist dasselbe worden wäre. Hoffentlich schreib
Jahr verschlingt. Ich zähle die in München Hinlänglich Lebendigere Stunden für das B
bekannten Lebendigen Stunden von Arthur heilsamste Lösung für den Autor u
[Schnitzler keineswegs zu derartigen völlig nichtigen theaters hohe Zeit, sich mit dem
Eintagserscheinungen. Die beiden Einakter „Die letzten tragen, der ein spielbares Wien
[Masten“ und die groteske, wenn auch im Vergleich mit könnte. (Wie uns soeben telegraß
Gottfried Kellers „Mißbrauchten Liebesbriefen“ überderbe der diesjährige Bauernfeld¬
Parodie „Literatur“ verdienen gewiß den Anteil von Arthur Schnitzler für seine „Lebe
Zuschauern und Darstellern. Das erste Stück der Reihe D. Red.)
„Lebendige Stunden“ liest sich leidlicher, wirkte aber
bei dem vorjährigen Wiener Gastspiel des Deutschen Theaters
und bei der gestrigen ersten Aufführung des Zyklus im Deut¬
schen Volkstheater im Schauspielhaus als recht bleiernes
Viertelstündchen. „Die Frau mit dem Dolch“ in
der Darstellung der Brahm=Truppe völlig mißglückt durch
ungeschickte Verwendung des Zwischenvorhangs, gefiel gestern,
Abank der Sandrock, besser, bleibt im ganzen aber gleich¬
O0 Wiener Theater. Eine ganze Reihe von „rätsel¬
wohl eine nicht gerade besonders genießbare Lesefrucht.
haft geborenen und kaum gegrüßt verlorenen“ Neuigkeiten
Immerhin ist es heutzutage schon etwas, unter vier Akten
im Volks=, Raimund= und Josephstädter Theater, fragwürdige
einen mit edleren Mitteln unterhaltenden wie „Literatur“
englische, magyarische und talmi=französische Komödien,
und einen tiefer greifenden wie „Die letzten Masken“ zu
Volksstücke, Schwänke hab' ich — hoffentlich mit Ihrer Zu= bringen. Was zur vollen Wirkung fehlte, war eine bis ins
stimmung — zu besprechen versäumt oder, ehrlicher gesagt, Kleinste untadelige Aufführung, wie sie weder Brahm (trotz
unterlassen. Eine ansehnliche Zahl ähnlicher Abende in allen einzelner Meisterleistungen, zumal Bassermanns) noch unser
Schauspielhäusern des Reiches und außerhalb des Reiches, Volkstheater, sondern einzig und allein das Burgtheater (mit'
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