II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 560

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16.1. Lebendige Stungen zyk1u


so weit unsere Zunge klingt, wäre ja am besten und bündigsten! Heine, Devrient, Treßler, Thimig, Lotte Witt u. a.) heraus¬
durch eine einzige Aufschrift zu kennzeichnen, die ich unter den bringen kann. Häßliche persönliche Zänkereien gelegentlich
Nachlaßpapieren Berthold Auerbachs als Titel zu einem vor= der Einreichung von Schnitzlers „Schleier der Beatrice“ sollten
bereiteten, dann aber vermutlich aus Ekel gar nicht geschriebe= kein Grund sein, für das Burgtheater gedachte und gemachte
nen Aufsatz fand: „Eine Woche Theater oder: Gesellschaftskomödien nicht auf die geeignetste Bühne zu
[Man schämt sich, ein Deutscher zu sein". stellen. Laube hat widerwillig aber endlich doch Hebbels
Augenblicklich gäbe das sogar allzu ergiebigen Stoff nicht „Nibelungen“ zur Aufführung bestimmt. Und Schlenther,
nur zu einem Artikel, sondern zu einem ganzen Buch. Zuder in der Erledigung der Händel mit dem allzu redefertigen
einem Buch, das allerdings durch die von Breitkopf u. Härtel Hofschauspieler Heine ganz richtig ohne persönliche Empfind¬
verlegte Statistik unserer Bühnenaufführungen in der Haupt¬
lichkeit nur im Hinblick darauf entschied, was der Zukunft
sache erledigt erscheint. Dem Sachverständigen sagen diese
seiner Truppe frommen würde, hätte sich schwerlich besonnen,
Ziffern mehr als irgendein Text. In Wien zumal kommen
„Lebendige Stunden“ in lebendige Kassenfreuden umzu¬
Shakespeare, Goethe, Schiller, Grillparzer, Hebbel nicht auf
münzen, wenn ihm die Komödie zur Uraufführung vorgelegt
gegen die Modewaren, die der Tag bringt und meist dasselbe
worden wäre. Hoffentlich schreibt Schnitzler bald neue, noch
Jahr verschlingt. Ich zähle die in München hinlänglich
Lebendigere Stunden für das Burgtheater. Es wäre die
bekannten Lebendigen Stunden von Arthur heilsamste Lösung für den Autor und für die Leute des Burg¬
[Schnitzler keineswegs zu derartigen völlig nichtigen theaters hohe Zeit, sich mit dem einzigen Jüngeren zu ver¬
Eintagserscheinungen. Die beiden Einakter „Die letztentragen, der ein spielbares Wiener Stück zuwege bringen
Masken“ und die groteske, wenn auch im Vergleich mit könnte. (Wie uns soeben telegraphisch gemeldet wird, wurde
Gottfried Kellers „Mißbrauchten Liebesbriefen“ überderbelder diesjährige Bauernfeld=Preis von 2000 Gulden
Parodie „Literatur“ verdienen gewiß den Anteil von Arthur Schnitzler für seine „Lebendige Stunden“ zuerkannt.
Zuschauern und Darstellern. Das erste Stück der Reihe
D. Red.)
„Lebendige Stunden“ liest sich leidlicher, wirkte aber
bei dem vorjährigen Wiener Gastspiel des Deutschen Theaters
und bei der gestrigen ersten Aufführung des Zyklus im Deut¬
schen Volkstheater im Schauspielhaus als recht bleiernes
Viertelstündchen. „Die Frau mit dem Dolch“, in
der Darstellung der Brahm=Truppe völlig mißglückt durch
ungeschickte Verwendung des Zwischenvorhangs, gefiel gestern,
Bbank der Sandrock, besser, bleibt im ganzen aber gleich¬
O
wohl eine nicht gerade besonders genießbare Lesefrucht.
heater. Eine ganze Reihe von „rätsel¬
Immerhin ist es heutzutage schon etwas, unter vier Akten
kaum gegrüßt verlorenen“ Neuigkeiten
einen mit edleren Mitteln unterhaltenden wie „Literatur“
und Josephstädter Theater, fragwürdige
und einen tiefer greifenden wie „Die letzten Masken“ zu
e und talmi=französische Komödien,
bringen. Was zur vollen Wirkung fehlte, war eine bis ins
khab' ich — hoffentlich mit Ihrer Zu¬
sprechen versäumt oder, ehrlicher gesagt, Kleinste untadelige Aufführung, wie sie weder Brahm (trotz
sehnliche Zahl ähnlicher Abende in allen einzelner Meisterleistungen, zumal Bassermanns) noch unser
s Reiches und außerhalb des Reiches, Volkstheater, sondern einzig und allein das Burgtheater (mit