nschinurgen,
letzten Stunde. Erst wenn diese letzte Stunde ge¬
kommen ist, dann habt ihr vielleicht den Mut,
diese euere Maske abzuwerfen, wenn es sich dann
noch der Mühe lohnt.
Dieser bittere Zug drückte den gestrigen
Stücken einen Stempel auf, der unleugbar eine
gewisse Unbehaglichkeit erzeugte. Mit feinem
Spotte zeichnet er seine Gestalten und hot schlie߬
lich doch das Geschick, uns herzlich lachen zu machen
über all die menschliche Torheit.
Und das ist das Beste dabei. Man konnte
wirklich vom Herzen lachen, das heißt in der
Schlußnummer.
„Literatur“ ist ein sorkostisches Bild, das
wie eine Farce auf die menschliche Eitelkeit wirkt.
Diese Margarete, das Weib, das einen Roman
lebt und ihren Lebensroman niederschreibt, das
dem einen davonläuft, dem anderen sich an die
Brust wirft und dem dritten, der ihr eine glän¬
zende Versorgung verspricht, mit der ganzen
Schauspielkunst weiblicher Schlauheit zum Narren
hält, soll wohl ein Typus sein. Hat sie nicht
jeder einmal — oder auch mehrmals kennen ge¬
lernt? Und doch könnt ihr euch ihrer Macht nicht
entziehen. Die Stunde, da sie euch in den Armen
lag, am Halse hing und mit den Lippen sich —
Pardon! — festsaugt an eueren nach Genuß
dürstenden Lippen, die bleibt euch ja doch leben¬
dig. Gleichviel, ob ihr als Cyniker sie und euch
selbst verspottet und höhnt, wie Gilbert, oder in
stupider Selbstgefälligkeit es verleugnen wollt,
wie der köstlich persiflierte Baron Clemens.
Und daß es lachend endete, war gut. Denn
die zweite Nummer „Letzte Masken“ hätte einen
wirklich ernst stimmen können. Und doch ist dies
das beste Stück. Karl Rademacher, der sterbende
Journalist, sagt da bittere Wahrheiten genug
über das Mißgeschick, das so manchen edlen Geist
das ganze Leben hindurch niederdrückt, ihn mit
Ekel erfüllt ob all der Heuchelei und Lüge, der
er dienen muß um des täglichen Brotes willen,
während die Flachheit und Gemeinheit trium
phieren. Und neben ihm der ebenfalls ver¬
lorene Komödiant, über den wir noch lachen kön¬
nen, während ihn schon der Tod am Kragen hält.
So wenig „Literatur“ und „Letzte Masken“
munden mögen, man konnte es verstehen, daß
jüngst Acthur Schnitzlers Preiskrönung einen
Sturm der Entrüstung wachrief. Die Charaktere
sind in beiden Nummern so scharf gezeichnet, so
vollendet gestaltet, daß man dem Dichter die Be¬
wunderung nicht versagen kann.
Verunglückt dagegen ist „die Frau mit dem
Dolche“, das histerische Weib, das seinem In¬
stinkte schließlich folgt und die Treue bricht,
während es denkt „ich könnte dich, meinen Ver¬
führer, mit Wollust erdolchen, wenn es sein
müßte“ kann uns weder Sympathie, noch Mit¬
leid, ja nicht einmol Verständnis abzwingen. Die
Verzückung vor dem Bilde, in dem sie ihr eigenes
Schicksal verkörpert sieht, ist eine Narretei, der
wir keinen Sinn abzugewinnen vermochten und
die auch ein Teil des Publikums mit Wider¬
spruch aufnahm. Der Zwischenakt, den Pauline
träumt, während sie vor der gemalten „Frau
mit dem Dolche“ sitzt, wird uns vorgespielt:
Die Frau des Malers hat mit dem Schüler
ihres Mannes die Ehe gebrochen und nun, da
der Mann zurückkehrt, erkennt sie, daß sie doch
nur diesen liebt und sie erdolcht den schöneren,
jüngeren Geliebten, den sie haßt, weil sie seiner
Gewalt in brünstiger Leidenschaft sich hingegeben.
Und trotz dieses Traumes muß und will sie all
das Schreckliche nochmals erleben!
Auch von dem Spiele der drei übermäßig
schreienden Traumgestalten, die in überschweng¬
lichen Versen ihren Wahnsinn uns vorgaukeln,
konnten wir uns nicht befriedigt fühlen. Fräulein
Rabitow, unleugbar mit großen schauspiele¬
rischen Gaben, insbesondere mit einem herrlichen
Organe ausgestattet, spielt die Frau, ohne jedoch
zu erwärmen. In „Literatur“ konnte man wenig¬
stens über ihre Margarete lachen. Mehr jedoch
durfte man nicht verlangen.
Der Meister des Abendes war Herr Treß.
letzten Stunde. Erst wenn diese letzte Stunde ge¬
kommen ist, dann habt ihr vielleicht den Mut,
diese euere Maske abzuwerfen, wenn es sich dann
noch der Mühe lohnt.
Dieser bittere Zug drückte den gestrigen
Stücken einen Stempel auf, der unleugbar eine
gewisse Unbehaglichkeit erzeugte. Mit feinem
Spotte zeichnet er seine Gestalten und hot schlie߬
lich doch das Geschick, uns herzlich lachen zu machen
über all die menschliche Torheit.
Und das ist das Beste dabei. Man konnte
wirklich vom Herzen lachen, das heißt in der
Schlußnummer.
„Literatur“ ist ein sorkostisches Bild, das
wie eine Farce auf die menschliche Eitelkeit wirkt.
Diese Margarete, das Weib, das einen Roman
lebt und ihren Lebensroman niederschreibt, das
dem einen davonläuft, dem anderen sich an die
Brust wirft und dem dritten, der ihr eine glän¬
zende Versorgung verspricht, mit der ganzen
Schauspielkunst weiblicher Schlauheit zum Narren
hält, soll wohl ein Typus sein. Hat sie nicht
jeder einmal — oder auch mehrmals kennen ge¬
lernt? Und doch könnt ihr euch ihrer Macht nicht
entziehen. Die Stunde, da sie euch in den Armen
lag, am Halse hing und mit den Lippen sich —
Pardon! — festsaugt an eueren nach Genuß
dürstenden Lippen, die bleibt euch ja doch leben¬
dig. Gleichviel, ob ihr als Cyniker sie und euch
selbst verspottet und höhnt, wie Gilbert, oder in
stupider Selbstgefälligkeit es verleugnen wollt,
wie der köstlich persiflierte Baron Clemens.
Und daß es lachend endete, war gut. Denn
die zweite Nummer „Letzte Masken“ hätte einen
wirklich ernst stimmen können. Und doch ist dies
das beste Stück. Karl Rademacher, der sterbende
Journalist, sagt da bittere Wahrheiten genug
über das Mißgeschick, das so manchen edlen Geist
das ganze Leben hindurch niederdrückt, ihn mit
Ekel erfüllt ob all der Heuchelei und Lüge, der
er dienen muß um des täglichen Brotes willen,
während die Flachheit und Gemeinheit trium
phieren. Und neben ihm der ebenfalls ver¬
lorene Komödiant, über den wir noch lachen kön¬
nen, während ihn schon der Tod am Kragen hält.
So wenig „Literatur“ und „Letzte Masken“
munden mögen, man konnte es verstehen, daß
jüngst Acthur Schnitzlers Preiskrönung einen
Sturm der Entrüstung wachrief. Die Charaktere
sind in beiden Nummern so scharf gezeichnet, so
vollendet gestaltet, daß man dem Dichter die Be¬
wunderung nicht versagen kann.
Verunglückt dagegen ist „die Frau mit dem
Dolche“, das histerische Weib, das seinem In¬
stinkte schließlich folgt und die Treue bricht,
während es denkt „ich könnte dich, meinen Ver¬
führer, mit Wollust erdolchen, wenn es sein
müßte“ kann uns weder Sympathie, noch Mit¬
leid, ja nicht einmol Verständnis abzwingen. Die
Verzückung vor dem Bilde, in dem sie ihr eigenes
Schicksal verkörpert sieht, ist eine Narretei, der
wir keinen Sinn abzugewinnen vermochten und
die auch ein Teil des Publikums mit Wider¬
spruch aufnahm. Der Zwischenakt, den Pauline
träumt, während sie vor der gemalten „Frau
mit dem Dolche“ sitzt, wird uns vorgespielt:
Die Frau des Malers hat mit dem Schüler
ihres Mannes die Ehe gebrochen und nun, da
der Mann zurückkehrt, erkennt sie, daß sie doch
nur diesen liebt und sie erdolcht den schöneren,
jüngeren Geliebten, den sie haßt, weil sie seiner
Gewalt in brünstiger Leidenschaft sich hingegeben.
Und trotz dieses Traumes muß und will sie all
das Schreckliche nochmals erleben!
Auch von dem Spiele der drei übermäßig
schreienden Traumgestalten, die in überschweng¬
lichen Versen ihren Wahnsinn uns vorgaukeln,
konnten wir uns nicht befriedigt fühlen. Fräulein
Rabitow, unleugbar mit großen schauspiele¬
rischen Gaben, insbesondere mit einem herrlichen
Organe ausgestattet, spielt die Frau, ohne jedoch
zu erwärmen. In „Literatur“ konnte man wenig¬
stens über ihre Margarete lachen. Mehr jedoch
durfte man nicht verlangen.
Der Meister des Abendes war Herr Treß.