II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 572

Theater und Musik.
„Lebendige Stunden“ von Arthur
Schnitzler.
Knapp vor Schluß der Spielzeit hat die
Direktion noch diese vier Schnitzler'schen Ein¬
akter angesetzt. Das Bestreben der Direktion,
literarische Neuheiten, die in Wien und ander¬
wärts Beachtung fanden, auch dem Troppauer
Publikum vorzuführen, verdient vollste Aner¬
50 kennung. Die Provinz unterhält sich gut, wenn
Für
inelnsive
100 sie erfährt, was in der Großstadt Aufsehen er¬
Porto.
200 regt hat. Die Provinzler teilen zum Glück nicht
Zahlbar
500 immer das Urteil der Großstädter, es fehlt ihnen
im Voraus.
„ 1000
der Sinn für das nur Bizarre, auch ist die Provinz
In
itte ist das
konservativer, das heißt vielen neuen Bühnen¬
Abonnen
steht es den
Abonnen
werken gegenüber gesprochen, naturgemäß mora=sadern.
lischer als die Großstadt. Wenn nun der Provinz
diese vier dramatischen Skizzen vorgeführt werden sthaltend die
Inhalts:
Morgen¬
sagt sie zur ersten: „Langweilig, zur zweiten jer Zeitung")
blätt
wodurch
voll Entrüstung: „Aber!“, zur dritten „Scheuß= sthschaftliche
Leben d
Diese Mit¬
lich traurig“ zur vierten wenn auch lachend,
theilung
wiederum: „Aber!“ Die Provinz hat doch wohl
mit ihrem „Aber“ Recht. Irgendwelche literari¬
sche Bedeutung ist man außer Stande, diesem
Skizzen=Zyklus zuzubilligen, man kann nur die
Kourage des geistreichen Mannes bewundern,
der diese Skizzen unbedenklich hingezeichnet hat,
und nicht nur Einzelnen seiner Intimen,
sondern auch Mehreren zugleich, ja Allen zur
Ansicht vorlegt. Der Versuch Schnitzler's novel¬
Teleplion 12801.
listische Skizzen dramatisch einzukleiden ist je¬
falls mißlungen. Das erste Stück bringt einen
ex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
pointelosen Gedankenaustausch zwischen zwei
See Ausschnitt
Leuten, einen Gedankenaustausch über Eindruck
„OBSLH VLK Nr. 93
und Einfluß des Selbstmordes einer nahestehen¬
den Verwandten. Es geschieht nichts anderes
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
auf der Bühne, als daß die Beiden ihre Plätze
Wien, I., Concondiaplatz 4.
rechts und links stellenweise wechseln, nachdem
n in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom,
sie zur Abwechslung einmel aneinander vorbei¬
Stockholm, Kristiania, St. Petersburg.
Neios
gelaufen sind. Wozu also die Bühne? Das zweite
und vierte Stück predigt arg verwegen, daß nur
der Augenblick und seine Triebe Geltung haben
Ausschnitt aus
Susane -atan
und verneint alles wirkliche Empfinden, dabei zeigt
das vierte als das geistreichste, aber kühnste Stück
9
eine Ungeniertheit, die bei dem Mangel jedwe¬
vom:„1
den ernsten Zweckes abstoßend wirken muß. Das
dritte Stück, eine Spitalsszene, in der ein kranker
Journalist in seiner Sterbestunde einen ehema¬
ligem Freund und Kollegen zu sich bittet, den
* Wien. Arthur Schnitzlers Einakter=Folge „Lehendige
er aus Neid haßt und aus Haß durch eine Mit¬
Stunden“ wurde am 14. März zum ersten Male im Deutschen
teilung über sein Weib unglücklich machen und
Volkstheater aufgeführt. Im Vorjahre hatte sich das Deutsche
vernichten will, wirkt widerlich. Die Schauspie¬
Theater gelegentlich seines hiesigen Gastspieles reiche Ehren mit
ler haben dabei die schwerste Aufgabe; sie sol¬
den vier Einakiern geholt. Auch das Volkstheater verdankt ihnen
len die Zeichnung vervollständigen, zu der bloß
einen seiner glänzendsten Abende in dieser Saison. Am meisten
der Umriß gegeben ist. Das gelingt schwer, ge¬
packte der dritte Einakter „Die letzten Masken“ in dem
lang im zweiten Einakter „Der Frau mit dem
Weisse sich auszeichnete. Das dramatisch bewegte Stück „Die
Frau mit dem Dolche“ und der diskret satirische Akt
Dolche“ auch tatsächlich fast gar nicht, bedauer¬
„Literatur“ schlugen schon deshalb ein, weil man in ihnen
licherweise blieben beide Darsteller in der Traum¬
endlich einmal wieder Adele Sandrock bewundern konnte. Der
bildszente, in welcher Schnitzler die Sprache ganz
erste Einakter „Lebendige Stunden“ hatte infolge der zu
seinen Intimität der beabsichtigten Wirkung einen etwas
herrlich meistert, fast unverständlich. Sehr brav
schwächeren Erfolg, desto stärkeren und nachhaltigeren errangen
wie gesagt die drei anderen. Der Dichter wurde oft und mitlnsive
war der Benefiziant Herr Walter in dem Ein¬
örto.
akter „Die letzten Masken“. Als beste Leistung
steigendem Beifall gerufen.
Tiun Shibar
500
des Abends ist jene des Herrn Felix als herab¬
200.—im Voraus.

" 1000
gekommener Schriftsteller im vierten Stück „Lit¬
Im Gegensatze zu anderen Bureaux für Zeitungsausschnitte ist das
teratur“ zu verzeichnen, ihm war Frl. Köchl
auch steht es den
AAbonnement durch keine bestimmte Zeitdauer begrenzt;
eine tüchtige Partnerin.
Abonnenten frei die aufgegebenen Themen zu ergänzen oder zu ändern.
*
Spielplan des Stadttheaters. Morgen
Der „OBSERVER“ veranstaltet täglich einen Auszug enthaltend die
Inhaltsangabe aller wichtigen Mittheilungen der Wiener Morgen¬
Samstag gelangt zum Benefize der Operetten¬
blätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und „Wiener Zeitung")
sängerin Fräulein Helma Goeth die ebenso
wodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche
melodiöse als lustige Operette „Gasparone“.
Leben des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mit¬
zur Aufführung. Die Hauptrollen sind in Hän¬
theilungen werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
den der Damen Goeth, Schiller, Stra߬
meyer und der Herren Hofer, Mathieu.
Prospecte gratis und fnanco.
Als Benozzo debutiert Herr Max Nekut. Sonn¬
tag Nachmittag 4 Uhr geht als letzte Nachmit¬
tags =Vorstellung die Operettenneuheit „Der
liebe Schatz“ in Szene. Abends halb 8 Uhr
ird die Operetté „Gasparone“ wiederholt.