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16.4. Literatun
bmötigt keine Kommentare. Glissez, n'appuyez pas,
ist das Fundament der feinfühligsten Schauspielkunst,
Niederträchtigleiten, oder von traurigen, verschämten
rnichiade zurückgelullt. Bis endlich
die der Franzosen. Gut in Episodenrollen die Herren
Schwächen der Natur. Die meisten seiner satirischen
als unbeabsichtigtes Witzwort un¬
Gimnig und Frank.
Polizei= und Gerichtsszenen hat Courteline durch selbst
nBurgtheaterbesucher gesagt wurde:
hervorgerufene Kollisionen mit den Hütern der Ordnung
s sich zu keiner Premiere eignet“ für
Der Weg, der von Courteline zu Schnitzler führt, ist viel
veranlaßt. Seine an Till Eulenspiegel erinnernde Lust,
deutsche Bühne zur tiefsinnigsten
ncher als zu Wedekind. Stil=Affinitäten haben jederzeit
Menschen durch Schabernack in Erregung zu versetzen,
Wedekind un Couteline konnte
zuischen Frankreich und Oesterreich bestanden. Die öster¬
hat ihm viele Jahre hindurch zu dem berühmtesten Führer
erst wäre es bei dem „Totentanz“
rechische Gothik, das österreichische Rokoko, hat mehr
der Pariser Bohème gemacht. In den Polizeistuben und
Reigung zur klassizistischen Zügelung französischer als zu
im Gerichtssaal aber war er ein gehaßter und gefürchteter
dir überquellenden Kraft deutscher Maße. Und so ist
spricht aus dem Problem des
Gast. Das schönste, reichste, tiefste Erlebnis, welches
auch die lächelnde, philosophisch ergebene Art, mit welcher
ebe zur Kunst und gleichzeitig Zorn
Courteline aus diesen seinen Streifzügen durch die
Atur Schnitzler Menschen zeichnet, von einer höheren
unüberbrückbare Mißverständnis,
Dschungeln der Großstadt heimbrachte, ist nun die
Gerechtigkeit erfüllt als sie die Satire zu geben vermag
schheit und Kunst und selbst zwischen
tragische Posse „Boubouroche". Sie reicht in der
und zu geben gewillt ist. Satire verlangt heftigste Ein¬
mmmerdar besteht. Daraus wurde die
Kenntnis des menschlichen Herzens an Molière hinan.
setigkeit. Satire verdammt, sie ist ein Totschläger. Bei
che und tot=traurige Satire, welche
Boubouroche ist der rührendste Typus des gütigen,
Schnitzler ebenso wie bei Tristan Bernard und stellenweise
hat. Herr Reimers traf den
liebenden, gläubigen und ewig betrogenen Mannes. In
bei Courteline, ist Licht und Schatten in jedem
ers dort, wo es galt, den Kunst¬
ihm ist die Leidenschaft der Gewohnheit das stärkste
Menschentum gleich verteilt. Sie sind Ironisten,
ensklaven des kontraktlichen hohen C
Gefühl seiner Seele. Und dieser Leidenschaft opfert er
nicht Satiriker. Das macht den besonders feinen
und doch vom Kulissenkitsch über¬
bis auf den letzten Rest der Selbstachtung. So scheint es
wahr werden zu lassen. Wo aber
psychologischen Reiz der kleinen Komödie „Literatur“
vermeint zu sein. Aber mich dünkt, daß ein unendlich
aus, das die Schilderung der Kaffeehausliteraten
t dem Sänger inkarniert und seine
Edleres noch diesen Boubouroche zwingt zu tun, als
auch gleichzeitig verrät, wie ihr Gegenbild, die anti¬
nläßt in bösen, wundenschlagenden
glaube er trotz aller unleugbaren Dinge an Adelens
Künstler nichts von jener heißen
intellektuelle Welt, aussieht. Und daß der Spott des
Treue. Es ist eine Scham in ihm, eines anderen
Fest¬
Dichters ebenso den Snob der Feder als den Snop des
Glut der eisigen
ener
Menschen Niedrigkeit bewußt zu werden, und diesem
Kammersänger in manchem
Rennstalles trifft. Weil Schnitzler niemals als Ankläger
Menschen sein Wissen um ihn zu verraten. Er hat einen
auftritt. Ihm genügt es, Dokumente zu sommeln. Daß
Doppelwesen macht. Zu
solchen Ekel vor der ans Sonnenlicht gezogenen Gemein¬
sich selbst leben zusieht. Herr
Ironie aber auch aus Lachen und Trauer besteht, ist an
heit daß er diese lieber mit seinem armen Herzen zudeckt.
dem Problem der „Literatur“ wohl durchzufühlen. Denn
wenn auch oft durch die Schwäche
Ewiges Erlebnis aller jener, die im Dasein zu den Aus¬
an der Auswirkung seiner Ab¬
im tiefsten Grunde richtet sich die Erkenntnis, daß
gebeuteten zählen und nicht zu den Ausbeutern. So
at als Komponist, der den Tod
Literatur eigentlich Exhibitionismus ist, nicht mur gegen
richtet sich denn auch zum Schluß Boubouroches ganzer
aufgeführt zu werden, es wohl ge¬
die Schriftsteller=Bohème, sondern gegen die Dichtkunst
Zorn statt auf die Verräterin, auf den Menschen, der
es Grotesken gerecht zu sein. Gutes
überhaunt. Wir Alle, so scheint Schnitzler zu sagen, wir
ihm ihren Verrat verriet. Er schlägt diesen Gregor Werle
[Kallina. Damit ist aber auch
leben vom eigenen Erlebnis. Was würde er aber erst
des Faubourg Montmatre, schlägt in ihm alle Zerstörer
dekind schlecht spielte. Der verlangt
über diejenigen zu sagen haben, die immer nur vom
des besten Besitzes der Menschheit, der Lebenslüge!
klerte Energie. Weniger Können als
Erlebnis der Anderen leben müssen? Von uns Armen
Ganz aus dem Herzen muß Boubouroche gespielt
der Kritik?
n aber im Burgtheater zu sehr ge¬
werden. Herr Treßler aber spielt ihn aus dem
ntionellen Technik des Theaterspielens
Die wienerische Halbblutdame lag Fräulein Mar¬
Schmerbauch. Er konstruiert aus dem Kaffeehaus¬
#willigkeit unterzuordnen, deshalb gab
berg nicht. Sie wußte wohl, wie die Rolle zu spielen sei.
Habitué, der unzählige Biere während seiner Kartenpartie
Wedekind mit abgerundeten Ecken.
Aber sie spielte die Baumwollfabrikantin, die Café Maxi¬
hinunterschwemmt, einen an Herzverfettung leidenden
1 eigentlichsten Sinn seiner Wirkung.
milian=Circe, die trunkene Dichterin, die angehende Turf¬
Asthmatiker, der hustet, prustet und mit seinem Fett
beruht, daß man an diesen Ecken sich
batonin, nicht ineinander, sondern nacheinander. Die Mischung
schwappt. Alles dies ist gewiß gut gesehen. Aber das
der Ingredenzien gelang nicht. Und man sah zu genau in
Amüsement solcher physischer Details lenkt sowohl den
— — —
die Werkstatt der Schauspielkunst. Herr Treßler machte
Schauspieler als den Zuschauer von dem feelischen Gehalt
aus dem aristokratischen Lebemann einen Turf=Idioten.
ne ist Wedekinds Gegenspiel. Kein
der Rolle ab. Niemals darf über Boubouroche gelacht
Herr Heine allein wußte, wie immer in Episodenrollen,
tiker; kein Welterschütterer, der seine
werden, ohne daß gleichzeitig innige Wehmut gegen dieses
einen scherfkonturierten Menschentypus uns vorzuleben. —
us seinem Ich ableitet. Er ist als
Lachen streitet.
„Literatur“ verscheuchte die verdrossene Stimmung des
t provocateur. Er schafft Gelegen¬
Auch sonst eine zu bewußte, zu plump gefügte, zu
B. Z.
Blamagen der Menschheit. Er liegt
#
lauert auf den Fang von kostbaren! „unterstrichene“ Aufführung. Der Witz von Courtelin: Hauset.
16.4. Literatun
bmötigt keine Kommentare. Glissez, n'appuyez pas,
ist das Fundament der feinfühligsten Schauspielkunst,
Niederträchtigleiten, oder von traurigen, verschämten
rnichiade zurückgelullt. Bis endlich
die der Franzosen. Gut in Episodenrollen die Herren
Schwächen der Natur. Die meisten seiner satirischen
als unbeabsichtigtes Witzwort un¬
Gimnig und Frank.
Polizei= und Gerichtsszenen hat Courteline durch selbst
nBurgtheaterbesucher gesagt wurde:
hervorgerufene Kollisionen mit den Hütern der Ordnung
s sich zu keiner Premiere eignet“ für
Der Weg, der von Courteline zu Schnitzler führt, ist viel
veranlaßt. Seine an Till Eulenspiegel erinnernde Lust,
deutsche Bühne zur tiefsinnigsten
ncher als zu Wedekind. Stil=Affinitäten haben jederzeit
Menschen durch Schabernack in Erregung zu versetzen,
Wedekind un Couteline konnte
zuischen Frankreich und Oesterreich bestanden. Die öster¬
hat ihm viele Jahre hindurch zu dem berühmtesten Führer
erst wäre es bei dem „Totentanz“
rechische Gothik, das österreichische Rokoko, hat mehr
der Pariser Bohème gemacht. In den Polizeistuben und
Reigung zur klassizistischen Zügelung französischer als zu
im Gerichtssaal aber war er ein gehaßter und gefürchteter
dir überquellenden Kraft deutscher Maße. Und so ist
spricht aus dem Problem des
Gast. Das schönste, reichste, tiefste Erlebnis, welches
auch die lächelnde, philosophisch ergebene Art, mit welcher
ebe zur Kunst und gleichzeitig Zorn
Courteline aus diesen seinen Streifzügen durch die
Atur Schnitzler Menschen zeichnet, von einer höheren
unüberbrückbare Mißverständnis,
Dschungeln der Großstadt heimbrachte, ist nun die
Gerechtigkeit erfüllt als sie die Satire zu geben vermag
schheit und Kunst und selbst zwischen
tragische Posse „Boubouroche". Sie reicht in der
und zu geben gewillt ist. Satire verlangt heftigste Ein¬
mmmerdar besteht. Daraus wurde die
Kenntnis des menschlichen Herzens an Molière hinan.
setigkeit. Satire verdammt, sie ist ein Totschläger. Bei
che und tot=traurige Satire, welche
Boubouroche ist der rührendste Typus des gütigen,
Schnitzler ebenso wie bei Tristan Bernard und stellenweise
hat. Herr Reimers traf den
liebenden, gläubigen und ewig betrogenen Mannes. In
bei Courteline, ist Licht und Schatten in jedem
ers dort, wo es galt, den Kunst¬
ihm ist die Leidenschaft der Gewohnheit das stärkste
Menschentum gleich verteilt. Sie sind Ironisten,
ensklaven des kontraktlichen hohen C
Gefühl seiner Seele. Und dieser Leidenschaft opfert er
nicht Satiriker. Das macht den besonders feinen
und doch vom Kulissenkitsch über¬
bis auf den letzten Rest der Selbstachtung. So scheint es
wahr werden zu lassen. Wo aber
psychologischen Reiz der kleinen Komödie „Literatur“
vermeint zu sein. Aber mich dünkt, daß ein unendlich
aus, das die Schilderung der Kaffeehausliteraten
t dem Sänger inkarniert und seine
Edleres noch diesen Boubouroche zwingt zu tun, als
auch gleichzeitig verrät, wie ihr Gegenbild, die anti¬
nläßt in bösen, wundenschlagenden
glaube er trotz aller unleugbaren Dinge an Adelens
Künstler nichts von jener heißen
intellektuelle Welt, aussieht. Und daß der Spott des
Treue. Es ist eine Scham in ihm, eines anderen
Fest¬
Dichters ebenso den Snob der Feder als den Snop des
Glut der eisigen
ener
Menschen Niedrigkeit bewußt zu werden, und diesem
Kammersänger in manchem
Rennstalles trifft. Weil Schnitzler niemals als Ankläger
Menschen sein Wissen um ihn zu verraten. Er hat einen
auftritt. Ihm genügt es, Dokumente zu sommeln. Daß
Doppelwesen macht. Zu
solchen Ekel vor der ans Sonnenlicht gezogenen Gemein¬
sich selbst leben zusieht. Herr
Ironie aber auch aus Lachen und Trauer besteht, ist an
heit daß er diese lieber mit seinem armen Herzen zudeckt.
dem Problem der „Literatur“ wohl durchzufühlen. Denn
wenn auch oft durch die Schwäche
Ewiges Erlebnis aller jener, die im Dasein zu den Aus¬
an der Auswirkung seiner Ab¬
im tiefsten Grunde richtet sich die Erkenntnis, daß
gebeuteten zählen und nicht zu den Ausbeutern. So
at als Komponist, der den Tod
Literatur eigentlich Exhibitionismus ist, nicht mur gegen
richtet sich denn auch zum Schluß Boubouroches ganzer
aufgeführt zu werden, es wohl ge¬
die Schriftsteller=Bohème, sondern gegen die Dichtkunst
Zorn statt auf die Verräterin, auf den Menschen, der
es Grotesken gerecht zu sein. Gutes
überhaunt. Wir Alle, so scheint Schnitzler zu sagen, wir
ihm ihren Verrat verriet. Er schlägt diesen Gregor Werle
[Kallina. Damit ist aber auch
leben vom eigenen Erlebnis. Was würde er aber erst
des Faubourg Montmatre, schlägt in ihm alle Zerstörer
dekind schlecht spielte. Der verlangt
über diejenigen zu sagen haben, die immer nur vom
des besten Besitzes der Menschheit, der Lebenslüge!
klerte Energie. Weniger Können als
Erlebnis der Anderen leben müssen? Von uns Armen
Ganz aus dem Herzen muß Boubouroche gespielt
der Kritik?
n aber im Burgtheater zu sehr ge¬
werden. Herr Treßler aber spielt ihn aus dem
ntionellen Technik des Theaterspielens
Die wienerische Halbblutdame lag Fräulein Mar¬
Schmerbauch. Er konstruiert aus dem Kaffeehaus¬
#willigkeit unterzuordnen, deshalb gab
berg nicht. Sie wußte wohl, wie die Rolle zu spielen sei.
Habitué, der unzählige Biere während seiner Kartenpartie
Wedekind mit abgerundeten Ecken.
Aber sie spielte die Baumwollfabrikantin, die Café Maxi¬
hinunterschwemmt, einen an Herzverfettung leidenden
1 eigentlichsten Sinn seiner Wirkung.
milian=Circe, die trunkene Dichterin, die angehende Turf¬
Asthmatiker, der hustet, prustet und mit seinem Fett
beruht, daß man an diesen Ecken sich
batonin, nicht ineinander, sondern nacheinander. Die Mischung
schwappt. Alles dies ist gewiß gut gesehen. Aber das
der Ingredenzien gelang nicht. Und man sah zu genau in
Amüsement solcher physischer Details lenkt sowohl den
— — —
die Werkstatt der Schauspielkunst. Herr Treßler machte
Schauspieler als den Zuschauer von dem feelischen Gehalt
aus dem aristokratischen Lebemann einen Turf=Idioten.
ne ist Wedekinds Gegenspiel. Kein
der Rolle ab. Niemals darf über Boubouroche gelacht
Herr Heine allein wußte, wie immer in Episodenrollen,
tiker; kein Welterschütterer, der seine
werden, ohne daß gleichzeitig innige Wehmut gegen dieses
einen scherfkonturierten Menschentypus uns vorzuleben. —
us seinem Ich ableitet. Er ist als
Lachen streitet.
„Literatur“ verscheuchte die verdrossene Stimmung des
t provocateur. Er schafft Gelegen¬
Auch sonst eine zu bewußte, zu plump gefügte, zu
B. Z.
Blamagen der Menschheit. Er liegt
#
lauert auf den Fang von kostbaren! „unterstrichene“ Aufführung. Der Witz von Courtelin: Hauset.