II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 39

Vertretungen in Berlin, Chirago. Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus: Cetaenisens Kurdschau
„X 4 0½ 7400
— Direktor Schlenther hat auf##en von
#llus gestern glossirten Protest der Herren Bahr
David Hirschfeld, Salten und Speidel
in einer öffentlichen Erklärung und — es geschehen
noch Zeichen und Wunder! — à lempo geantwortet.
Freilich überaus vorsichtig, höflich und gewunden.
Allein wir fürchten, seine Höflichkeit und Vorsichtigkeit
werden ihm nichts nützen: die Herren Protesler
werden jetzt erst recht Gift und Galle gegen ihn
speien, denn die zart umschriebenen Thatsachen, die
aus seiner Erklärung hervorgehen, lassen sie als
Blamirte, als Entlarvte erscheinen denen die
erbärmlichsten Mittel der Fälschung und Verdrehung
gerade gut genug waren, um den friedfertigsten
Für 50 Zeit
aller Wiener Burgtheaterdirektoren als Wortbrüchigen
100
und Schädiger der Wiener Literatur zu stigmatisiren,
ve
200
nur weil er bei all' seiner steten Furcht vor dem jüdi¬
500
schen Literatenringe ein einzigesmal nicht feige, geu¬g
„ 1000
war, im Burgtheater ein aus diesem Ringe hervor=s
lm Ge, gegangenes Stück aufführen zu lassen, von dem seiner das
Abonnement d.
Ueberzeugung nach kein Erfolg zu erhoffen war. Dieser den
Abonnenten fre Protest der sechs Wiener Kritiker und die Antwort
Schlenther's, sie bilden zwei werthvolle Beiträge zur
Der „01 Geschichte vom Niedergange des Burgtheaters; es die
Inhaltsangabe sind zwei Dokumente, die wie ein Blitz in einen dunklen en¬
blütter (T
Abgrund hineinleuchten.
Dort der schleichende ng“)
wodurch eine 1
Terrorismus einer jüdischen Kltque,
des In- und
die die sben
Gönnermaske aufsetzt und für die Interessen agen
werden in Wie
des Wiener Schriftstellerstandes einzutreten heuchelt,
hier die personifizirte Judenfurcht, die es rathlos von
einem Tag auf den anderen hinausschiebt, einem
Schnitzler die Wahrheit zu sagen, daß sein Stück für
das Burgtheater untanglich ist. Man mag die Er¬
klärung Schlenther's mit den Augen des Anhängers
oder Gegners lesen, man mag sich heimlich freuen,
den guten Paul in der Zwickmuhle der sechs Protestler
hilflos zappeln zu sehen, Eines aber geht aus seiner
gewundenen Erwiderung unzweifelhaft hervor, daß
das Stück Schnitzler's zur Aufführung im Burg¬
theater niemals angenommen und daß es erst ab¬
gelehnt worden ist, als der Mann mit der schönen
Stirnlocke eine Bedingung stellte, die Paulchen nicht
erfüllen konnte. Und noch Eines: Der ganze Protest
entpuppt sich als ein wohlberechnetes Parteipamphlet,
das
seine tückischen Waffen aus einem uner¬
hört taktlosen Mißbrauch mit einem vertraulichen
Schreiben Schlenther's an Schnitzler holt. Und so
schrumpft denn die ganze Schuld Schleuther's in der
„Affaire Schnitzler“ zu der einen einzigen That¬
sache zusammen, daß er nicht den Muth hatte, das
Stück Schnitzler's offen und ehrlich abzulehnen, und
daß er ein halbes Jahr lang auf eine günstige äußere
Veranlassung zu einer endgiltigen Entscheidung ge¬
wartet hatte. Man greift sich unwillkürlich an den¬
Kopf: Und darum Zeter und Mordio? Direktr¬
Schlenther ist eben ein Pechvogel. Man erinnert sch
vielleicht, daß vor mehr als einem halben Jahrhundert
ein hoffnungsvoller Jüngling im Burgtheater ein Stück¬
eingereicht hatte, das den Titel „Die Zauberin am¬
Stein“ führte. Und dieser hoffnungsvolle Jüngling
war ein vergrämter, verbitterter Greis geworden, als
die „Zauberin am Stein“ ihre erste Aufführung im Burg¬
theater erlebte. Franz Nis
i war ein bescheidener¬
deutscher Dichter; er hatte keine jüdischen Kritiker zu
Freunden, die Proteste erhoben. Damals hatte es hilt.
so ein Burgtheaterdirektor noch gut; er konnte die
größten Talente verkümmern und verhungern lassen,
ohne daß es irgend einem Kritiker eingefallen ware,
ihm darum ein Haar zu krümmen. Lehnt er heute,
nach einem halben Jahr Bedenkzeit, das Stück eines
Stirnlockenmannes ab, dann ist gleich die ganze jüdi¬
sche Kaffeehausmente hinter ihm her und hetzt ihm zu
Tode. Die Zeiten haben sich gründlich geändert und
mit ihnen auch die Verhältnisse. In diese neue Zeit
und ihre veränderten Verhältnisse als Direktor des
Burgtheaters hingestellt worden zu sein, das ist das
grenzenlose Pech d es guten Schlenther's, der e
Niemandem, aber auch gar Niemandem recht machen
kann. Wie sagt doch Goethe? „Wer Pech hat, stolper
im Grase — fällt auf den Rücken und bricht sich dis
Nase
0—
—Terd
Telefon 12801.
Aley.,Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnltt

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aresee Zeltung
Ausschnitt aus:
so /./9 7000
Tagesnenigkeiten.
Wien, 1 September.
Zwischen zwei Sonntagen.
Der Schleier.
Was rennt und suchtelt im Wahncafé?
Erregt so der Tod des Nietzsche?
Ach nein! sie mauscheln voll Zorn und Weh
Vom Schleier der Beatrice.
Herr Felix Salten schrie mit im Chor,
Für 5
Der Mann, der im Dichterleben

20
Zuerst das Salz aus dem Namen verlor
Und dann auch den Geist aufgegeben.
„ 100
Herr Bauer rief und wiegte sein Haupt
Das ist oben platt, unten spitzer —
Abonnen
Abonnen
„Der Schlendrian Schlenthers ist unerlaubt!
Fall Schnitzler ist Schlenthers Schnitzer.“
Es rief der schöngelockte Bahr,
Inhalts
blütt
Der Priester verschrobenster Venus:
wodurch
„Den Schleier zu nehmen wär' einzig rar,
des In¬
Für einen von meinem Genus.“
werden
„Sie schickten an Schnitzler sein Stück zurück,“
Schrieb Lothar an Schlenther, „Sie Schlimmer!
Das war, Herr Director, ein Wagestück,
Gar leicht geht die Wage in Trümmer.“
Und David und Speidel spien gar sehr,
Die Nullen all' ohne Zahlen:
Da ist der Schleier der Maja auf Ehr'
Vom Auge des Dümmsten gefallen.