II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 152

Inhaltsang
blütter
wodurch ein
des In- ur
werden in
eeene
über dem von seinem Freunde Brahm mit so
glänzenden Erfolgen geletteten Deutschen Theater
enthaltend die
bekundet haben, ist gestern endlich im Breslauer
er Morgen¬
Lobetheater zum ersten Male in Seene ge¬
Fiener Zeitung“)
gangen. Jede Wirkung hat ihre Ursache, und #haftliche Leben
wenn eine Schnitzleische Première sich nicht in
eMittheilungen
Wien oder Berlin, son ern in Breslau abspielt,
abspielen muß, so müssen hierfür Gründe vor¬
handen sein, die nicht nur in äußerlichen Zutällig¬,
keiten und persönlichen Verstimmungen, vielmehr!
auch in der Dichtung selbst zu suchen sind.
Schnitzler wollte in seinem neuesten Schauspiel
hoch, seyr hoch hinaus. Er hat sein eigenstes
Gebiet, das moderne Lehen, verlassen und seine
Phantasie hinschweifen lassen zu einer bedeutsamen
Epoche der Vergangenheit, zu jenen Zeiten, da die
mit Gewalt gepaarte Macht eines Cesar Borgia
alles in Schrecken hiett.
Cesar Borgia ante portas, so könt es angstvol
in Bologna. Für die Sta## voll Lebensinst un
Liebesfreude scheinen die setzten Tage zu nahen
und wie jetzt, da mit dem gewalthätigen
Eraberer der Tod seinen Einzug halten dürfte.
nockeinmgl alle Lebensfrende und Liebeslust in
Tollheit und Trägik zum Ausbruch kommt, das
dramatisch und psychologisch zu gestälten, ichen
dem Dichter vorgeschwebt zu haben. Und er hat
hierzu eine Handlung ersonnen, die in ihrer Ver¬
Telefon 12801.
worrenheit und Zerstücklung nur schwer die Vor¬
gänge im Drama und die Absicht des Dichters
erkennen läßt.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Im Mittelpunkt steht der Dichter Filippo Loschi.
Ausschultt
Er ist der Verlobte einer edien Bologneserin, aber
in der Stunde ihrer höchsten Noth verläßt er sie,
„OBSERVER Nr. 30
um sich ganz dem Zauber hinzugeben, der 'von
der 16 jährigen Beatrice Nardi ausgeht. Ihret¬
J. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
wegen entsagt er
allem, der Freundschaft,
der Ehre, der Liebe und der Treue, allein in
dem
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Moment, da
seine Empfindungen für
Beatrire am stürmischsten malten, entsagt er
- Filiale in Budapest: „Figyeló“ —
auch ihr, weil sie ihm von einem Traume erzählt,
in dem sie sich in den Armen Lionardo Benti¬
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
voglios, des Herzogs von Bologna, sah. Der
Traum wirh zur Wirllichkeit. In der letzten
Nacht vor seinem Untergange, ver dem
Ausschnitt aus: Neues wiener Tagblatt
Untergange seiner Stadt, für die er kämpfen und
sterben will, soll das schönste Mädchen Bolognas
sein eigen sein. Er sieht Beatrice, er sieht sie in
dem Augenblicke, da sie, um ihre Herzensluhe und
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vom
ihr Gleichgewicht wieder zu gewinnen, auf Bitten
ihres braven, jungen Bruders dem ehrsamen
44.
Vittorino die Hand fürs Leben reichen will. Der
Herzog ist hingerissen von ihrer Schönheit, und
entgegen dem Willen ihrer Freunde — ver¬
* Aus Breslau wird uns telegraphit: Im Lobe¬
mählt er sich mit Beatrice, der Tochter einer Mutter,
Theater wurde heute Schnitzler's „Der Schleier der
die der Schande sich preisgegeben hat. Da kommt
die Sehnsucht über sie, und in der Nacht, in der sie dem
Beatrice“ mit ungewöhnlich starker und tiefer Wirkung
Herzog als seine Gemahlin zu eigen sein soll, schleicht
gegeben. Als die selisame Veatrice, die zyerst die Geliebte
zu Filippo, noch einmal will sie im Glück
eines Dichters, dann die Braut eines Jünglings und in
seiner Liebe leben und dann sterben. aber, als es
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derselben Nacht noch die Gemalin des stolzen Herzogs von
zum Sterben kommt, übersällt sie die Furcht. Der
Bologna ist, auch diesen betrügt, durch einen ver¬
Dichter nimmt den Giftbecher, und von der Leiche
s###icht sie zurück ins Herzogsschloß. —
gessenen Schleier verrathen wird und mit dem Leben
Ihr
Schleier, ein kostbares Geschenk des fürstlichen
büßen muß, hatte Fräulein Konrad einen schlichten und
Liebhabers, fehlt, und das ist ihr Verderben;
herzlichen Ton, ohne freilich das Wesen dieser aus Unschuld
sie will und kann nicht verrathen, wo sie den
und Begierde bethörend vermischien und grauenhaft lockenden
Schfeier gelassen habe, doch, da ihr der Herzog
verspricht, daß ihr völlige Vergebung werden solle,
Gestalt zu treffen. Auch gelang es der Regie nicht, die
wenn sie ihn, ihn ganz allein zu der Stätte führen
Stimmung unheimlicher Angst in der schon rings von
würde, an der sie den Schleiee verloren
Für
50 Cesare Borgia umstellten Stadt und nervöser Wollust am inclusive
habe, da geht sie mit ihm zum Heim des Dichters.
100 Hofe zu treffen. Trotzdem bezwang das merkwürdige Werk, Porto.
Hier will der Herzog die erste und die letzte
200 Hohl Schnitzter's reisste und reichste Dichtung, mit von Act Zahlbar
Liebesnacht mit seinem Weib verleben, da emtdeckt
500 zu Act wachsender Gewalt. Schnitzler wurde stürmisch ge¬ im Voraus.
er die Leiche des Dichters. Ein Grausen und Ekel
„ 1000
überfällt ihn, er wendet sich ab von Beatrice, der
rufen und mußte vom dritten Act ab immer wiedersite ist d#
ihr eigener Bruder den Dolch ins Herz stößt. Der
Im erscheinen. Director Bukovics wohnte der Vorstellung bei.hteht es de
Abonnemene aufen —
Herzog vergiebt den Todien, die da starben, weil
Abonnenten frei die aufgegebenen Themen zu erganzen ouer-zusandern.
sie liebten. — Am Schlusse der Dichtung besinnt
sich Schnitzler auf sein Leitmotiv; der Herzog
zieht hinaus in den Kampf, in den Tod. er geht
Der „OBSERVER“ veranstaltet täglich einen Auszug enthaltend d
„von allen Abenteuern, die im Dunkel warten,
Inhaltsangabe aller wichtigen Mittheilungen der Wiener Morge
dem neuesten und gewaltigsten entgegen, denn das
blätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und Wiener Zeitung
Leben macht nicht die Zeit, sondern die Fülle aus“.
wodlurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche Lebe
des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mittheilung
Was Schnitzlers frühere Dramen in so hervor¬
werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
ragender Weise auszeichnet und werthvoll macht.
die Klarheit der Vorgänge und Charaktere, die
Prospecte gratis und franco.
straffe Construction der Handlung fehlt seinem
neuen Schauspiel gänzlich. Und doch. bei all' seinen
großen Schwächen, hebt dieses Schauspiel den
Autor auf ein höheres Niveau, denn die biühende
und gedankenvolle Sprache, die prächtigen, lebens¬
vollen Schilderungen und Episoden, in denen sich
der Geist des Lebensgenusses der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts widerspiegelt, die kühne Phan¬
tasie, die hier aufsteigt, zeigen die poctischen
Gaben Schnitzlers, der im „Schleier der Beatrice“
mehr Dichter als Dramatiker ist.