II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 162

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14: Der Schleier der Beatrice
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1 4000.
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jie sich zu entlasten. Aber er gelingt ihr nicht, zumal der kostbare nicht Fräulein Wendt
Schleier, die Brautgabe des Herzogs, ihr fehlt, den sie bei dem Todten deren ernsteren Rollen
hte
Temperament
zurückgelassen. Der Herzog verspricht ihr Verzeihung, wenn sie ihn
iun
hätte sie meh
an den Ort führt, wo sie ihn verlor, im anderen Falle Schande und
Lobe=Theater.
matischen Es
Tod. Und die Angst, sterben zu müssen, siegt über das Grauen. Sie
1. December. „Der Schleier der Beatricc“. Schau¬
Aus der
führt ihren Gemahl in Filippos Haus, in der Hoffnung, daß er im
die der Herr
spiel in 5 Acten von Arthur Schnitzler.
Dunkel der Nacht die Leiche nicht jehe, die dort unter einem Vorhang
Das war ein interessanter Premieren=Abend gestern, zu dem sich
Marr, Ich
verborgen liegt. Sie rafft den Schleier auf und fleht ihn an, nun
ganz Breslau eingefunden, ein Abend, an dem die Meinungen auf¬
wähnen; von d
eilends diese Stätte zu verlassen. Aber der Herzog will nicht gehen
einanderplatzten, sich begegneten und wieder abstießen, ein Erfolg und
werden, denn F##
Just, dieser Ort dünkt ihm der rechte, die Brautnacht mit Beatrice
Beide nicht. Die bi
eine Niederlage, ein Beifallsbrausen und ein Zischen, vereint wie
hier zu verleben. Mit einem Schrei des Entsetzens sinkt diese zu¬
Atmosphäre von Wollus
selten bei einer Première.
Das Stück, das, wie wir vorhinein bemerken wollen, eines großen sammen. Da stößt des Herzogs Fuß an einen Körper, und in der
geweht, ist es wohl in
Dichters Geist verräth, wenn es auch unserem Geschmack nicht allzu¬ Meinung, daß er hier den schlafenden Buhlen des Mädchens vor sich
entfesselte. Sodann such
sehr entspricht, ist aber auch wie kein anderes dazu angethan, die habe, überhäuft er den Todten mit Schmähungen. Erst als er ihn
in dieser mit kühnen St
emporrichten will, sieht er was geschehen. Voll Grauen wendete er
Für
einer harmonischen klar
Meinungen zu entfesseln. In eine Atmosphäre von Gluth und Leiden¬
sich ab und Beatricen zu! Der starb um Dich? Und den verriethest
schaft, in eine förmliche Wolke von Wollust ist es gehüllt, und unter
Du? Und mich um ihn? Und wiederum ihn um mich? Was bist Tragischen was geschieht
tüg
dem lachenden Himmel Italiens, zur Zeit der Hochrenaissance, da
In für ein Wesen, Beatrice? Doch als er das zitternde Mädchen will uns nicht ge
man nur der eigenen Individualität lebend, nicht nach Sitte und
länger betrachtet, geht ihm das Verständniß für ihr Wesen auf, aller Handlungen,

Die Folge davon ist
hiecht fragend, nur dem Augenblicke huldigt, entwickelt es seine Hand¬
Warst Du nicht nur ein Kind, das mit der Krone spielte, weil
Effecte, an denen das S
lung. Es ist die Nacht, wo die Niederlage Bolognas durch die
sie glänzte. Mit eines Dichters Seel', weil sic voll Räthsel, mit eines!
Verse, die eines Arthur
Abonm Schaaren Cesare Vorgias fast sicher ist. Jeder geizt in dieser letzten
Jünglings Herzen, weil Dirs geschenkt war. So nannten wir Dein
Abonm Nacht noch mit dem Leben, will genießen, was noch zu genießen ist,
Thun Betrug und Frevel, und — Du warst ein Kind!
Dieser hat einer
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außerdem feiert man die Hochzeit des Herzogs.
Die Höflinge und das Volk wollen den Tod Beatricens, den diese
Augenblickswallung zufolge seine Hand einem einfachen Bürgers¬
nunmehr selbst ersehnt. Einen Dolchstoß,“ bittet sie, „thut's guter
kind gereicht, der jungen, wunderschönen Beatrice. Er ist ihr begegnet,
Herr!“ Dieser aber will sie begnadigen. Da übernimmt der Bruder
Inhalt als sie mit ihrem Verlobten zur Kirche ging, sich ihm noch vor dem
des Mädchens das Rächeramt, und von einem Dolchstoß durchbohrt
blüt! Hampf antrauen zu lassen, und hingerissen von ihrer Schönheit bietet
sinkt Veatrice an der Leiche Filippos zusammen.
wodure er ihr seine Liebe an. Aber Beatrice ist klug und ehrgeizig: „Die
Nur eine große Bühne mit einem reichhaltigen Personal kann
des In
Schwelle Eures Schlosses betrete ich nur als Herzogin“. Und siehe diese Aufgabe bewältigen. Das Stück in seiner gluthvollen Leiden¬
werden da, das Wunder geschieht. Der Herzog, von ihrer Kühnheit und ihrem Ischaft, seinem echt italienischen Rahmen. stellt ungeheure Anforderun¬
Liebreiz bestochen, erhebt sie zu seiner Gemahlin. Beatrice aber, in
gen an die Regie, die Herr Runge leitete; daß da hinein Manches
einer Umgebung von Laster und Schlechtigkeit groß geworden, be¬
nicht paßte, ist wohl natürlich, zumal unsere deutsche Art ebensowenig
trügt den Herzog, denn sie liebt einen Anderen, den jungen und
französischen Esprit wie südländische Gluth vollendet entfalten kann.]
schönen Dichter Filippo, der sie am selben Tage von seiner Schwelle
Allerdings ließ uns Herr Lettinger in der Rolle des Dichters
gewiesen, weil sie ihm einen Traum erzählt, welcher nach seiner Mei¬
Filippo dies vergessen. Er entfaltete ein solches Feuer, eine so hohe
nung das Unreine ihres Empfindens offenbart. Sie hat darauf dem
dramatische Kraft, daß da nichts zu wünschen übrig blieb; auch Herr
Drängen ihres Bruder nachgegeben und Vittorino erhört, um wieder
[Jessen wurde seiner Rolle als Herzon völlig gerecht, so daß man
diesen um des Herzogs willen zu verlassen. Vittorino erdolcht sich
von diesen beiden Rollen als den Glanzleistungen des Abends sprechen
auf der Schwelle ihres Hauses, Beatrice aber schreitet stolz zur Trau=kann.
ung. Beim Hochzeitsmahl im Schloß überkommt sie plötzlich die heiße
Leider aber war die Besetzung der Hauptrolle durch Fräulein!
Sehnsucht nach dem Geliebten. Heimlich entweicht sie und eilt in sein
Conrad eine so unglückliche, daß alle Kunst ihres Partners es nicht
Haus. Ich komme mit Dir zu sterben“, sagt sie und sinkt ihm zu
vermochte den Schaden wieder gut zu machen. Sie brachte uns den
Charakter dieser holdseligen kindlichen Sünderin, die weit mehr aus
Füßen. Doch auch hier spielt sie nur mit dem Gedanken des Toves.
denn als Filippo ihr angeblich in einem Becher Wein den Todestrank
Unverstand, denn aus Bosheit sündigt, aber auch gar nicht näher.
machte ihn nicht ein bischen verständlich und wirkte in ihren dramati¬
gereicht, ohne es ihr vorher zu sagen, will sie verzweiflungsvoll ins
schen Seenen durch Haltung und Temveramente leider ebensowenig.
Leben zurück. Verächtlich läßt sie Filivos gehen, während er selbst
den wirklichen Todesbecher leert. Entsetzt flieht sie von seiner Leiche,] Gewitz war hier die Wahl schwer, denn für Kräulein Jurberg ist ein
zurück ins Herzogsschloß, hoffend, daß Niemand ihre Schuld ahne.! Ersatz nicht gefunden und Främein Illing welche sie spielen könnte,
Man hat aber ihre Abwesenheit bemerkt, durch ein Lügengewebe sucht ist zu reif für dieses kindliche Geschäuf. Aber warum gab man siel