II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 310

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14. Der Schleiender Beatrice
Nachdruc verboten.
spielt sich die Liebestragödie des Stückes ab. Ein Fieber zuckt sie von einem süßen Traun
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in der Bevölkerung, die das Leben noch einmal voll genießen sie sich als Geliebte, als
Deutsches Theater.
will, da sie es vielleicht in wenigen Stunden preisgeben muß. Filippo sieht in diesem Bek
Die Sehnsucht nach einer großen Kunst, die hoch¬
Diese Stimmung soll uns selbst Unverständliches begreiflich der aus der Tiefe ihrer
gestimmte Menschen und starke Leidenschaften darstellen will,
machen mit dem wilden Wogenschlag von Leidenschaften, die1 Mädchen empört zurück, fü
spricht sich in unserer dramatischen Literatur immer lebhafter
ihre Opfer unvermuthet mit sich fortreißen. Neben der Ver¬
Beatrice den Dichter im Le
aus. Sie erfaßte Arthur Schnitzler bereits vor feinerung der Kunst, die Dichtern, Malern und Musikern zu
sie doch an den Tod, der sie
mehreren Jahren und veranlaßte ihn, zunächst in einaktigen höchstem Ansehen verhilft, herrscht der Eigenwille des Herzogs,
sie langsam seinen Blicken
Stücken, den Kreis seiner Wiener Lebensanschauung, den er
der für jede Begierde Erfüllung fordert und dem die ge¬
Zur Verwunderung A
in „Liebelei“ so glücklich ausgefüllt hatte, durch das Studium
schmeidigen Hofleute wie Sklaven gehorchen. Reich bis zum
wirklich in Erfüllung. D
vergangener Kulturen zu erweitern. Wie Maeterlinck und
Ueberladenen baut sich dies Stoffgebiet vor den Augen des
der Straße und, von der
D'Annunzio vertiefte er sich in das Wesen der italienischen
Dichters auf. Ein jäher Blitz durchzuckt diese im Innersten der Stadt seine Gunst zuz#
Renaissance und gewann daraus den Stoff zu seinem fünf¬
aufgeregte Welt und ruft Erstaunen und Schreck hervor, bis
den Palast zu folgen. Er
aktigen Schauspiel „Der Schleier der Beatrice“.
Gift und Dolch das Strafgericht vollziehen, während beim
seinen Reisen zurückgekehrt
In Wien bemühte man sich, diese Dichtung im Keim zu er¬
Morgengrauen die Schwerter erbitterter Gegner gegen ein¬
soll ihr gehören, wenn sie
sticken, denn das dortige Burgtheater, das sofort die Hand auf
ander gezogen werden.
fühlt, daß er aus ihren Ar
das Stück gelegt hatte, weigerte sich nachher, es zur Dar¬
In den Mittelpunkt der Handlung stellt Schnitzler ein
erwachen werde Den Elt#
stellung zu bringen. Nun ist es bei uns im Deutschen
junges, verführerisches Weib, Beatrice, die Tochter eines
Haus und Garten schenken
Theater in Scene gegangen und mit voller Würdigung der
Wappenschneiders, den der Gram über die Untreue seines
befördern und sie selbst sol
entschiedenen und aufwärts strebenden Begabung des Autors
Weibes in Schwachsinn verfallen ließ. Das von der Mutter
und Perlen geschmückt werd
ausgenommen worden. Den weichen Wienerischen Zug seines
ererbte Blut will sich in einem Temperament austoben, das seines Landes und sogar kei
Wesens hat Schnitzler darin überraschend überwunden, die
schnell entflammt, sich jedem ersten Eindruck sofort hingiebt! Das Mädchen sieht den Fü
Charakteristik seiner Personen scharf angelegt und ihre Em¬
und sinnverwirrend wirkt, ohne ein Bewußtsein über die
dem Aufruhr, der sich seine
pfindungen so unmittelbar auf einander prallen lassen, daß
unheilvolle Kraft zu besitzen, die von ihr ausströmt. Beatrice
daß sie sich mittlerweile ei
ein Schein von echter tragischer Gluth darauf fällt. Ort und
ist mit sechzehn Jahren fast noch ein Kind, das mit den Leiden¬
hatte, und ahnt nicht, daß
Zeit, die sein Werk bestimmen, stehen lebendig vor uns. Wir schaften Anderer wie mit einem Spielzeug umgeht. Während
Hand an sich legen werde.
befinden uns an dem Abhang des Apennin, in dem durch
sie ganz von einem Gefühl durchdrungen zu sein scheint, das
Versprechungen, die lockend
Intelligenz und Reichthum ausgezeichneten Bologna, wo wir höchstes Glück verheißt, wendet sich ihre Empfindung schon
sondern verlangt mit schlich
die Renaissance in ihrer ganzen Entwickelung beobachten einem anderen Ziel zu, das dem vorigen völlig entgegen= daß der Herzog sie zu seinel
können, „La grassa“: die „fette“, heißt die Stadt wegen der gesetzt ist. Ein zerbrochener Fächer erpreßt ihr dieselben in seinen Palast folge. Mit
Fruchtbarkeit der Ebene, aus der sie ihre Kirchen und Paläste
Thränen, wie der Gedanke an Trennung und Tod. Der Gedanke von dem Gefolge
im Glanz der südlichen Sonne emporschimmern läßt, während
Zauber einer Fürstenkrone beherrscht sie in derselben Stunde,
willigt auch in das Unerhö
die Bewohner sich im Schatten der Bogengänge aufhalten,
in der sie das Herz eines verlorenen Geliebten wiedererobern
einer Stunde mit Beatrice
die fast überall die Straßen einfassen.
will. Ihr Wille dreht und wendet sich je nach der Stärke des
Hochzeitsjubels mag sich in
Nach Bologna streckt zu Anfang des sechzehnten Jahr¬
letzten Eindrucks, von dem sie berührt wird. Was Anderen
ergehen und sein Gartend
hunderts, wohin uns der Antor versetzt, die römische
surchtbarer Ernst ist, wird ihr zu bunten Blumen, die sie
Die Motive, die in
Eroberungslust die Arme aus, um mit der ganzen Romagna
lächelnd betrachtet, dann zerpflückt und mit anderen ver¬
fangen sich von jetzt an zu ver
auch diesen Ort zu erdrücken. Die Schaaren Cesare Borgias
tauscht. Filippo, der Dichter, erscheint ihr mit seinem Ruhm
zu Liebe eine Braut im St
lagern versteckt vor den Thoren der Stadt, besetzen die Land¬
und seiner Liebe wie ein Wesen höherer Art. Erst bei seinem
Bruder mit Rache bedroht
straßen und sind im Begriff, sich auf die Bewohner zu stürzen.
Anblick versteht sie die Menschen, die ihr bisher nur als
lorene in leicht zu stillender
In der Nacht vor dem Entscheidungskampf, während Alles in [Puppen erschienen waren. Sie ist bereit, mit ihm Eltern dabei, was am Hofe des &#
Waffen starrt, um alsbald dem Tod ins Antlitz zu blicken, lund Familie für immer zu verlassen. Aber zugleich sprichtl des Fürsten Gemahlin! B#