II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 324

box 20/4
14. Der Schleien der Beatrice
anee
würt
der
S



ersten Blick auf die Straßenkulisse der Bühne, auf Galanen zweier Florentinischer Kurtisanen, die ihn hör

Theater und Musik.
die bewegten Händel des Volkes, das sie belebt,
gleich darauf besuchen und von den beiden Mädchen
schwi
und auf die Aufzüge vornehmer Potentaten, denen
sehr unsanft verabschiedet werden, als diese den Reich¬
ihren
Alf. A. Das Deutsche Theater machte am
Fackelträger freie Bahn durch die Menge verschaffen,
tum Filippos wittern und sich von seiner Gunst mehr
einig
*Sonnabend den Persuch, Arthur Schnitzlers viel¬
wohl gar wähnen könnte, mitten in dem Verona
versprechen. Der Dichter nimmt die Mädchen zu
umstrittenes=LSchauspiel „Der Schleier der
des liebetrunkenen Romeo zu sein. Aber schon eine
sich, und sie setzen sich lachend an den voll¬
Brau
Beatrice“ als vallkräftiges Bühnenwerk zu legiti¬
oberflächliche Bekanntschaft mit dem Werke selbst
besetzten Tisch, an dem er mit Beatrice sveisen
site in
mieren, aber alls dis Sorgfalt der wochenlangen
läßt sehr schnell erkennen, daß die äußere Schale
wollte. Auch im zweiten Akt weilen sie noch bei
ihr 5
Vorbereitung, äller Fleiß der ungezählten Proben
der Form nur erborgter Schein ist, der Inhalt aber
ihm, bis er plötzlich die Nachricht von Beatricens
die
erwies sich in der Erstaufführung als vergeblich auf¬
nichts bietet, als das geschraubte, unwahre, auf
bevorstehender Vermählung erhält. Das Mädchen,
zu ein
gewendete Mühe, und so gab das Resultat schlie߬
Steizen gesetzte ausgetiftelte Machwerk eines Schrift¬
das ihn zu lieben vorgab, hat sich plötzlich auf
ihn b
lich der Leitung des Burgtheaters recht, die die An¬
stellers, der zwar in längerer Praxis genug Bühnen¬
Drängen ihrer Eltern zur Heirat mit einem braven
verlon
nahme des Stückes nach näherer Prüfung seinerzeit
kenntnis erworben hat, um auf der Szene
guten Jungen Vittorino, einem Werkgesellen ihres
Filin
wieder rückgängig gemacht und sich damit manchen
nicht ganz zu straucheln, aber doch nicht entfernt
Vaters, entschlossen. Da kreuzt in abendlicher Stunde
Gench
Angriff aus dem Lager des Verfassers zugezogen
die Kraft, den Reichtum und den Schwung idealer
der Herzog von Bologna ihren Hochzeitszug. Der
gewei
hatte. Auch hier versuchte zwar ein kleiner Kreis
Gedanken besitzt, die allein auf dem Gebiete des
Hérzog ist entzückt von der Schönheit der Braut und
von unentwegten Freunden, den Dichter vor einem
höheren Dramas den Erfolg sichern. Schnitzlers
begehrt sie allsogleich für sich. Der Bräutigam soll
blanken Durchfall zu bewahren, und ertrotzte ihm
Jambensprache ist eine in Rhythmen gezwängte, oft
abgefunden werden, auch die Eltern und Geschwister
92
gegen das Zischen der mißvergnügten Besucher ein
recht prosaische, oft statt echten Dichterschwunges nur
Beatricens bei dem Ehehandel Vorteil haben.
stößt
mehrmaliges Erscheinen am Vorhange, doch es war
Schwulst und leere Worte bietende Verssprache, sein
Beatrice finkt dem Herzog gerührt an den
Leiche
eben nur ein schwächlicher Talmibeifall, und für
Sujet aber ein durch und durch verworrenes, zum
Hals und will ihm sofort zum Traualtar folgen,
herein
den unvarteiischen Beobachter blieb es keinen
Teil selbst schleppendes und langweilendes Verstandes¬
wenn er sie wirklich zur Herzogin erhebt. Der
weilen
Augenblick zweifelhaft, daß das Schweigen der Mehr¬
produkt, dem auch die Mache des routinierten
Herzog willigt ein, Vittorino erschießt sich aus Ver¬
ist abs
zahl der Besucher eine beredtere Verurteilung des
Bühnenschriftstellers kein wahres, glaubhaftes Leben
zweiflung, und man schreitet ungesäumt zur Hochzeit,
glückt
mißglückten Werkes bekunde, als der müßige, nutz¬
einzuflößen verstand. Die ersten beiden Akte
und das am Vorabend des Tages, der Bologna
dem Ti#
lose Streit der Klatscher und Zischer. Schnitzlers
ermüden durch eine Breite und Redseligkeit
einen blutigen Entscheidungskampf um seine Existenz
ins
fünfaktiges Schauspiel ist wieder einmal ein Pracht¬
die auch der sväterhin etwas flottere Gang der ge¬
bringen wird. Während des Hochzeitsmahles schleicht
Rätsel
beispiel für die oft von der modernen Bühne erhärtete
künstelten Handlung kaum wieder wett zu machen
sich aber Beatrice ungesehen (!) von der Seite ihres
Tatsache, daß die heutigen Seelenanalytiker und
vermag. Wir sind im Stück in Bologna. Der
Gatten hinweg und gelangt in ihrem prunkvollen
Erden
naturalistischen Zustandsdichter sofort den Boden
Dichter Filippo Loschi liebt und besingt die Tochter
Hochzeitsgewande, das vor allem ein kostbarer
eines
unter sich verlieren, sobald sie ihr eigenstes Gebiet
eines schwachsinnigen Wappenschneiders Nardi, die
Schleier des Herzogs schmückt, ebenfalls un¬
dann
verlassen und aus der Enge kleinbürgerlicher, der
schöne Beatrice, die er wenige Tage zuvor erst auf
gesehen (!) durch die Straßen der Stadt zu mit de
nackten Lebensrealität entlehnter Motive zur Höhe der
einem Feste kennen gelernt hat. Wie Romeo
Filippos Haus. Sie will mit ihm einmal nicht
vordem von ihnen so hart befehdeten und verspotte¬
schwärmt er traumselig von ihr und beschließt, mit
glücklich sein und dann mit ihm sterben. Als ihr Betrug
ten Jambentragödie großen Stils emvorstreben. „Der
ihr aus
dem vom Feinde bedrohten Bo¬
aber der Dichter den Giftbecher reicht, weist sie ihn
ein K
Schleier der Beatrice“ wandelt durchaus in Sprache
logna zu entfliehen. Da erscheint sie selbst und
zurück und läßt ihn allein davon trinken. Nun ist
uns d
und Bau auf dem Kothurn des alten Jambendramas,
sie kosen in warmer Sommernacht im Garten,
sie untröstlich und wirft sich über den toten Gelieb¬
er imitiert sogar das bunte gestalten= und farben¬
zu
bis sie ihm von einem Traum erzählt, in dem der
ten, der ihr unter den obwaltenden Umständen das
im G
reiche Getümmel der Shakespeareschen Renaissanze¬
Herzog von Bologna sie geküßt habe. Das erweckt
Glück einer Nacht in seinen Armen verweigert hat. blicken
dramen so lebhaft, daß ein plötzlich fremd i¬
Filippos Eifersucht, er jagt sie von dannen und Sie ist inzwischen von ihrem jungen Gatten ver¬verschaf
die Aufführung hineinschneiender Zuschauer beim schenkt die zur Flucht bereit stehenden Pferde den mißt worden, und der Herzog stellt ein ernstes Ver¬ dieser