II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 460


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14: Der Schleier der Beatric
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Thtafer Couff.
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Sonnabend,
10. Jährg.
13. Juni 1903.

—.—
zückt seiberten. Herr Bahr, der berüchtigte Wiener Quacksalber,
nitterarliche Bauerhfänger.
hingerissen von dem churlatanistischen Geschick des Genter Ad¬
vokaten, verkündete mit seinem bekannten Geschrei, Herr Macter¬
Von Curt Wigand.
link sei einer von den ganz Großen, der Prophet einer
neuen Kunst.
Wenn das Premièrenpublikum (das sich zumeist in Berlin
Trotzdem bald selbst ernste Menschen, durch das fort¬
aus einem Schaumob ganz besonderer Art zusammensetzt) von
währende Geschwätz der Maeterlink=Deliranten in ihrem Urteil
der mittelmäßigen Aufführung von Schnitzler's „Der Schleier
über die neue „Kunst“ unsicher geworden und auf dem besten
der Beatrice“ nicht zu abstrahieren verstand und nicht trotz
Wege waren, ebenfalls unter die Maeterlinkpropheten zu gehen,
alledem erkannte und fühlte, daß es nicht mit einem Theater¬
mußte dem geschickten Psychologen qualmiger Gemüter, dem
stück, sondern mit einer Dichtung zu thun hatte, so kann man
raffinierten Spekulant auf den physiologisch ermüdeten Teil
das jammervoll finden, aber man wird sich darüber trösten
einer Generation, doch wohl der Zeitpunkt gekommen er¬
müssen, wenn man bedenkt, daß dies immer so war, daß die
scheinen, mal etwas Neues zu bringen.
große Hammelherde der Urteilslosen sich überall und zu allen
Er schrieb „Monna Vanna“ und siehe, das idiotische Ge¬
Zeiten gleich bleibt und gleich bleiben wird.
lalle war einer, wenn auch unglaublich schwatzhaften, aber doch
Es ist ja zweifellos eine Vermessenheit von Herrn
normalen Redeweise gewichen. Seine konstruierten Kreaturen
Schnitzler gewesen, sich in einer Zeit, wo das deutsche Volk
redeten nicht mehr wie Wasserköpfe, sondern wie Spießbürger.
zu Maeterlink dem „verinnerlichten“ und Frank Wedekind dem
Und nun bot sich uns ein Schauspiel, das in seiner zwerg¬
so ungöttlichen Sauhirten erzogen wird, mit einem Drama
fellerschütternden Komik ohne gleichen war. Wo blieb plötzlich
großen Stils hervorzuwagen. Viele machen hieraus gar kein
die „Eigenart“ des kommenden Mannes, wo das uns so lieb
Hehl. Nicht Alle, die „Monna Vanna“ und „Lulu“ im
gewordene Stammeln und das 3 bis 4 malige Wiederholen
„Erdgeist“ allen Ernstes hoch über die Gestalt der „Beatrice“
desselben Blödsinns, das uns in eine „Stimmung“ zu versetzen
stellen, sind unfreiwillige Mitglieder jener großen Familie der
vermochte, wie nichts zuvor! Es erregte tiefes Mitleid, die
Geisteseunuchen; es sind unter ihnen auch Repräsentanten jener
guten Leute in ihrer Hilflosigkeit zu beobachten. Aber wollten
Feigheit, die, trotz besserer Erkenntnis, sich elend verkriecht vor
sie sich nicht bis auf die Knochen blamieren, mußten sie schon.
dem Geblök der Uebrigen. —
in den saueren Apfel den und all das früher als innersten
Herr Maeterlink! Zuerst brachte er seine „lallende Kunst“
gepriesene resigniert in den
Bestar
auf den Markt. Wir erlebten das Ungeheuerliche, daß ein
aupteten, „Monna Vanna“
We
Mensch als Dichter, als Dramatiker ausgeschrieen und aufge¬
#r bisherigen künstlerischen
%
führt wurde, der sich in seinem Arbeitszimmer in stillen Stunden
abe seine unverkennbaren
gewiß oft vor Lachen den Bauch gehalten hat über die Leute,
n Werken des Belgiers.
die mit paralytischem Augenaufschlag von seiner „Kunst“ ver¬