II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 462

14: Der Schleier der Beatrice
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eine sehr begabte und liebenswürdige Frau nannte. Der
Geist der Frau Carlyle war aber um jene Zeit sehr getrübt.
Sie war neurasthenisch belastet, litt an Schlaflosigkeit und
bekämpfte dieses Leiden mit Arzneimitteln, u. a. mit Mor¬
phium, das ihre Wahnvorstellungen verschlimmerte. Sie
fand Freude an den Schauergeschichten in den Zeitungen
und legte eine Sammlung von Bildnissen vielgenannter
Mörder an, die noch vorhanden ist. Daß gelegentlich Mi߬
helligkeiten in dem ehelichen Leben der zwei Leute vorkamen,
läßt sich nicht in Abrede stellen; aber ein unglückliches Ehe¬
leben, an dessen. Unglück Thomas Carlyle die Schuld
trug, wie Froude es darstellt, war es gewiß nicht. — C. C. S.
= Bienenstiche gegen Rheumatismus.] Aus Wien vom
16. d. Mts. berichtet die Neue Freie Presse: In der heutigen
Sitzung der k. k. Gesellschaft der Aerzte sprach Dr.
Perc aus Marburg über die „Beziehungen des Bienen¬
stiches zum Rheumatismus“. Der Bienenstich
soll ein Volksmittel gegen den Rheumatismus sein; seine
Verwendung ist, wie der Vortragende bedauernd hervorhod,
in der wissenschaftlichen Medizin nicht üblich. Dr. Pere
will den Bienenstich als Heilmittel in etwa 500 Fällen mit
gutem Erfolge erprobt haben und betrachtet ihn als ein
spezifisches Gegenmittel gegen den echten Rheumatismus.
Wenn die Biene einen gesunden Menschen sticht, so entstehe
eine Quaddel und eine schmerzhafte Anschwellung; es können
auch Kopfschmerz und Ohnmacht hinzutreten. Werde der
Mensch wiederholt von Bienen gestochen, so gewöhne sich sein
Organismus allmälig an das Gift, so daß schließlich zwar
noch eine Quaddel auftritt, aber die Schwellung ausbleibt:
Der Mensch ist gegen das Bienengift immunisiert. Wenn
nun ein an Gelenkrheumatismus Erkrankter von einer
Biene gestochen wird, so trete keine Schwellung auf, sondern
diese stelle sich erst nach mehreren Stichen ein; dabei ver¬
schwinde aber der quälende Schmerz im erkrankten, mehrfach
gestochenen Gelenk. Auf diese Erfahrung baut der Vor¬
tragende eine jedenfalls sehr originelle Heilungsmethode auf.
Er läßt den Kranken von Bienen, anfangs von wenigen,
dann langsam steigend von vielen, an den Armen und Beinen
in der Nähe der erkrankten Gelenke stechen, wobei er bis zu
siebzig Bienenstichen in einer „Sitzung“ gelangt. So
wurden einer kranken Frau im Verlaufe der Bienenkur
6592 Stiche beigebracht (Bewegung im Auditorium).
Die Kur soll mehreremale wiederholt werden, bis der Or¬
ganismus dauernd gegen Bienengift immunisiert ist; derselbe
Organismus soll nach=Angaben des Vortragenden dann auch
gegen Gelenkrlumatismus immunisiert sein. Dr. Pere
empfiehlt die Bienenkur auch gegen Muskelrheumatismus
und gegen Nervenschmerz. An, diesen Vortrag schloß sich
keine Debatte.
x(Half and half.] Ein Leser schreibt uns: In Loh¬
meyers Deutscher Monatsschrift, Aprilheft S. 144. sag! F. Lien¬
hard von der Heldin in Schnitzlers Drama „Der Schleier der
Beatrice": „Diese Beatrice ist halb Kokette, halb verlogenes
Kind, halb liebende Jungfrau, halb schlaue Bürgerin — kurz,
wie sie dasteht, eine nicht überzeugende und nicht erwärmende,