II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 467

box 20/4
14: Der Schleier der Beatrice
den Kraftmenschen, aus der heraus auch dieser! Totlettenstil einen frühlingsmäßigen genannt und damit defsinirt — geflammt, changirend und mit Knöt
Renaissanceheld geschaffen ist, aber es ist auch der lebhaften Widerspruch bei dessen Gegnern geweckt. Eine
Noppen übersäet.
gleiche Mangel an wirklicher Kraft, der diesen Schön¬ gewisse Berechtigung läßt sich dem Ausspruch jedoch nicht
Die einzige Farbe, in der man — wenigst
absprechen; denn in dem Wogenden, Fließenden der
redner des Individualismus wie so viele seiner Ge¬
feinere Toilette — Tuch wählt, ist blaßblau;
Schnittformen, den bei aller Buntheit diskreten und zarten
nössen aus dem Zeitalter des Nietzsche=Sportes
kommt eigentlich nur für einfachere Promenade
Farbenwirkungen und den schillernden Besätzen ist that¬
in Betracht; in diesem Fall wird es mit einer solc
charakterisirt. Er hätte seiner Anlage gemäß wohl sächlich etwas, da an schleierartig seines Baumgrün und
menge von weißen Steppnähten verziert, da
zum dramatischen Helden gepaßt: wie er zuerst als die hellen abgetönten Blümchen erinnert, mit denen der
mehr einfarbig erscheint, Cheviot in dunkleren ##
der rücksichtslose Genußmensch dasteht, der jede junge Lenz Wiesen und Gärten übersät. Noch nie ist denn
dient besonders zu Röcken, die man zu harmonisiren
Frucht pflückt, die ihm behagt, wie ihn der Gedanke auch der gegenwärtige Stil so rein zum Ausdruck ge¬
abstechenden Taffetblusen trägt. Die dazu
an den nahen Tod, der ihm und seinen Unterthanen
kommen, wie in den Trachten dieser Saison. Wenn man
Taffete sind entzückend und fast durchgehend in
mit dem sicheren Falle der Stadt Bologna am kom= früher von Frühjahrsmoden sprach, so dachte man im
schon dekorirt. Ein Mal übersäen sie Kurbelsticker
menden Morgen droht, nur noch stärker zum Genuß Wesentlichen an solche Kleider, Umhüllen und Hüte, die
Spitzeninkrustationen in dicker geblicher Guspüre,
der Stunde mahnt, und wie ihm dann der Tod sich von denen des Winters eigentlich nur durch die dünneren sogar in Häkelarbeit, ein ander Mal ziehen sich
Filippo's und Beatriee's die Augen zum wahren Ver= Stoffe und etwas lichteren Farben unterschieden, heute Wellenlinien und eingewebte Säumchen quer durch
jedoch vermeidet man die Uebergänge so viel wie möglichwieder setzen sie sich ganz aus Puffen und Entre#
ständniß der Menschennatur öffnet und er, gewandelt
und wendet sich von den dicken weiterfesten Kostümen dersammen. Wundervoll war eine pfauenblaue Taf
und geweiht, dem Tode entgegenschreitet. Aber
rauhen Jahreszeit gleich den duftigsten und hellsten zu. bei der die vertikal laufenden Säumchen mit St#
diese Anlage auszuführen, hat Schnitzler's Kraft nicht
Charakteristisch für die diesjährige Frühjahrsmode
orientalischer Stickerei abwechselten, während sich i
ausgereicht. Ein ernster und würdiger Vorwurf,
sind vor Allem die ganz außerordentlich manchfaltigen
vorderen, gleichfalls in Säumchen abgenähten
diese drei Repräsentanten verschiedener Welt¬
Phantasiegewebe, die — zum ersten Male seit einem De¬
schräg zu einander gestellte, durch Goldknöpfe ges
anschauung einander gegenüberzustellen und einen
zennium und länger — das einfach vornehme Tuch stark Patten breiteten. Eine zweite Bluse bestand aus
tragischen Konflikt aus ihrer Begegnung heraus¬
in den Hintergrund drängen. Sie erscheinen vorzugsweise dunkelgrauer Köperseide, in die man der Queren
wachsen zu lassen, aber ein Stoff, der die Kräfte
in Champagnerrosa, Königsblau, Perl= und Silbergrau, Schnürchen eingesteppt hatie, von denen immer 7
Bronzebraun und Grün in den verschiedensten Tönen. Bei
eines Größeren fordert. Auf Einzelheiten, wie den
einander lagen. Die Zwischenräume füllten dunk
den gemusterten ist das Bestreben, die gewagtesten kolo¬
Bau der Handlung im Kleinen den Versuch, Zeit¬
altgoldgelb unterlegte Spitzeneinsätze. Diese
ristischen Kunststücke zu Stande zu bringen, unverkennbar.
Spitzen, die praktische Hausfrauen sich selbst mit
kolorit zu geben, den Vers, der dem Dichter nur
Da gibt es z. B. fein gestreifte und karrirte englische
färben, sind zur Zeit als Ausputz für Blusen, Jab
schwer und zögernd aus der Feder fließt, und die
Tweeds und kurzhaarige Zibelines mit abweichend ge¬
Krawatten überhaupt sehr en vogue. Die ges
zahlreichen=Gestalten des Dramas einzugehen, hat
färbter Ober= und Unterseite, bei denen man bald die eine,
grüne Bluse gehörte zu einem Jackenkleid aus
nach diger grundsätzlichen Stellungnahme keinen hald die andere nach oben nimmt. Lachsrosa mit Marine¬
farbigem Velvet mit feinen, goldbraunen Streifen.
Zwec,
blau, Lila mit Cyclamenroth, Herlgrau mit Orangegelb
Steppnahtverzierungen umgaben den Rock in d##
Dr. Zielex.“
und bann auch wieder Schwarzweiß oder Graubraun mit Reihe und bildeten auf den Umschlägen der Jacke,
Hell= und Dunkelgrün melirt, sind beliebte Fabrenzu= der Armkugel Figuren in stilisirten Blumenmuster
sammenstellungen. Ein leichter Noppenstoff dagegen wird
Im Großen und Ganzen werden die Röcke jed
* Die Frühjahrsmode.*)
meist in Königsblau und Bronzebraun fabrizirt. In
reicher dekorirt, als es hier der Fall war. Da ihr
Von Euprienne.
hohem Maße erfreuen sich auch Etamines und Voiles, sowie
ohnehin schon sehr komplizirt und mauchfaltig ist
Ein bekannter Aesthetiker hat jüngst den modernen
kräftige Panamas, die wie Kanevas wirken, der Gunst der scheinen sie häufig fürchterlich überladen. Der de#
Damen. Die beiden erstgenannten Gewebe sind in allen hat sich bereits so allgemein eingebürgert, daß ie
*) Nachdruck verboten.
zarten Pastelltönen vorhanden, außerdem aber auch sich bei ihren Frühlingskleidern meist dafür ent