II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 530


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14. Der Schleier der Bestrice
107.
Seite 5
4. Mai 1925
eim Weigl, 12. Bez.,
Versammlung
deutscher Schutzarbeit.
Kunst und Wissen.
er
Burgtheater.
Zum erstenmal: „Der Schleier
tte
ft=sder Beatrice", Schauspiel in
5 Akten von Arthur Schnitzler.
en
Dieses Schauspiel stammt aus der Zeit
der Jahrundertwende, einer Zeit, da die
h
). Bühne unter dem psychologisierenden Ein¬
fluß Ibsens und der großen Russen stand,
Seelenzustände in manchmal zu eingehender
Zerlegung schilderte und darüber oft die
wirklich treibenden Kräfte des Dramas
übersah. Dazu kam als äußerer Rahmen die
damals eine Modesache gewesene Renaissance,
die verschiedenen Dichtern — hier sei nur
an Wildes „Florentinische Tragödie“ er¬
innert — des Stoffgebiet für ihre Werke
abgab. In beiderlei Hinsicht ist „Der
Schleier der Beatrice“ ein Kind seiner Zeit:
Je¬
der jugendliche Held, weit entfernt davon,
ein Renaissancemensch zu sein, hat vielmehr
alle neurotischen Fehler eines Kindes des
wie denn überhaupt alle
„Fin de siecle
Figuren trotz Prunkkostümen und Bubikopf
stark an den „Anatol“=Kreis Schnitzlers er¬
innern — und faßt seine folgenschweren
Entschlüsse auf Grund von Stimmungen,
die selbst seiner eigenen ruhigeren Ueber¬
legung nicht standzuhalten vermögen. So
berührt das erregende Moment, die Ver¬
treibung der von ihm über alles geliebten
Beatrice, nur weil ihr in einem Traum ein
anderer Mann als angenehmer Werber er¬
schien, trotz oder vielleicht eben wegen der
Vorahnung der damals in ihren Anfängen
steckenden Psychoanalyse eher befremdend
und peinlich, so auch hat der freiwillige Tod
des Helden nach durchschwärmter Nacht
nichts Notwendiges und damit nichts Ueber¬
zeugendes. Und wie diese Hauptfigur,
verwaschen und vieldeutig sind auch die
übrigen führenden Gestalten des Werkes,
namentlich Beatrice selbst, die, verjagt, sich
in die Arme eines nahen Verwandten
Brackenburgs flüchtet, auf dem Wege zur
Kirche jedoch dem Werben des Herzogs
nachgibt und dessen Gattin wird, in der
Hochzeitsnacht wieder zum einzig Geliebten
zurückkehrt, entschlossen, mit ihm zu sterben,
dann jedoch vor den Schauern des Todes
zum Herzog zurückflieht, um schließlich von
ihrem Bruder, einem jungen Valentin, er¬
dolcht zu werden. (Weil übrigens gerade
von Aehnlichkeiten die Rede ist: Wer er¬
innert sich bei Beatrices in des Geliebten
Hause vergessenem Hochzeitsschleier, einem
kostbaren Geschenk des Herzogs, nicht des
Schnupftuches Desdemonas? Nur daß im
Werke Shakespeares mit sinnvoller Schau¬
rigkeit zutiefst in die Handlung verwoben
erscheint, was hier ein bloßes Requisit ist.)
Auch der Herzog, in seinem Tun und Lassen
vollkommen Stimmungen unterworfen, auch
der Bruder der um Beatrices willen ver¬
lassenen Verlobten des Helden, nach seinen

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