II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 566

nneh nennnenenenun

mehr, den der Herzog sucht“ mit aller Kraft
dem gewaltigsten mit mächtiger Neugier ent¬

das mehr betont statt des „bin“. (Merkwürdig!
gegensehe, denn: „Das Leben ist die Fülle, nicht
sondern „wenig“ zu betonen ist und
Sonst reiten die Herrschaften auf der Ver¬
die Zeit, und noch der nächste Augenblick ist
wenig das nicht in ihrer Versicherung (
neinungspartikel herum, und wo sie allenfalls
weit“, heißt es im Buch. Schnitzler hat dieser
„Ich werd’ ihn nicht zum zweitenmal ve
betont werden dürfte, weichen sie ihr aus. Das
Sentenz, die eine lichtvolle und tröstliche Lebens¬
(den Schleier). Auf der Hauptprobe war
kommt eben davon, daß der Spruchgeist ent¬
betrachtung gibt, nun „in's Logisch-Grammatika¬
„zweiten-mal“ schon am Richtigen.
flohen ist und durch Spintisiererei ersetzt wird.)
Eine ausgezeichnete Darstellerin h
lische übertragen“ mit der prachtigen Fassung:
Am besten ist Hr. A. — als Toter. Sein Ver¬
#tricens Schwester Rosina in Frl. Wall.
Des Lebens Maßist Fülle und nicht Zeit
Thalten, wie sein Körper onter den Händen des
sündiger Liebe Verschmachtende liegt ihr
usw.
Herzogs auf den Boden hinschlägt, ist wirklich
gut wie die neiderfüllt Hassende. Dabei
Der Erfolg war groß, der Dichter wurde
vorzüglich.
merken, daß sie doch eines Stamm
mit Beifall überschüttet, und sein Werk würde
Hr. Aslan (Bentivoglio) ist seiner Rolle nicht Beatrice ist, nur ein verdorbener Zweig.
sich zweifellos dauernd im Repertoire behaupten,
immer sicher, fülit andererseits seinem Partner schaft ist ihre Domäne. Davon ist Fr.
wenn es in allen Teilen und bei allen Mitwirkenden
mitunter zu früh ins Wort und schweigt stellen- sehr fern. Sie gibt die sentimentale
die verdiente Sorgfalt erfahren hätte Daß dies
weis wieder in seinen armenischen Nasentönen Lucrezia wie eine ägyptische Nachtwal
nicht geschah, muß man nun auch Schnitzlern
und in der überhellen Artikulierung des a. Das Dazu hat sie sich wieder ein gerndezu
zum Vorwurf machen, der bei den Proben Ge¬
Ich spricht er, dem Wiener gleich, wie ein h. Gesicht gemacht. Ihr ebenso hohler, oft n
legenheit gehabt hätte, darauf zu dringen und
(„Kir-he“). Das Wort „Baldachin“ betont er auf Ton bei geschlossenen Augenlidern ist
seine Monita anzubringen. Am rein szenischen
der ersten Silbe, obwohl er einen Italiener spielt.
angetan, sie als Göttin der preziösen
Arrangement ließ es Direktor Harterich als
(Baldacchino geht auf die Stadt Bagdäd, denVerscheinen zu lassen. An aparter Akzent
Regisseur ja nicht fehlen; ihm gebßhrt da nicht Erzeugungsort feinster Seidenstoffe, zurück.) Als leistet auch sie ein Erkleckliches. Ich wil
weniger Anerkennung als Geyling mit seinen
er Beatricen als Braut Vittorinos begegnet und
nur erwähnen, daß sie im IV. Akt in deg
Bühnenbildern (von denen besonders das des
sie mit der Aufforderung, ihren Weg fortzusetzen
„0 dankt mir, daß ich ehrlich bin!“
IV. Aktes: die Terrasse des Herzogsschlosses mit
auf die Probe stellt: „Du bleibst? Denkst du, ich
hervorhebt und in der Versicherung:
den beleuchteten Fenstern im Parkhintergrunde
will's?“ betont er statt des letzten Wortes das ich,
sie an meinerstatt!) Ihr dauert mich“
hervorsticht). Aber in der Führung der Darsteller
als er sodann auf sie nicht zu verzichten gedenkt, mich. Man muß das schaudernd erlebt
und in der Uberwachung des Wertes lassen sich
wenn sie selber nach ihm verlange, statt: „Dich um es zu glauben. — Frl. Rita Burg
bose Mängel feststellen, obwohl da gar Vieles
nicht umarmen“ fein säuberlich bühnenjuristisch Isabella, die doch eine Aspasia prüstier
noch nach der Generalprobe (die im Burgtheater
das nicht (ebenso im IV. Akt zu ihr: „Und als gar zu vulgäres Hürchen. Ihre
nun auch die — Leseprobe ersetzen zu sollen
hab’ nicht Furcht!“, was dem Vers das Genick bemerkungen zu dem Bericht Ercoles (II
scheint) verbessert wurde, so daß ich es in meiner
bricht) und hierauf in dem Satz:
also „Die Unverschümte!“ „Der Narr!“ komm
„Merkerliste“ gottlob löschen durfte. Was aber
kümmert’s niemand mehr“ — das mehr, das Papageisprüche heraus, nicht als Urteile.
unverbessert blieb (hoffentlich nicht unverbesser¬
er somit — gleich Hrn. Andersen — für den einem niedern Charakter begründet sind.
lich), ist schlimm genug, und ich werde natürlich
Komparativ von „viel“ nimmt, den z. B. die bayr.
Hr. Hennings weiß mit dem
nur davon reden und mich auch dabei nicht mit
Mundart als mehrer“ sehr genau von dem hier
Andren, der eine schöne Aufgabe hätte, 1
Belanglosem beschäftigen.
gemeinten „mehr“ als „fernerhin, sonst noch“ nichts anzufangen. Er gibt ihn wie den
Tunterscheidet. Horrend ist’s, in dem Satz: „leh eines schauerlichen Geheimnisses — un
Daß das Burgtheater für den Filippo keinen
will nicht sein wie dieser Herr von Pisae dus
Robert und keinen Kainz mehr hat, wurde uns
so ieer, dab man die itolle last ub
will zu unterstreichen, als ob einer Zumutung findet. In der Szene mit Filippo zischt
diesmal wieder sehr schmerzlich saulbar. Hr. An¬
dersen ist ein zu farbloser Philosoph, ein zu trotzen würe. — Im Großen und Ganzen jedoch ein Bösewicht des alten Theaters. In der
Liebhaber mit nur geheucheltem Temperament
steht Aslans Leisting hoch obenan. Er charnk¬
„Und siehst du noch der nächsten
terisiert den Renaissancefürsten in allen Licht¬
und ein Sprecher, der den schönsten Stellen der
Glanz“ betont er den „Glanz“. (Was
Dichtung den Glanz nimmt und außerdem und Schattenseiten vortrefflich, und seine edie
denn sonst an den Sternen zu sehn? Ih
wichtige Dialogstellen, deren Deutlichkeit zum Erscheinung läßt uns verstehn, was Beatrice an
finstrung doch nicht? Zu betonen ist nü
Verständnis der Handlung sehr notwendig ist, ihm berückt.
weil er doch sagen will, das Loschi wahrsc
zu Gesprächsfetzen zerpflückt. Die Schwermuts¬
Mit der weiblichen Hauptrolle ist Frl. Wa¬
die letzte Nacht vor sich hat) —
igener der entscheidende Schritt in ihr eigent¬
brühe, in die er die ganze Gestalt taucht, würde
Lohners Francesco ist zu berichten, da
der Wiener Volksmund bald „fade Soß“ nennen.
liches „Fach“ sehr glücklich gelunger. Wir prachtvoll angelegt hat und daß er am
Er versteht auch nicht immer Das, was er redet.
dürfen ihn mindestens als ein hochgemutes Ver¬
ist, wie er den Dolchstoß gegen die Sch
Als ihm Beatrice mitteilt, daß sie der Herzog'sprechen annehmen, dessen volle Erfüllung nicht vorbereitet, Im Ubrigen war er auf der
lang angeblickt habe, entgegnet er: „Was geht’s
ausbleiben wird, denn sie hat den „Funken“. Ihre probe noch besser als bei der Aufführung
dich an?“, statt: „Was geht’s dich an?“ (wie's
Bentrice steht von allem Anfang an ungemein von Anfang an doch zu viel tat. Sein Tr
schon der Jambus erfordern würde), denn er will
überzeugend jenseits von Gut und Böse. Ihre dem Herzog (II. Akt) ist da so übertrieb
doch nicht behaupten, daßi es jemand Anderen Traumerzählung ist wundervoll, besonders das des sich Bentivoglio schuldig wäre, den
anginge, sondern dab sie keinen Wert darauf Nachempfinden, wie sie sich als Herzogin An-hals Majestätsbeleidiger dingfest machen zu
stend gab: „Und so hab'’ ich gelächelt, siehst
legen dürfe, von diesen Leichtlebigen angegafft
In seiner Uberheizung passiert es ihm, de
zu werden. In dem von ihm ganz verschwemmten
du — fürstlich!“ Auch im II. Akt, bei der
#trieft“ mit doppeltem f zu sprechen.
Wiederbegegnung mit Bentivoglio und als sie
Eröffnungsmonolog des III Akts, legt er an der
noch aufzumutzen, daß er einer diesm
ihm ihre Bedingungen stellt, steht sie auf voller
Stelle: „Ist dies nur meiner Feigheit neustes
notwendigen Betonung der Verneinungs
Höhe. Im III. Akt, wo sie am stärksten „aus
Kleid? Herab mit ihm!“ den Ton auf „ihm“, statt
auswsicht, als er auf des Freundes b#
sich herauszugehn“ hat und ihr die Kraft des Frage: „Träum' ich?“ erwidert: „Nein
auf „herab“. Bei den drei Fragen an den un¬
erschütternden Wolterschreies zu wünschen wüäre, Vittorino, du träumst nicht!“, was zud
verhofft eindringenden Freund Ercole: „Du
zicht sie sich wenigstens mit Ehren aus der Vers zerstört, der freilich den Schönhe
bist's? Worommst du her? Was willst du hier?“
Affäre. Im IV. müßte sie deutlicher zeigen, daß
betont er ganz richtig das erste „du“ und das
hat, ein so gewichtiges Wort auf di
Isie mit der ersten Lüge halb unbewußt einer
„her“, in der dritten Frage aber nochmals das
Silbe zu nehmen. — Dafür läßt sich Hr
„du“, während jetzt aller Nachdruck auf „willst“ Suggestion ihres Filippo gehorcht und im V.,
(der als Malvezzi sonst einen recht glüc
gehört. Würd' er das „hier“ betonen, so wäre daß von den Wänden dieses Totengemaches Abend — als todesbereiter Genießer der
es gleichfalls ein Fehler. aber wenigstens keiner Gespensterkrallen nach ihr tasten; auch sollte! Lucrezia hat) in dem Satz: „Daß wir 8
im Rhythmus. Das Gefühl für diesen geht ihm die verzweifelte Koketterie, mit der sie der [sahn ist Zufall nicht“ wieder mit voller
auch ab, als er dann in den Worten an Beatrice: Herzog nach Hause, in's Brautgemach seines fauf das „nicht“ nieder, Wohl bekomm's!
Schlosses zu locken versucht, viel sichtbarer die
unseligen Vittorino verleiht Philipp
„Das Graun der Frühe sehn wir nimmermehr“ —
Angstgrimasse tragen und dadurch unser Mitleid
das wir heraushebt, was zudem eine lächerliche
sympathische Züge, aber noch nicht die
erregen. Jetzt quillt es ihr erst bei der rührenden
Innigkeit, die diesem kondensierten Brach
Spitzfindigkeit ist, da Filippo in dieser Lage nicht
an die Leute denkt, die den Morgen erleben Frage entgegen: „Warum gerade mir dies Alles?“
zukommt, der seinem Urbild noch über ist
Jedenfalls hat Frl. W. am Erfolge des Abends
werden. Begreift er denn nicht, welche Furcht¬
er sogar aus einem ihm winkenden Himme
barkeit dieses nimmermehr haben muß? Kann den größten Anteil, was umso höher zu schätzen
Todesnacht stürzt. —
Hr. Heim gil
man mit solchem Sprachgefühl einen Dichter ist, als ihr kein Führer zur Seite gestanden sein
Geheimschreiber Silvio Cosini, was ihm
mimen und den wirklichen interpretieren? Das kann. Der hätte sie mindestens ja vor den Ver¬
(Fortsetzung des Textes auf der 6. Seite)