II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 615


15. S W sesee eeeteseeeesee ge de e ee eden
Nr. 8
Emil: Ja, nur ein Wort, nur einen Blick.
Diesen zum Beispiel. — Warum gestehen Sie
mir 's denn nicht ein, gnädige Frau? Sie sind
es, Sie waren es, die in einer Nacht wie heute
mit ihrem Geliebten durch den Schnee fuhr, während
zu Hause die Leute tanzten und Karten spielten.
Und während Sie die Geschichte erzählt haben,
glühten Ihre Augen in der Erinnerung an jene
Nacht.
Agathe: Sie irren sich ganz gewiß. Im
übrigen ist das ganz gleichgiltig, — ob eigene
oder fremde Vergangenheit, es ist fern.
Bmil: Aber es kann wiederkommen.
Agathe: Was fällt Ihnen ein. Nichts kommt
wieder. —
Emil: Aber Neues kommt. Wie sagten Sie,
gnädige Frau? Bei jedem Fest kommt es auf
das Morgen an; so könnte das das schönste sein,
das ich je erlebt habe.
Agathe: Aber!
Emil (faßt ihre Hand): Sie wissen ja nicht,
wie schön Sie sind! O glauben Sie mir! Wenn
man von Jemand geliebt würde wie Sie, da
wär' es wohl der Mühe werth, Alles auf's Spiel
zu setzen.
Agathe: Glauben Sie?
Emil: Ich weiß es, ich fühle es! (Sie sind
nah nebeneinander; ihre Lippen begegnen sich,
wie zufällig. — In diesem Moment hört das
Klavierspiel im Nebenzimmer auf; Emil sieht be¬
sorgt nach der Thüre).
Agathe: Nein, es hat's Niemand gesehen.
Emil (verlegen): O -
Agathe: Im übrigen — wir könnten be¬
schwören, daß es gar nichts zu bedeuten hatte.
Emil: Nun ja.... gnädige Frau . (Er
will wieder ihre Hand fassen).
Agathe (sie ihm leicht entziehend): Oder bilden
Sie sich am Ende ein, daß Sie es waren, den
ich geküßt habe? (Sie tritt vom Fenster weg,
geht zur Thüre, und ohne sich noch einmal um
zuwenden, tritt sie in den Salon).
Eine Rothschild=Brinnerung
Als der Begründer des berühmten Bankhauses
in Frankfurt a. M. eines Tages spazieren ging,
sprach ihn ein alter jüdischer Bettler um ein Al¬
mosen an. Der Mann sah aber derartig unsauber
aus, daß dem alten Rothschild direkt übel wurde.
Rasch ging er weiter, indem er dem Manne zu¬
rief: „Schreibt mir einen Brief, an mich persön¬
lich adressiert, worin Ihr mich an diese Begegung
erinnert, dann sollt Ihr eine Unterstützung haben.“
Am andern Morgen brachte man Rothschild
wie gewöhnlich einen ganzen Stoß Bettelbriefe.
Mit kühnem Griff, und ohne die Briefe zu öffnen,
hatte Rothschild sofort das Schreiben seines neuen
Schützlings heraus. Auf einem Kouvert stand
nämlich: „An den hochwohlgeborenen Herrn Baron
v. Rothschild zum persönlichen Erbrechen.“
Titel=Bilder
Eduard VII. ist in Pretoria zum Herrn
von und über Transvaal ausgerufen wor¬
den. Der Titel ist entschieden zu einfach. Wir
fänden es angemessener wenn sich Eduard VII.
nennen würde: „Herr von — über
unter — zwischen — neben — hinter
Transvaal.“
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1901
Der höchste Stand
Ein pezußischer Gardeleutnant hatte eine Belei¬
digungsklage bei einem Leipziger Gerichte anhängig
gemacht. Dieses verurtheilte den Beklagten zu 100
Mark Geldstrafe.
In der Begründung des Urtheils heißt es:
„Trotz der ungünstigen Vermögenslage des An¬
geklagten ist die Strafe so hoch bemessen worden,
weil seine intensiven Angriffe sich gegen einen An¬
gehörigen des Offizierstandes richteten, des höchsten
Standes im deutschen Reiche. Dies war
strasverschärfend zu berücksichtigen.
Dreisend mit viel schönen Reden
Ihres Standes Werth und Art,
Saßen viele deutsche Herren
In der Kneipe froh geschaart.
„Herrlich!“ sprach ein Industrieller
„Recket sich der Technik Macht,
Bisen schmilzt mir in den Hütten,
Rohlen ruhn im tiefen Schacht!“
„Seht mein Land in üppiger Fülle!“
Win Agrarier rief darein.
Goldne Saaten in den Thälern,
Und im Stalle viele Schwein'!“
„Großer Städte Bildungszentren,“
Stolz drauf ein Gelehrter sprach,
Schaffen, daß auch Deurschland keinem
Lande steht an Bildung nach!“
Und ein Leutnant, von der Garde,
Drehr' die Schnurrbartspitzen aus,
Sprach: „Die Gage ist zwar kleine,
Bin auch kein gelehrtes Haus!
Doch der Richter dort in Leipzig
Hat im Urtheil stolz bekannt,
Daß im ganzen Deutschen Reicht
Teutnant ist der höchste Stand!“
Und es riefen all' mitsammen:
„Ja, der ist der höchste Stand,
Dem selbst der Jurist sich beuget —
Heil Dir, deutsches Vaterland!
Killan
Wunderbares
Der Stadtrath von Grenoble beschloß, einem
dort verstorbenen Schimpansen ein Denkmal
zu errichten. Sollte dies wirklich der Erste seiner
Art sein, der ein Monumeni bekommt?
Mit Bedauern wird bemerkt, daß weder der
deutsche Kaiser noch der deutsche Reichstag bei
Boecklins Tode sein Beileid ausdrückte. Was den
deutschen Reichstag anbelangt, so war die Sache
sozusagen gegenseitig. Auch Boecklin hatte dem
Reichstag, der einem die Jahre her oft genug leid
thun konnte, niemals condolirt.
Der preußische Minister Brefeld hat die Kühn¬
heit gehabt, den Kohlenhandel jener Herren, welche
die Preise für unser wichtigstes Heizmittel zu un¬
erschwinglicher Höhe hinaufwuchern — als noth¬
vendiges Uebel zu bezeichnen und in prachtvollem
Männerstolz hat die Kohlenfirma Cäsar Wollheim
dem Minister ihre geschäftlichen Beziehungen zum
Fiskus erklärt. Sie will damit offenbar beweisen,
daß sie sich nicht zu den nothwendigen Uebeln
zählt.