11. Reigen
box 171
Telefon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnllt
05
Nr. 69
„OBSERVER“
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX1, Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Parie, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus: Tauuren dien „Jen #uwaf.
Pedun
vom Inlauan??“
Drei Wiener Bücher.
Von den zahlreichen Büchern, die Wien in diesem Jahre hervorbrachte,
verdienen es vor allen drei, bei ihnen zu verweilen. Das eine ist specifisch
wienerisch, das andere österreichisch, das dritte leider europäisch: ich
meine Schnitzler's „Reigen“ Bahr's „Der Franzl“ und Rudolf Kassner’s
„Die Mystik, die Künstler undddas Leben“.
Schnitzler hat seinen kleinen feinen Geschichten, die er mit „Anatol“
begonnen, im „Peigen“ offenbar einen ehrenvollen Abschied geben wollen.
Das Buch ist nur seinen Freunden zugedacht und entzieht sich misstrauisch
der Oeffentlichkeit; ich bitte Sie, des ist nicht mehr der blasierte Anatol; das
sind zehn Dialoge, jeder von einer Reihe Gedankenstriche unterb- chen;
die Muse lässt die Rouleaux herab! Die Welt ist erfüllt von sexdellen
Problemen! Zehn Seioptikonbilder ziehen vorüber: alle Gesellschaftsklassen
kommen auf ihr Theil. Die Handelnden sind: Dirne und Soldat, Soldat
und Stubenmädchen, Stubenmädchen und junger Herr, junger Herr und
junge Frau, junge Frau und Ehegatte, Ehegatte und „süsses Mädel“
„süsses Mädel“ und Dichter, Dichter und Schauspielerin, Schauspielerin
— und was geschicht da nicht alles; und
und Graf, Graf und Dirne
Immer geschicht das Gleiche; der Mann und das Weib ist der Inhalt, und
das Blut singt seine dunkle Melodie.
Wahrhaftig, das ist nicht bloss so das Leben, #### ist uuch eine Kunst;
die Kunst, das Verschwiegenste und das Gewagteste im Dialog, dieser
schwierigsten Form, zu geben. Und das mag Schnitzler den Franzosen
oder seinen süssen Mädeln abgelauscht haben; seine Worte sind so fein
und klar, se raffinirt naiv, dass man kaum merkt, wie sie hart an der
Grenze de Erlaubten vorbeibalanciren. Weiche Eleganz und Gewandtheit!
Seit de „Grünen Kakadu“ stelle ich Schnitzler überhaupt neben
Hauptmann nd Halbe; vor diesen hat er noch ein intimes Parium, ein
locales Colon Reigen“ ist ein Dokument für das Liebesleben in den
modernen Hanptätädten; leider sind unsere jungen Leute doch wohl
weniger sinnlich, als sie der Autor haben möchte. Eine lex Heinze schiesst
nur so auf: Sterbende grüssen den Clsar.
box 171
Telefon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnllt
05
Nr. 69
„OBSERVER“
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX1, Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Parie, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus: Tauuren dien „Jen #uwaf.
Pedun
vom Inlauan??“
Drei Wiener Bücher.
Von den zahlreichen Büchern, die Wien in diesem Jahre hervorbrachte,
verdienen es vor allen drei, bei ihnen zu verweilen. Das eine ist specifisch
wienerisch, das andere österreichisch, das dritte leider europäisch: ich
meine Schnitzler's „Reigen“ Bahr's „Der Franzl“ und Rudolf Kassner’s
„Die Mystik, die Künstler undddas Leben“.
Schnitzler hat seinen kleinen feinen Geschichten, die er mit „Anatol“
begonnen, im „Peigen“ offenbar einen ehrenvollen Abschied geben wollen.
Das Buch ist nur seinen Freunden zugedacht und entzieht sich misstrauisch
der Oeffentlichkeit; ich bitte Sie, des ist nicht mehr der blasierte Anatol; das
sind zehn Dialoge, jeder von einer Reihe Gedankenstriche unterb- chen;
die Muse lässt die Rouleaux herab! Die Welt ist erfüllt von sexdellen
Problemen! Zehn Seioptikonbilder ziehen vorüber: alle Gesellschaftsklassen
kommen auf ihr Theil. Die Handelnden sind: Dirne und Soldat, Soldat
und Stubenmädchen, Stubenmädchen und junger Herr, junger Herr und
junge Frau, junge Frau und Ehegatte, Ehegatte und „süsses Mädel“
„süsses Mädel“ und Dichter, Dichter und Schauspielerin, Schauspielerin
— und was geschicht da nicht alles; und
und Graf, Graf und Dirne
Immer geschicht das Gleiche; der Mann und das Weib ist der Inhalt, und
das Blut singt seine dunkle Melodie.
Wahrhaftig, das ist nicht bloss so das Leben, #### ist uuch eine Kunst;
die Kunst, das Verschwiegenste und das Gewagteste im Dialog, dieser
schwierigsten Form, zu geben. Und das mag Schnitzler den Franzosen
oder seinen süssen Mädeln abgelauscht haben; seine Worte sind so fein
und klar, se raffinirt naiv, dass man kaum merkt, wie sie hart an der
Grenze de Erlaubten vorbeibalanciren. Weiche Eleganz und Gewandtheit!
Seit de „Grünen Kakadu“ stelle ich Schnitzler überhaupt neben
Hauptmann nd Halbe; vor diesen hat er noch ein intimes Parium, ein
locales Colon Reigen“ ist ein Dokument für das Liebesleben in den
modernen Hanptätädten; leider sind unsere jungen Leute doch wohl
weniger sinnlich, als sie der Autor haben möchte. Eine lex Heinze schiesst
nur so auf: Sterbende grüssen den Clsar.