box 17/1
11. Reigen
Haß gegen die andere Konfession kann der
wahre Grund dieser Bewegung gegen den leiten¬
den Staatsmann sein.
Doch der Schein trügt. Hier ist wirklich der
Klerikalismus nur Aufputz und Verbrämung;
Denilleton.
Arthur Schnitzler und sein „Reigen“
Von den Büchern, die Arthur Schnitzler ge¬
schrieben hat, ist dem „Reigen“*) der größte
äußere Erfolg zuteil geworden. Der „Reigen“
wird am meisten gelesen. Vom „Reigen“ wird am
meisten gesprochen. In acht Monaten hat diese
Dialogreihe zehn Auflagen erlebt. Man streitet
über dieses Werk, was zur Folge hat, daß immer
mehr und mehr Leute danach greifen. Die Be¬
hörden beschäftigen sich damit, und es kann der
Oeffentlichkeit nicht vorenthalten, nicht verheim¬
licht werden. Es ist unter allen Büchern Schnitz¬
lers nicht das beste; aber wenn der „Leutnant
Gustl“ sein kühnstes, so darf der „Reigen“ sein
frechstes Buch genannt werden. Vielleicht ist es
sogar eines der frechsten Bücher überhaupt, die
in deutscher Sprache geschrieben wurden. Deshalb
braucht man aber nicht sprachlos zu bleiben. Wie
sich heute Klatsch und Schwatz mit diesem Werk
beschäftigen, wie die breitesten Kreise diese sonder¬
bare Dichtergabe diskutieren und umstreiten
so wird der Literarhistoriker auch, der einmal
Schnitzlers Wirken überschaut und wägt, am
„Reigen“ nicht vorüber können. Denn dieser
„Reigen“ gehört nun einmal zur eigensten Eigen¬
art Arthur Schnitzlers, bezeichnet einen wichtigen
Punkt in seinem Entwicklungsgang, und man
darf sagen, es ist nicht bloß das frechste, es ist
auch das entscheidendste Buch, das wir von
Schnitzler haben.
Es bedeutet einen Abschluß, und es be¬
deutet, vielleicht, auch einen Anfang. Es ist ein
Buch, das harmlose Illusionen zerstört und den
*) „Reigen.“ Zehn Dialoge von Arthur Schnitzler.
Wiener Verlag.
— Grage entstehr nun
Werden die übrigen oppositionellen Gruppen.
wird die Unabhangigkeitspartei ihnen folgen?
Die taktische Diversion des Herrn v. Ugron hat
die Kossuthianer vor eine schwere Entscheidung
gestellt. Ehrlich genommen, könnten sie sich mir
Zauber unserer glücklichsten Stunden entlarvt.
Es ist ein Buch, das wie ein Scherz zu wirken
vermag, das aber mit zu viel virtuoser Kunst,
mit zu viel sinnreicher Komposition gearbeitet, das
überhaupt zu sehr gearbeitet ist, um nichts weiter
als ein Scherz zu sein.
Von einer lautlosen, unmerklichen, man
müßte sagen von einer liebenswürdigen Grau¬
amkeit ist der „Reigen“. Und nur ein lächelndet
Mann konnte ihn schreiben, in der üppigen und
gefährlichen Laune des Reif= und Sattwerdens.
Ich meine, in jener Stunde, in der enttäuschtes
Jugendfühlen, des Hoffens und der Klage müde
anfängt, nach Beschwichtigung zu suchen, und, vom
Einzelschicksal abgewendet, des Weltlaufs sich
besinnt.
Da stehen die Erfahrungen rasch durcheilter
Jahre auf einmal wie zu einer Front versammelt
vor dem Geist. Und wie man sie mustert, diese
überklugen Kinder eigenen Erlebens, erwacht
mit tiefen, beruhigten Atemzügen ein volleres
Verstehen, und die Pulse schlagen ruhiger. Jetzt
wird das Wesen geheimer Triebe, dumpfen
Jubels, heißer Sehnsucht und begehrender Qual
plötzlich von innen her erhellt und durchscheinend.
Der leidenschaftliche Tumult lichtet sich zu einen
unendlichen, von ewigen Gesetzen geordneten und
bewegten Reigen. „Das also war des Pudels
Kern? Der Kasus macht mich lachen!
Daß Einer aber lachen kann, wenn er des
Pudels Kern einmal erkannt hat, das ist nun
reilich das Allerwichtigste. Halten wir daran fest,
meine Freunde, und es wird uns wie im Leben
also auch in jeder Kunst ein treuer Maßstab sein
Weder die Trauer noch der Schmerz, weder die
Leidenschaft noch der Haß, weder die Wehmut
noch der Witz, weder die Bitterkeit noch der Hohn
sind ein Endgiltiges. Es sind gewaltige Durch¬
gänge oder kleine Durchlässe auf unserer Bahn;
nachdem. Je nachdem unser Temverament
Vorsitzende verweist darauf, daß nur der .
weisliche Bescheid des Rekurses Dompieris als
ungesetzlich erklärt wurde, aber nicht die Agnoszie¬
rung der Wahlen. GR. Dr. Depiera be¬
antragt, das Ersuchen Dompieris a limine ab¬
zuweisen. Nachdem noch Dr. Rybar namens der
kraftvoll oder gering, glühend oder kühl, edel
und mutig oder saftlos=hämisch ist. Je nachdem
unsere Seele begabt ist, große Pforten zu
prengen, oder es vorzieht, durch kleine Auswege
zu entwischen. Und niemand kann in der Trauer,
niemand im Haß, niemand in der Leidenschaft
noch in der Bitterkeit verweilen. Er muß höher
teigen oder tiefer fallen, muß seines Schaffens
Habe in solchen Uebergängen erneuern, oder
sie ermattét sehen. Denn allzusammen, Trotz und
Wehmut, Schmerz und Verachtung, sind nur
unterwegs. Der Humor allein ist am Ziel. Er ist
die Höhe, ist der Gipfel; er ist das Endgiltige.
Und weil so viel lebensstarker Humor darinnen
ist, darf man den „Reigen“ für ein Kunstwerk
nehmen. Mir erscheint die freie Heiterkeit seines
Geistes liebenswürdig, seine verwegene Bravour
ergötzlich und seine frech=gesunde Anmut an
manchen Stellen hinreißend. Freilich fänden
primitivere Naturen, und Leute, die zu einer ein¬
fachen Gemütsart neigen, die zeitlebens im Her¬
zen naiv geblieben sind, nur wenig Erquickung
daran. Es muß sie abstoßen oder verführen, dieses
schonungslose Buch. Denn auch die Nüchtern¬
heit des „Reigens“ muß betrachtet werden, seine
unbedenkliche Brutalität, die in zehn schleierlosen
zehn¬
Gesprächen zehnmal der Liebe spottet, die
mal nur die gierige, listig=verlogene,
ihren
Trieben unterworfene Kreatur zeigt, und uns
zehnmal erschreckt.
Schnitzler hat oft die gefährliche Neigung ver¬
raten, Spielereien wichtig zu nehmen. Jetzt übt
er das bessere Können: Wichtigkeiten spielend zu
behandeln. Darin liegt vieles; unter anderem
innere Ruhe, Gleichgewicht, Weltanschauung
Verve — kurz: Reife.
Schnitzler hatte noch andere Eigenschaften, die
auch den Freund seiner Dichtung nachdenklich
stimmen konnten. Er liebte die Sentimentalität,
da, wo sie anfänat, süß zu werden. Er liebte den
Deba
selbst
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fertig
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Witz,
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Haß gegen die andere Konfession kann der
wahre Grund dieser Bewegung gegen den leiten¬
den Staatsmann sein.
Doch der Schein trügt. Hier ist wirklich der
Klerikalismus nur Aufputz und Verbrämung;
Denilleton.
Arthur Schnitzler und sein „Reigen“
Von den Büchern, die Arthur Schnitzler ge¬
schrieben hat, ist dem „Reigen“*) der größte
äußere Erfolg zuteil geworden. Der „Reigen“
wird am meisten gelesen. Vom „Reigen“ wird am
meisten gesprochen. In acht Monaten hat diese
Dialogreihe zehn Auflagen erlebt. Man streitet
über dieses Werk, was zur Folge hat, daß immer
mehr und mehr Leute danach greifen. Die Be¬
hörden beschäftigen sich damit, und es kann der
Oeffentlichkeit nicht vorenthalten, nicht verheim¬
licht werden. Es ist unter allen Büchern Schnitz¬
lers nicht das beste; aber wenn der „Leutnant
Gustl“ sein kühnstes, so darf der „Reigen“ sein
frechstes Buch genannt werden. Vielleicht ist es
sogar eines der frechsten Bücher überhaupt, die
in deutscher Sprache geschrieben wurden. Deshalb
braucht man aber nicht sprachlos zu bleiben. Wie
sich heute Klatsch und Schwatz mit diesem Werk
beschäftigen, wie die breitesten Kreise diese sonder¬
bare Dichtergabe diskutieren und umstreiten
so wird der Literarhistoriker auch, der einmal
Schnitzlers Wirken überschaut und wägt, am
„Reigen“ nicht vorüber können. Denn dieser
„Reigen“ gehört nun einmal zur eigensten Eigen¬
art Arthur Schnitzlers, bezeichnet einen wichtigen
Punkt in seinem Entwicklungsgang, und man
darf sagen, es ist nicht bloß das frechste, es ist
auch das entscheidendste Buch, das wir von
Schnitzler haben.
Es bedeutet einen Abschluß, und es be¬
deutet, vielleicht, auch einen Anfang. Es ist ein
Buch, das harmlose Illusionen zerstört und den
*) „Reigen.“ Zehn Dialoge von Arthur Schnitzler.
Wiener Verlag.
— Grage entstehr nun
Werden die übrigen oppositionellen Gruppen.
wird die Unabhangigkeitspartei ihnen folgen?
Die taktische Diversion des Herrn v. Ugron hat
die Kossuthianer vor eine schwere Entscheidung
gestellt. Ehrlich genommen, könnten sie sich mir
Zauber unserer glücklichsten Stunden entlarvt.
Es ist ein Buch, das wie ein Scherz zu wirken
vermag, das aber mit zu viel virtuoser Kunst,
mit zu viel sinnreicher Komposition gearbeitet, das
überhaupt zu sehr gearbeitet ist, um nichts weiter
als ein Scherz zu sein.
Von einer lautlosen, unmerklichen, man
müßte sagen von einer liebenswürdigen Grau¬
amkeit ist der „Reigen“. Und nur ein lächelndet
Mann konnte ihn schreiben, in der üppigen und
gefährlichen Laune des Reif= und Sattwerdens.
Ich meine, in jener Stunde, in der enttäuschtes
Jugendfühlen, des Hoffens und der Klage müde
anfängt, nach Beschwichtigung zu suchen, und, vom
Einzelschicksal abgewendet, des Weltlaufs sich
besinnt.
Da stehen die Erfahrungen rasch durcheilter
Jahre auf einmal wie zu einer Front versammelt
vor dem Geist. Und wie man sie mustert, diese
überklugen Kinder eigenen Erlebens, erwacht
mit tiefen, beruhigten Atemzügen ein volleres
Verstehen, und die Pulse schlagen ruhiger. Jetzt
wird das Wesen geheimer Triebe, dumpfen
Jubels, heißer Sehnsucht und begehrender Qual
plötzlich von innen her erhellt und durchscheinend.
Der leidenschaftliche Tumult lichtet sich zu einen
unendlichen, von ewigen Gesetzen geordneten und
bewegten Reigen. „Das also war des Pudels
Kern? Der Kasus macht mich lachen!
Daß Einer aber lachen kann, wenn er des
Pudels Kern einmal erkannt hat, das ist nun
reilich das Allerwichtigste. Halten wir daran fest,
meine Freunde, und es wird uns wie im Leben
also auch in jeder Kunst ein treuer Maßstab sein
Weder die Trauer noch der Schmerz, weder die
Leidenschaft noch der Haß, weder die Wehmut
noch der Witz, weder die Bitterkeit noch der Hohn
sind ein Endgiltiges. Es sind gewaltige Durch¬
gänge oder kleine Durchlässe auf unserer Bahn;
nachdem. Je nachdem unser Temverament
Vorsitzende verweist darauf, daß nur der .
weisliche Bescheid des Rekurses Dompieris als
ungesetzlich erklärt wurde, aber nicht die Agnoszie¬
rung der Wahlen. GR. Dr. Depiera be¬
antragt, das Ersuchen Dompieris a limine ab¬
zuweisen. Nachdem noch Dr. Rybar namens der
kraftvoll oder gering, glühend oder kühl, edel
und mutig oder saftlos=hämisch ist. Je nachdem
unsere Seele begabt ist, große Pforten zu
prengen, oder es vorzieht, durch kleine Auswege
zu entwischen. Und niemand kann in der Trauer,
niemand im Haß, niemand in der Leidenschaft
noch in der Bitterkeit verweilen. Er muß höher
teigen oder tiefer fallen, muß seines Schaffens
Habe in solchen Uebergängen erneuern, oder
sie ermattét sehen. Denn allzusammen, Trotz und
Wehmut, Schmerz und Verachtung, sind nur
unterwegs. Der Humor allein ist am Ziel. Er ist
die Höhe, ist der Gipfel; er ist das Endgiltige.
Und weil so viel lebensstarker Humor darinnen
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nehmen. Mir erscheint die freie Heiterkeit seines
Geistes liebenswürdig, seine verwegene Bravour
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manchen Stellen hinreißend. Freilich fänden
primitivere Naturen, und Leute, die zu einer ein¬
fachen Gemütsart neigen, die zeitlebens im Her¬
zen naiv geblieben sind, nur wenig Erquickung
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schonungslose Buch. Denn auch die Nüchtern¬
heit des „Reigens“ muß betrachtet werden, seine
unbedenkliche Brutalität, die in zehn schleierlosen
zehn¬
Gesprächen zehnmal der Liebe spottet, die
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er das bessere Können: Wichtigkeiten spielend zu
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innere Ruhe, Gleichgewicht, Weltanschauung
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Schnitzler hatte noch andere Eigenschaften, die
auch den Freund seiner Dichtung nachdenklich
stimmen konnten. Er liebte die Sentimentalität,
da, wo sie anfänat, süß zu werden. Er liebte den
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