II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 40

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11. Reigen
aus auf den Wischehruter Friechef
Frau und die junge Frau hat — wieder einmal —
ein téte-à-tete mit ihrem Gatten. Dieser selbe Gatt¬
soupiert mit einem süßen Mädel in einem cabinet
particulier. Und das süße Mädel hat ein Verhältnis
mit einem Dichter und dieser Dichter liebt eine Schau¬
spielerin. Die Schauspielerin tanzt aber auch mi
einem Grafen und der Graf findet sich mit derselber
Dirne zusammen, die der Soldat in der ersten Szeue
unter der Augartenbrücke küßte. So ist der Kreis des
Reigens geschlossen. Und jede Szene ist wie ein Ro
man, eingekapselt in einer Nuß, und all diese Roman
geben einen lustig klappernden Rosenkranz der Liebe
Vor einiger Zeit ist — allerdings nur für Lieb¬
haber und nicht für den Buchhandel — eine ganz
prachtvolle deutsche Uebersetzung der Gespräche des
Aretin erschienen. Und an Aretin muß man bei
Schnitzler wiederholt denken. Nicht als ob Schnitzler
die unerhörte satirische Gewalt Aretins besäße. Er
ist auch beileibe nicht wie dieser der großirtige Tyufter
noch der virtuose Höllenbreughel Liebe. Wo
Aretin im kurioso dahinschmettert, zieht Schnitzlen
tempo di ralse vor. Keinen Augenblick darf und kann
man vergessen, daß all die Geschichten in Wien spielen.
„Reigen verlangt nach Musik. Aber diese Suite hätte
nur Johann Strauß schreiben können. Nein, die Ver¬
wandtschaft mit Aretin liegt nicht in Ton und Thema
sondern in einem tiefen Satze der Lebensweisheit, den
beide zwar nicht aussprechen, aber den beide aus der
Erkenntnis der Liebe schöpfen. Man könnte diesen
Satz in die Form fassen: die Liebe ist die ausgleichende
Gerechtigkeit. Es ist eines der drolligsten Schauspiel¬
in der Welt und unter Menschen, wie vor der Liebe,
die selbst tausend Masken hat, alle Masken fallen.
Man möchte, ein banales Wort variierend, sagen:
in der Liebe sind alle Katzen grau. Diese Weisheit ist
ebenso tief, folgenschwer und gewichtig als sie trivia
und alltäglich erscheint. Bei Aretin höhnt sie die
Menschen und schreit auf in Haß und Verachtung
Bei Schnitzler ist sie wie ein feines und kluges Lacheln
wie ein liebenswürdiger Spott. Aber Schnitzler, in
allen Werken sonst nur immer der Mann des Lächelns,
verschmäht diesmal auch das laute Lachen nicht. Es
gibt Stellen in seinem Buche, wo man lacht, bis Einem
die Thränen kommen. Stellen von unbändigster
Komik, denn nie ist ein Mensch komischer als im Balz¬
gesang und =Tanz. Wir lachen über das Schneehuhn,
das auf der weißen Fläche seine verrückten Kapriolen
macht, um dem Weibchen zu gefallen und über den
Hahn, der in seinem Werbegesange den nahenden
Jäger nicht hört. Aber kein Schneehuhn und kein
Hahn kann sich an Komik mit dem Menschen messen.
Schnitzlers Buch stimmt Einen darum so heiter, wei
wir die tanzenden Paare wie durch eine Glasscheibe
von außen sehen und die Ballmusik dabei nicht hören.
Wer aber jemals so als Zuschauer den Tanzenden
zugesehen hat, muß über ihr scheinbar unsinniges
Springen gelacht haben, was aber nicht hindert, das
auch er sofort mitspringt und sich mit im Kreise dreht,
venn die Musik an sein Ohr schlägt. Allen Lesern
ie sich weiß Gott wie erhaben dünken über die Hel¬
den des „Reigens“ mag der Liebestanzdichter die¬
selben Worte zurufen, die die Totentanzmaler ver¬
kündeten: Von dir, mein Freund, ist die Rede!
Wien, 9. April.
Rudolph Lothar.
Budweis wird uns berichtet: Die Stat
zur Unterstützung der durch Mäusefraß
Landwirte der Bezirke Budweis und
20.000 Kronen flüssig gemacht.
% Einstellung der Güter=Auf
gabe in der Halte= und Ladestell
Aus Anlaß der Erweiterungsarbeiten
4
und Ladestelle Pisek=Stadt, welche für de
ind Gepäckverkehr, sowie auch für Güter
adungen der Stadtgemeinde Pisek und der
fabrik daselbst eröffnet ist, findet in der
bis ungefähr 24. April 1903 keine Auf¬
von Gütern statt.
## Moldau=Dampfschifffahrt zwi
linental und Kletzan. Bei günstiger Wi
während der beiden Österfeiertage die
ahrts=Gesellschaft zur Besichtigung der Kam
zwei Extradampfer von Karolinenthal nach
fertigen; diese werden an allen Zwischent
halten. Die Abfahrt von Karolinental
Station der elektrischen Bahn) um 2 un
Nachmittags, Rückfahrt von Kletzan um 5¾
mittags.
1 Von der Wetterwarte auf den
Die Witterungsverhältnisse im verflossenen
gestalteten sich sehr milde und in Folge de
sonnenhellen Tage (18) im Allgemeinen s#
Die höchste Luftwärme, im Tagesmaximum
m Tagesmittel mit +8•4°, wurde am 27
zeichnet, während die größte Kälte im Ta
mit —7°5°, im Tagesmittel mit — 5·70
brachte. Als mittlere Monatswärme ergib
Am 2. und 3. März erreichte das Baron
tiefsten Stand, in dessen Begleitung sich
heftiger Schneesturm einstellte. Niederschläg
11 Tagen; hievon waren 6 Schnectage, an