II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 77

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11. Reigen
au. Wansen und in Be¬
liebiger Zai. die
Expedition der Allgemeinen Zeitung
München, Bayerstrasse 57/59.
** In der heutigen Beilage zur Allgemeinen Zeitung
veröffentlichen wir einen Artikel: Zur Ethik des Gesamt¬
willens von Dr. I. Unold (München); sodann den Schluß der
Gedichte und Briefe Mörikes an seine Braut.
Feuilleton.
Schnitzlers „Reigen“
(Anläßlich der Aufführung des Münchner Akademisch=dramatischen
Vereins im Kaimsaal, 25. Juni 1905.)
T. Von den zehn kleinen Gesprächen, die der Wiener
Schriftsteller Arthur Schnitzler im Jahre 1900 als
Manuskript, im Jahre 1903 für die Oeffentlichkeit drucken
ließ, sind gestern vom Akademisch=Dramatischen Vereine
drei vor geladenem Publikum aufgeführt worden.
im Wiener Verlage erschienene Buch hat verschiedene Mei
nungsäußerungen für und wider veranlaßt. Die Urteile
umfaßten die ganze Skala vom Hymnus bis herab zum
Schrei nach dem Staatsanwalt. Es scheint daher geraten,
ruhig und in der Reihenfolge des Entstehens die Geschichte
dieses viel besprochenen Buches, sowie die Etappen seiner
Ueberlassung an die Oeffentlichkeit zu betrachten.
Arthur Schnitzler hat durch seine Schauspiele (Anatol
1893; Das Märchen 1894; Liebelei 1895; Freiwild 1896
Das Vermächtnis 1898; Paracelsus Die Gefährtin, Der
grüne Kakadu 1899: Reigen 1906 Der Schleier der Bea¬
trice 1900: Lebendige Stunden 1902), sowie durch mehrere
Novellen sich einen der vordersten Plätze in der gegen¬
wärtigen deutschen Literatur errungen. Er ist verschiedent¬
lich ausgezeichnet worden, auch
denn wir uns nicht irren

durch die höchste Ehrung, die sein Vaterland dem drama¬
tischen Schriftsteller verleihen kann, den Grillparzer=Preis.
Der Mann hat also einen geachteten Namen durch achtbare
Leistungen erworben; er hat diesen Namen zu bewahren;
er darf ihn nicht frivol aufs Spiel setzen.
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Wir bemerken ausdrücklich, daß laut einem uns zuge¬
gangenen Berliner Privattelegramm auch im national¬
liberalen Zentralbureau 51 Mandate gezählt
sind
Von dem Rückgang des Zentrums um bisher
Die zehn Gespräche „Reigen“ demonstrieren das Be¬
demjenigen Vorgang, dem wir alle unser Dasein ver¬
danken.
1. die Dirne,
Die zehn Personen sind:
2. das Stubenmädchen, 3. die junge Frau, 4. das
üße Mädel, 5. die Schauspielerin, 1 a. der Soldat,
2 a. der junge Herr, 3 a. der Ehegatte, 4 a. der Dichter
5 a. der Graf. Die Handlung entwickelt sich folgender¬
maßen: 1 + 1a; 1a + 2; 2 + 2a; 2a + 3;
3 + 3a; 3a + 4; 4 + 4a; 4a + 5; 5 + 5a;
5 a + 1. — Die Dialoge sind so ausgetüftelt, berechnet
und absichtlich, daß nur eine arithmetische Formel zur In¬
haltsangabe geeignet erscheint. Die Szenen sind, wie alles
von Schnitzler, mit jener mechanischen Präzision gearbeitet,
die genügsame Kritiker raffiniert nennen; die Rädchen
greifen ineinander wie bei einem Uhrwerk. Niemand wird
von einem Uhrwerk verlangen, daß es Seele, Feuer,
Schwung oder Humor habe. Anders liegt der Fall bei
einem Kunstwerk, anders vor allem bei einem Drama. Mit
blasiertem Zynismus zeigt Schnitzler, daß auch für die
Liebe das Wort gilt: Plus ga change, plus c’est la
mème chose.
Es ist der verächtliche Pessimismus des
Goetheschen Mephistopheles, von dem aus die Liebe hier
beurteilt wird: „.. und dann die hohe Intuition
ich
arf nicht sagen — wie — zu schließen!" Der psychologische
Verlauf jedes einzelnen Dialoges läßt sich nur in zwei la¬
teinischen Hexametern andeuten:
Visus, colloquium, risus, post oscula tactus,
Post tactum factum; post factum poenitet actum.
Uleberhaupt ließe sich der Bericht über Schnitzlers Dia
oge leichter lateinisch als deutsch schreiben, wie die alten
Moralisten es auch zu tun pflegten, wenn dieses Gebiet zu
behandeln war.
Zehnmal hintereinander wiederholt
Schnitzler:
Dumm und verächtlich sind Männchen und
Weibchen, lächerlich in ihrer dumpfen Brunst, widerlich und
roh in ihrer Ernüchterung. Auch größeren Dichtern ist
dieser Gedanke nicht fremd gewesen; sie haben ihn vor¬
1
V
ungünstigsten Faue immer noch
Bayern wahren.
Das Zentrum konnte in
Wahlkreis Würzburg behaupten,
kreis Wasserburg, den es dem Ba
ibergehend da und dort in einen
ie haben nicht im physiologischet
Liebe gesehen; sie haben nicht die
betrachten, einseitig in einem ein
ariiert; sie haben nicht die aumt
gen, die jahrtausendalte Verklärt
haben nicht zehnmal dem Leser
toßen. Das alles aber hat Schn
daß er in einer bestimmten Hinsic
allem Schopenhauer großartig
haltung der Gattung der Liebe
Ziel sei: dennoch hat Schnitzler
Seit Menschen denken und dichten
gerade diesen Trieb zu sublimi
Innigkeit des Gemütes, alles
ind Veredelungsmöglichkeiten, a
Schwärmerei, an philosophischer
Glück und religiöser Weihe in il
Menschen dankbar und hoffend u
haben dunkel gefühlt, daß die höl
Auffassung der Liebe sie vor alle
die Geschichte der menschlichen Ku
Anschauungen über die Liebe ge
zionen aller Völker, die Dichtung
das Sinnen und Sehnen von Mi
der Liebe etwas Beglückenderes,
gemacht; wir haben die Liebe ver
eheimnis und Ergriffenheit um
herein in den großen und rein
Liebe und zeigt höhnend, daß a
Grunde nur ein lüsterner Bube
waren! Es ist wie wenn er
Aphroditestatue sich paaren ließe
Es ist Schnitzlers gutes Re
vie er will. Aber es ist auch un
fassung als unkünstleriich, als
Standpunkt jeder Sittlichkeit aus
Es stand Schnitzler frei, sei
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