11. Reigen
box 17/2
Seelengut der Edelsten zur Dar¬
stellung auf die Bühne zerren? Man
könnte meinen, es dürfte sich dafür
an den Blumenthaliaden, die es ja
auch pflegt, und an den unter Doppel¬
firma erscheinenden Possen, wie es
noch neulich eine gab, genügen lassen
So lange Herrn von Possart solche
„Mißgriffe“ noch passieren können
dürste es ihm nicht gelingen, die hart¬
näckige Schar der Zweifler, die übri¬
gens zu großem Teil auch in seiner
Schauspielkunst nur den allerdings sehr
geschickten und darum gefährlichen
Macher sieht, von dem Ernst seines
„idealen“ Sinns zu überzeugen.
Leopold Weber.
& Wie's gemacht wird.
Begleitzettel, „Waschzettel“ „Ae von
den Verlegern Rezensionsexemplaren
beigelegt werden, sind bekanntlich eine
eingebürgerte Einrichtung. Ganz ist
fragt sich nur, wie sie gemacht wird:
der anständige Verleger sollte sie durch
ein vorgedrucktes „Der Verlag schreibt
uns“ oder durch Unterzeichnung klar
als die Mitteilungen eines geschäftlich
Beteiligten kennzeichnen, die sie sind.
Geschieht das nicht, wird die Verheim¬
lichung der „Quelle“ gewünscht, so
handelt sich's um eine Irreführung
des Publikums, derb aber ehrlich ge¬
sagt: um einen Schwindel, und er wird
dadurch nicht besser, daß er weit ver¬
breitet ist. Was aber soll man dazu
sagen, wenn der Verfasser selber
sein Buch rezensiert und diese ma߬
gebende Beurteilung an die Zeitungen
verschickt, damit sie sie selbstverständ¬
lich unter Verheimlichung des Ursprungs,
also als unparteiischen Bericht ohne
Unterschrift abdrucken? Wir haben bis¬
her nur einmal einen Trefflichen, der
das tat, zufällig erwischt: es war be¬
zeichnenderweise ein schon als Plagiator
bekannter Herr, der Schwankschreiber
Karl Böttcher. Aber unter Theater¬
leuten scheint man überhaupt bei dieser
Art der Reklame weiter nichts An¬
582
rzunee Werden, was jetzt über
meine Kräfte ging; die Mutter sah wohl
daß er mir etwas Wichtiges war, aber
mein dreißigtägiges Liegen und Leser
machte sie unentschlossen, und darüben
ergriff der Mann wieder seine Schnur
band die Bücher zusammen, schwang
den Pack auf den Rücken und empfah
sich.
Es war, als ob eine Schar ###
tößiges zu finden. Uns wird von einer
Redaktion der folgende Waschzettel im
Original vorgelegt:
„Durch Aufnahme nachfolgender
Notiz, um die ich ganz ergebenst bitte,
würden Sie mich zu großem Danke
verpflichten. Das Buch selbst geht
Ihnen natürlich durch den Verlag zu.
In vollkommenster Hochachtung
Robert Misch.
Charlottenburg, Ende April.
Villa Kaltenbach= betitelt sich der
neueste und erfolgreichste humo¬
ristische Roman aus Robert Mischs
Feder, der bei seinem ursprünglichen
Erscheinen in zwei großen Zeitungen
Berlin und München) ganz ungewöhn¬
lich gefiel durch seinen liebenswürdigen
Humor, die bewegte komische Handlung
n deren Mittelpunkt ein alter Familien¬
tyrann und Geizhals steht, der schlie߬
lich die Herrschaft verliert, und durch
die scharfgezeichneten Großstadttypen.
Das im Verlage (wir nennen den
Verleger nicht, weil er an dieser Ein¬
endung augenscheinlich unschuldig ist)
erschienene Buch ist bei seinem billigen
Preis trotz eleganter Ausstattung (2 M.)
so recht für die beginnende Reisezeit
willkommen.“
Musik.
& Ausländerei.
„Die meisten deutschen Wagner¬
jünger sind, obwohl unzweifelhaft be¬
des Meisters befangen, daß sie nichts
Selbständiges zu geben vermögen.
den Grund davon bildet .... eben auch
die mit dem Meister und Vorbild gleiche
Nationalität des Komponisten! Hier
haben gegenwärtig die Ausländer einen
gewaltigen Vorsprung: der auslän¬
dische Musiker baut auf der von Wagner
gegebenen Grundlage weiter und macht
ich die Tendenzen und Ideen desselben
zu eigen; zugleich wird aber sein
Schaffen einen nationalen, von dem
spezifischen Deutschtum des Vorbildes
Kunstwart
box 17/2
Seelengut der Edelsten zur Dar¬
stellung auf die Bühne zerren? Man
könnte meinen, es dürfte sich dafür
an den Blumenthaliaden, die es ja
auch pflegt, und an den unter Doppel¬
firma erscheinenden Possen, wie es
noch neulich eine gab, genügen lassen
So lange Herrn von Possart solche
„Mißgriffe“ noch passieren können
dürste es ihm nicht gelingen, die hart¬
näckige Schar der Zweifler, die übri¬
gens zu großem Teil auch in seiner
Schauspielkunst nur den allerdings sehr
geschickten und darum gefährlichen
Macher sieht, von dem Ernst seines
„idealen“ Sinns zu überzeugen.
Leopold Weber.
& Wie's gemacht wird.
Begleitzettel, „Waschzettel“ „Ae von
den Verlegern Rezensionsexemplaren
beigelegt werden, sind bekanntlich eine
eingebürgerte Einrichtung. Ganz ist
fragt sich nur, wie sie gemacht wird:
der anständige Verleger sollte sie durch
ein vorgedrucktes „Der Verlag schreibt
uns“ oder durch Unterzeichnung klar
als die Mitteilungen eines geschäftlich
Beteiligten kennzeichnen, die sie sind.
Geschieht das nicht, wird die Verheim¬
lichung der „Quelle“ gewünscht, so
handelt sich's um eine Irreführung
des Publikums, derb aber ehrlich ge¬
sagt: um einen Schwindel, und er wird
dadurch nicht besser, daß er weit ver¬
breitet ist. Was aber soll man dazu
sagen, wenn der Verfasser selber
sein Buch rezensiert und diese ma߬
gebende Beurteilung an die Zeitungen
verschickt, damit sie sie selbstverständ¬
lich unter Verheimlichung des Ursprungs,
also als unparteiischen Bericht ohne
Unterschrift abdrucken? Wir haben bis¬
her nur einmal einen Trefflichen, der
das tat, zufällig erwischt: es war be¬
zeichnenderweise ein schon als Plagiator
bekannter Herr, der Schwankschreiber
Karl Böttcher. Aber unter Theater¬
leuten scheint man überhaupt bei dieser
Art der Reklame weiter nichts An¬
582
rzunee Werden, was jetzt über
meine Kräfte ging; die Mutter sah wohl
daß er mir etwas Wichtiges war, aber
mein dreißigtägiges Liegen und Leser
machte sie unentschlossen, und darüben
ergriff der Mann wieder seine Schnur
band die Bücher zusammen, schwang
den Pack auf den Rücken und empfah
sich.
Es war, als ob eine Schar ###
tößiges zu finden. Uns wird von einer
Redaktion der folgende Waschzettel im
Original vorgelegt:
„Durch Aufnahme nachfolgender
Notiz, um die ich ganz ergebenst bitte,
würden Sie mich zu großem Danke
verpflichten. Das Buch selbst geht
Ihnen natürlich durch den Verlag zu.
In vollkommenster Hochachtung
Robert Misch.
Charlottenburg, Ende April.
Villa Kaltenbach= betitelt sich der
neueste und erfolgreichste humo¬
ristische Roman aus Robert Mischs
Feder, der bei seinem ursprünglichen
Erscheinen in zwei großen Zeitungen
Berlin und München) ganz ungewöhn¬
lich gefiel durch seinen liebenswürdigen
Humor, die bewegte komische Handlung
n deren Mittelpunkt ein alter Familien¬
tyrann und Geizhals steht, der schlie߬
lich die Herrschaft verliert, und durch
die scharfgezeichneten Großstadttypen.
Das im Verlage (wir nennen den
Verleger nicht, weil er an dieser Ein¬
endung augenscheinlich unschuldig ist)
erschienene Buch ist bei seinem billigen
Preis trotz eleganter Ausstattung (2 M.)
so recht für die beginnende Reisezeit
willkommen.“
Musik.
& Ausländerei.
„Die meisten deutschen Wagner¬
jünger sind, obwohl unzweifelhaft be¬
des Meisters befangen, daß sie nichts
Selbständiges zu geben vermögen.
den Grund davon bildet .... eben auch
die mit dem Meister und Vorbild gleiche
Nationalität des Komponisten! Hier
haben gegenwärtig die Ausländer einen
gewaltigen Vorsprung: der auslän¬
dische Musiker baut auf der von Wagner
gegebenen Grundlage weiter und macht
ich die Tendenzen und Ideen desselben
zu eigen; zugleich wird aber sein
Schaffen einen nationalen, von dem
spezifischen Deutschtum des Vorbildes
Kunstwart