II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 236

11.
box 17/5
Reigen
däunft.
Cheg
Hinter den Kulissen.
Schitlen Sie Perncke des Burgschan pirlers.
Lily Marbergs
Renaissancebühnedebüt. —
Der g'schamige Direktor.)
Welcher Bühne in Wien wohl das Kassenglück des
„Reigen
von Artur Schlitzler beschieden sein wird? Es dauerte geraume
## Nr. 9720
27. November 1936
WTER AR
Wie das kam? Ja, die Roland fland mit Bernau im
Prozeß. Der Direktor hätte ihr im Vorjahr die Kleopatra in
„Antonius und Kleopatia“ zugesagt, nahm das Stück aber nicht
ins diesjährige Abionspiogramm. Die Roland behauptete, ein
Recht auf die Rolle zu haben, Bernau behauptele, die Künstlerin
wäre nicht vertragsgemäß eingetroffen. Nun fänden sich beide in
Hans Müllers „Flamme“. Die Rolle war bekanntlich Annie
Keller zugedacht Aber Müller sah wahrscheinlich in der Noland
eine stärkere Chance für sein Stück, und so wird die Roland das
Mädel spielen, das aus dem Freuben= ins Bürgerhaus übersiedelt.
Die Not au Material und die kolossale Teuerung von
Leinwand, Farbe und was sonst zur Erzeugung der Bühnen¬
illusion gehört, nötigt unsere Theater zur äußersten Sparsamkei.
Was das heute alles kostet! Von der Ansertigung neuer Kostüma
ist überhaupt keine Rede. Die „Hamlet“=Figurinen des Burg¬
theaters waren umgearbeitete „Jedermann“=Kostüme und auch dee
„Don Karlos“=Kleider im Volkstheater waren von Professor
Strnad erneuter Fundus. Ein neues Kostüm würde heute
30.000 bis 40 000 Kronen kosten, nähme man halbwegs brauch¬
bares Material. Klitsch ist unlängst bei einem Gastspiel das
Malheur passiert, den Gardeoffizier"=Mantel irgendwo
in einer deutschböhmischen Stadt zu vergessen. Das weiße
Tuch, aus dem die Mäntel der Arcierengarde hergestellt
— der Mamel, war aus solchem Mat sial
waren
gefertigt — kostet heute viele Tausende Und die Mäntel unseter
ehemaligen so schönen Garde, die roten und weißen, die Felle,
Helme und Stiefel .. . Wo find sie hin? Verkauft! Direktor
Karczag war rasch dabei, das aus k. k. besseren Zeiten übrig ge¬
bliebene Inventar der verschiedenen Leibgarden zu kaufen, und
geute schmücken Felle, Mäntel, Helme und Stiefel Statisten des
Bukarester Nationaltheaters.
Auf einen praktischen Einfall kam neulich ein Väterspieler
des Burgtheaters. Man war gewohnt, ihn und seine Kinder mit
langen Haaren zu sehen. Aber diesmal waren die Haare
besonders lang.
„Lieber Freund, warum läßt ihr auch die Haare nicht
schneiden?
„Ich brauche nächstens zwei neue Perücken“ erwiderte der
Künstler. „Und bei den heutigen Zeiten hilst sich ein jeder, wie
er kann.
Einige Wiener Schauspieler haben jetzt allabendlich an drei
und mehr Orten zu tun. Erst in ihrem Theater, dann geht's per Auto
ins Kabarett, dann per Auto in igendem Musikcafé Kein
Künstlei kann von der Gage leben, die ihm ein Direktor bezablt,
und so ist es bekanntlich nicht selten, daß ein Künstler von sieben
bis el drei verschiedene Rollen spielt. Weiner=Kahle, der Spezialist
dämonischer Männer, schminkt sich in der Garderobe des Volks¬
theaters bereits für die Roland=Bühne und Lily Marberg kann es
nächstens passieren, daß sie an einem Abend drei verschiedene
Masken anlegen muß: eine im Burgtheater, eine in der
Renaissancebühne und eine im Kabarett. Sie wird nämlich in
der Renaissaucebühne die Heldin eines Einakters von Ludwig
Hiro spielen. „Goldamel“ heißt das Stück und die Heldin. Sie
stammt aus einem Budapester Nachtetablissement und wird einen
chinesischen Vizekönig als Gräfin vorgeführt.
Ein die Nerven spannender Einakter, der lustig beginnt und
endet, als wäre es vom späteren Wedekind. Der Chinese ist eine
stumme Rolle, die Oskar Beregi geben wird. In Budapest bei der
Uraufführung hat sie Hegedüs, der berühmteste ungarische Schau¬
spieler, köiert Die Marberg hatte „Goldamsei“ gelesen und gab die
Rolle nicht mehr aus der Hand, lief gleich ins Burgtheater und setzte es
durch, sie in der Renaissancebühne zu spielen, nachdem das Sujet
des Stückes im Burgtheater trotz des freiheitlichen, zenfurlosen
Windes der dort weht, doch zu einigen Bedenken Anlaß ge¬
geben hätte ...
In den Theatern wurden wieder einmal die Preise erhöht
Die
und die Staatstheater gehen mit gutem Beispiel voran.
Privattheater erhöhen je nach der Intensität des Erfolges
ist eine alte Praxis Ein Erfolg mit einer voraussichtlichen Serie
voller Häuser verträgt jede Preissteigerung So erzählt man
daß während eines großen
es ist sicherlich nur eine Anetdote —,
Geschäftes die Kassierin eines Wiener Theaters die Preise für
ein und dieselbe Vorstellung dreimal erhöhte. So mußte der
Käufer eines Parkettsitzes für einen Platz der um 10 Uhr früh
50 Kronen kostete, um 12 Uhr bereits 65 Kronen zahlten und um
4 Uhr kostete deiselbe Platz bereits 75 Kronen. Aber Erfolge,
während derer man sich solche Scherze leisten kann, gibt es
augenblicklich nicht.
Doch Es gibt den „Präsidenten Stopper“ in der Neuen
Wiener Bühne. „Stopper muß glänzend gehen“ meinte unlängst
ein Schauspieler eines Konkurrenztheaters zu seinem Kollegen aus
der Wasagasse.