II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 252

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11. Reigen
Z ER 1 1
Er: Und derselbe Soldat ninmi in Szene
Sie: Und Sie wollen ein Moralist sein.?
—en mier —.
Und sprechen so?
zwei stürmischen Besitz von einem hübschen Wiener
Stubenmädel nach einem Prater=Fünfkreuzer=Tanz.
Er: Ich füge noch hinzu: Schniclers
Schnihlers „Reigen“.
ie: Entsetzliche Zustände des, in den
„Neigen“ bleibt sublim moralisch im letzten und
unteren Bevölkerungsschichten!
(Kanimersprere.,
ethabensten Sinn, weil er so unerschrocken wahr ist.
Er: Uad der junge Herr erobert sich das
—————e. — — ————
Sie: Eben das bestreite ich. Solche
Kammerspielmäbchen gleich im ersten Ansturm.
Männer gibt es vielleicht. Solche Frauen
Sie: Und, denken Sie nur! — eine so
Die junge Frau und der Moralist.
und Mädchen sicher nicht. Die kann und darf
genannte anstendige Frau, glücklich verheitntel
Ein kritischer Epilog.
es nicht geden. Vielleicht vor dem Krieg.
besucht einen frissten jungen
Mutier sogar! —
Er: Diese Szenen sind allerdings schon an
(Im tranlichen Junggesellenheim des Moralisten.)
Herrn
die zwanzig Jahre alt. Vielleicht sind wir alle in¬
Er: Ich errötete für Sie — sogar zwei¬
Er: Sie hat mir soeben abgesagt! — Da ist
zwischen besser, reiner, wissender, zuverlässiger ge¬
mal .. dicht hintereinander.
fie schon:... Emma
worden. Möglich.
Sie: Sehr lieb — doch besorg' ich das
Sie: Ich hätt es nicht tun sollen ..
Sie: Aber aufs Theater gehört so was
schon selbst... Dann: Gatie und Gattin — ehe¬
aber Sie dürfen deshalb nicht schlecht von mir
keinesfalls
lich gelagert — der Herr Gemahl beim süßen
enten
Er: Alles Darstellbare gehört auch auf's
Mädel — dieses und der alberne Dichter — der
Er: Im Gegenteil!.
Theater... Ist diese kleine Hedwig Keller
schwachsinnige Literat und die posierende Schau¬
Sie: Auch dürfen Sie mich nicht so an¬
vielleicht nicht das allerfüßeste süße Mädel?
spielerin — die Komödiantin und der Aristolrat
seh'n — sonicht !!...
Ist die Olly nicht von diskretester Drastik als
wie unheimlich rasch das alles gemt!
Er: Also anders! ... Wie befindet sich
Liebesvirtuosin, hat sie nicht die natürlichne
Er: Zuletzt beschließt der Graf den
der Herr Gemahl?.
Affektation des Affekts? — Ist die Carlsen
wirhelnden Reigen bei der Birne. Ja, so ist das
keine anständige Fran, wie sie im Buch steht
Sie: In diesem Augenblicke sprichen Sie
Leben. Dieses Leben.
Luxus= und Liebhaberausgabe, Privatdruck? Und
Spon ihm? ... Warum bin ich gekommen? ...
Sie: Schnitzlers Welt scheint aus zwei
Lackner, der Graf, Ziegler, der Dichter, die
Wie konnt ich nur! ... Schon reut es mich ...
Halbwelten zu beftehen
Markus, die Hochwald, Herr Sima und
Er: O, wie dank' ich Ihnen, daß Sie da
die durch einen
Er: Sehr richtig
der
Herr Wengraf!... Und gar Iwald,
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sind!.
Aequator von Gedankenstrichen voneinander ge¬
moralinsaure Gatte! Ist das alles zusammen nicht
Sie: Nicht so stürmisch: ... Nicht des¬
trennt sind.
allerexquisitestes Theaterspiel? Dann die netten
um
halb din ich da ... Ich kam nur, um — —
Sie: Sagen Sie mir jetzt aufrichtig: Is
kleinen Bühnenbildchen. Stimmungsexirakte.
— um über Artur Schnitzlers „Reigen“ in den
das auch Kunst 3 —
Sie: Man kommt doch darüber nicht hin¬
Kammerspielen mit Ihnen zu plaudern. Ihre
Er: Ich fürchte, leide ja. Ich bin gewiß
Ansicht zu hören. Ich bin entrüstet. Einfach ent¬
hört
veg. Ueber die vielen Verfinsterungen. Man
auch entrüstet, sogar sehr, aber da hindert mic
sich innerlich kichern. Und das soll nicht sein.
setzt .. . Nein, so was ! . .. Ich bin doch gewiß
urchaus nicht, ehrlich zu bewunderi.
nicht prüde — niemand kann das von mir be¬
Er: Man amüsiert sich auf geistreichste Art.
Sie: Zu bewundern 2
haupten! — aber was zu arg ist — ist zu arg
Für die unreisere, noch mit Idealen beschwerte
Er: Den beweglich ironischen Geist, der
Man geniert sich sogar manchmal vor sich selbst.
Jugend ist derlei natürlich nichts, aber kundigen
schwerelos über den dunkelsten Abgründen schwebt
Er: Vom bürgerlich = sittlichen Standpunk
Thebanern und Thebanerinnen mag der Dichter
den Schmetterling, der über einem parfümierten
getrost seine moussierende Weisheit kredenzen!
allerdings
Sumpf gaukelt — welch sellene Feinheit in diesem
Sie: Gibt es einen andern?! Kann und
Sie: Im unremen Glas
Das
zierlichen Spiel maskierter Marionetten!
darf es einen anderen geben?...“. Und — gibt
Er: In goldgefaßter kristallklarer Schale!
Rassinement der Einsachheit. Die Schmucklosigkeit
es denn so was überhaupt?.! ... Nein, jo was
Diese wundervolle Knappheit — kein Wort zu viel
als Kleinod.
gibt es nicht! Gott sei Dank! So weit sind wir
und kein Gedankenstrich zu wenig —
Sie: Der Graf wäre also kein Porno¬
denn doch noch nicht! ...
Sie: Und es bleibt doch unmaralisch!
graph? — Mir machte er den Eindruck eines
Doch, doch, doch! — — Doch —
Er: Möchten Sie nicht Mantel, Hut und
Kanalräumers in Lackstiefeln.
Cr: Lassen wir das — theoretisch gelangen
Schleier ablegen, Gnädigste?: Man entrüstet sich
Er: Das ist er keinessalls. Nicht ungerech
zu keiner Verständigung — ich muß
bequemer. Und die Schuhe vielleicht auch?. Darf
bit ja buch
sein. Sie fühlten sich doch an keiner Stellt ge¬
das praktisch erläutern. Wir haben doch viel
Ihnen behilflich sein?
ich
2
troffen
— — bie
Besseres zu tun, als uns zu zanken
Sie: Noch schöner. Vock Fehaupt ich noch
Sie: Danke. Sie sind sehr liebenswürdig.
Besseres! — — Komm — komm — — o, Dei
Das gibt es nicht! Und es ist auch nich
immer
Gleich das erste Bild. Nächtliche
Sy
Süße !!
Ich wünsche durchaus nicht daß es
Straßenszene. Eine Berufsliebhaberin, die auf den
Kunst.
Sie: Und ich bleibe dabei, daß es so etwal
Gedankenstrich geht und ein Soldat. Einsames
Kunst sei.
Er: Was ein Künstler schafft, ist Punst —nicht gibt!!.
Donaugelände. Uferböschung. Flackernde Straßen¬
— — ——
— — —
und das hat einer in seiner besten Stunde ge¬
laterne. Wie unverschämt rasch man handels
sthassen.
eins wird!
LLUSTRIERTES WIENER
EXTRARLATT, V
3l. 1. 1921.