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Peigen
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Medenspuhne war. Wie sich zeigte, hat Wildgans schon damals
Blick für Talente bewiesen.
Die Theatersensation der kommenden Woche wird natürlich
„Reigen“ sein. Schon jetzt ist in den Kartenbureaus eine Hausse
in Karten zur Premie#e zu verzeichnen. Aber vielleicht sind die
Herrschaften, die diesmal auch dabei sein wollen, den salschen
Weg gegangen. In den Kammerspielen erwägt man nämlich, ob
die Direktion sich diesmal nicht eine Art Auswahlrecht über das
Publikum nehmen und die Karten nach Listen vergeben soll, in
denen der Name des Besuchers eingetragen ist. In Berlin
ist die Premiere nach Listen in manchen Theatern
üblich. Das Publikum meldet sich im Bureau der Bühne
vor und die Leitung trifft aus den vorliegenden Anmeldungen
die engere Wahl. Durch diesen Vorgang ist es möglich, auf die
Qualität des Premierenpublikums doch einigen Einfluß zu nehmen.
Auch Schnitzler soll für diese Art der Billettvergebung ein¬
genommen sein.
Die Proben des „Reigen“, an denen Direktor Bernau
gemeinsam mit Artur Schnitzler arbeitet, werden mit ungemeiner
Sorgfalt geführt.
, daß der „Reigen“ auf der
Bühne Schwierigkeiten bietet wie kein anderes seiner Werke. Es
handelt sich ihm vor allem darum, daß der „Reigen“, der als
frivol verschrien, auf der Bühne von rein künstlerischem Gesichts¬
punkt betrachtet werde. Er spricht auf den Proben die Dialoge
selbst, gibt den Tonfall der einzelnen Worte, ihr Tempo und ist
um die geringste Nuauce bemüht, die der Atmosphäte des Ganzen
dienlich sein könnte. Ein Schüler Professor Strnads, Paul
Friedmann, hat die Gestaltung der Szene entworsen. Da die
Kammerspiele über keine Drehbühne verfügen, müssen die einzelnen
Bilder jeweilig bei offener Szene gestellt werden. Denn der Vorhang
wird an diesem Abend dloß einmal vor der großen Pause fallen. Bei der
russischen Uraufführung des „Reigen“, die ohne Schnitzlers Wissen
im Kriege erfolgte, wurden die verfänglichen Gedankenstriche in
jedem Bilde — sie verzeichnen im Buche die jeweilige Bett¬
situation — durch einen Vorhang angedeutet, der die jeweilig
vierte Wand des gerade spielenden Raumes darstellte. Der
Zwischenvorhang trug ein Tapetenmuster und eine Tür, dem
Charakter der Szene angepaßt. Die Auffassung der Kammerspiele,
also die vom Dichter approbierte, verzichtet auf derlei Natura¬
lismen. Wie gesagt, Schnitzler will kein „frivoler Dichter“ sein
Obgleich die heutige Zeit weit vorurteilsloser ist, als man etwa
vor fünfundzwanzig Jahren einem derartigen Werke gegenüber¬
gestanden wäre. Was hätte man damals zum bloßen Gedanken
einer Aufführung des „Reigen“ gesagt. „Das Märchen“ von
Schnitzler ist sicherlich ein harmloses Schauspiel, und doch meinte
Sonnenthal nach der Lektüre zu Schnitzler: „Nicht wahr,
Artur, jetzt schreibst du einmal etwas aus „besseren
Kreisen“?“ „Liebelei“ galt im Burgtheater direkt als
unanständig und Sonnenthal wollte anfangs von einer Mit¬
wirkung nichts wissen. Aber der alte Weyring wurde dann doch
eine seiner Glanzrollen.
Im Deutschen Volkstheater wird heute „Der pathetische
Hut“ von Karl Rößler zum erstenmal aufgeführt. Uraufführung
zugleich mit München und Berlin. Die Zensur, sie und Rößler
sind alte Feinde, hatte diesmal nichts auszusetzen, denn die Zeiten
haben sich so gewaltig geändert und die Wirklichkeit hat die
Satiren Rößlers weit übertrumpft. Es war nach dem Verbot
des „Feldheirnhügels“, da Rößler in der damaligen Statthalterei
Besuch machte und wegen der Freigabe des „Feldherrnhügel“
vorstellig wurde. Ohne Erfolg. Der Beamte meinte kurz: „So
lang Oesterreich besteht, wird dieses Stück nicht mehr gespielt.“
Worauf Rößler erwiderte: „Da kann ich ja warten ...
Er
wußte damals nicht, wie bald seine witzige Bemerkung zur
traurigen Wirklichkeit werden sollte.
Eine totgeschwiegene Premiere.
. Da für die erste Aufführung von
Kamn
Vor¬
Reigen“ sämtliche Plätze durch
Sich
27. 1.
cum## vergriffen sind, findet Sonntag um ¼11 vor¬
zu Gunsten des Kinderhilfswerkes eine öffentliche
Beneralprobe statt, für welche Plätze von 300 Kronen auswärts¬
an der Tageslasse der Kammerspiele ausgegeben werden.
Aaaidtelsel
Peigen
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Medenspuhne war. Wie sich zeigte, hat Wildgans schon damals
Blick für Talente bewiesen.
Die Theatersensation der kommenden Woche wird natürlich
„Reigen“ sein. Schon jetzt ist in den Kartenbureaus eine Hausse
in Karten zur Premie#e zu verzeichnen. Aber vielleicht sind die
Herrschaften, die diesmal auch dabei sein wollen, den salschen
Weg gegangen. In den Kammerspielen erwägt man nämlich, ob
die Direktion sich diesmal nicht eine Art Auswahlrecht über das
Publikum nehmen und die Karten nach Listen vergeben soll, in
denen der Name des Besuchers eingetragen ist. In Berlin
ist die Premiere nach Listen in manchen Theatern
üblich. Das Publikum meldet sich im Bureau der Bühne
vor und die Leitung trifft aus den vorliegenden Anmeldungen
die engere Wahl. Durch diesen Vorgang ist es möglich, auf die
Qualität des Premierenpublikums doch einigen Einfluß zu nehmen.
Auch Schnitzler soll für diese Art der Billettvergebung ein¬
genommen sein.
Die Proben des „Reigen“, an denen Direktor Bernau
gemeinsam mit Artur Schnitzler arbeitet, werden mit ungemeiner
Sorgfalt geführt.
, daß der „Reigen“ auf der
Bühne Schwierigkeiten bietet wie kein anderes seiner Werke. Es
handelt sich ihm vor allem darum, daß der „Reigen“, der als
frivol verschrien, auf der Bühne von rein künstlerischem Gesichts¬
punkt betrachtet werde. Er spricht auf den Proben die Dialoge
selbst, gibt den Tonfall der einzelnen Worte, ihr Tempo und ist
um die geringste Nuauce bemüht, die der Atmosphäte des Ganzen
dienlich sein könnte. Ein Schüler Professor Strnads, Paul
Friedmann, hat die Gestaltung der Szene entworsen. Da die
Kammerspiele über keine Drehbühne verfügen, müssen die einzelnen
Bilder jeweilig bei offener Szene gestellt werden. Denn der Vorhang
wird an diesem Abend dloß einmal vor der großen Pause fallen. Bei der
russischen Uraufführung des „Reigen“, die ohne Schnitzlers Wissen
im Kriege erfolgte, wurden die verfänglichen Gedankenstriche in
jedem Bilde — sie verzeichnen im Buche die jeweilige Bett¬
situation — durch einen Vorhang angedeutet, der die jeweilig
vierte Wand des gerade spielenden Raumes darstellte. Der
Zwischenvorhang trug ein Tapetenmuster und eine Tür, dem
Charakter der Szene angepaßt. Die Auffassung der Kammerspiele,
also die vom Dichter approbierte, verzichtet auf derlei Natura¬
lismen. Wie gesagt, Schnitzler will kein „frivoler Dichter“ sein
Obgleich die heutige Zeit weit vorurteilsloser ist, als man etwa
vor fünfundzwanzig Jahren einem derartigen Werke gegenüber¬
gestanden wäre. Was hätte man damals zum bloßen Gedanken
einer Aufführung des „Reigen“ gesagt. „Das Märchen“ von
Schnitzler ist sicherlich ein harmloses Schauspiel, und doch meinte
Sonnenthal nach der Lektüre zu Schnitzler: „Nicht wahr,
Artur, jetzt schreibst du einmal etwas aus „besseren
Kreisen“?“ „Liebelei“ galt im Burgtheater direkt als
unanständig und Sonnenthal wollte anfangs von einer Mit¬
wirkung nichts wissen. Aber der alte Weyring wurde dann doch
eine seiner Glanzrollen.
Im Deutschen Volkstheater wird heute „Der pathetische
Hut“ von Karl Rößler zum erstenmal aufgeführt. Uraufführung
zugleich mit München und Berlin. Die Zensur, sie und Rößler
sind alte Feinde, hatte diesmal nichts auszusetzen, denn die Zeiten
haben sich so gewaltig geändert und die Wirklichkeit hat die
Satiren Rößlers weit übertrumpft. Es war nach dem Verbot
des „Feldheirnhügels“, da Rößler in der damaligen Statthalterei
Besuch machte und wegen der Freigabe des „Feldherrnhügel“
vorstellig wurde. Ohne Erfolg. Der Beamte meinte kurz: „So
lang Oesterreich besteht, wird dieses Stück nicht mehr gespielt.“
Worauf Rößler erwiderte: „Da kann ich ja warten ...
Er
wußte damals nicht, wie bald seine witzige Bemerkung zur
traurigen Wirklichkeit werden sollte.
Eine totgeschwiegene Premiere.
. Da für die erste Aufführung von
Kamn
Vor¬
Reigen“ sämtliche Plätze durch
Sich
27. 1.
cum## vergriffen sind, findet Sonntag um ¼11 vor¬
zu Gunsten des Kinderhilfswerkes eine öffentliche
Beneralprobe statt, für welche Plätze von 300 Kronen auswärts¬
an der Tageslasse der Kammerspiele ausgegeben werden.
Aaaidtelsel