11. Reigen
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W. R. K. „Sturmvogel“. Am Mittwoch (Feiertag)
den 2. Februar, findet präzis 4 Uhr nachm. im Klubheim
„Hotel Fuchs“, XV., Mariahilferstraße 138, die General¬
versammlung mit Tagesordnung laut § 7 der Statuten
statt. Sollte die Generalversammlung zu dieser Stunde
nicht beichlußfähig sein, wird eine Stunde später eine
zweite eröffnet, welche bei jeder Anzahl Mitglieder beschlu߬
fähig ist.
Christlicher Arbeiter=Tonristenverein (Bezirks¬
gruppe Fünshaus). Am Samstag, den 5. Februar, im
Saal der Restauration Windprechtinger, 15. Bezirk,
Mar ahilergürtel 27, Familienabend unter Mit¬
wirkung der Komiler Tschech und Baierl und anderer
Knnstkräfte. Beginn ½7 Uhr abends. Karten im Vor¬
verkauf 8 K, an der Kassa 15 K.
Thealer
„Reigen.“
Zehn Dialoge von Artur Schnitzler.
(Zur heutigen Erstaufführung.)
Diejenigen, die sich über Müllers „Flamme“ angenehm
entrüstet haben, werden heute abend in den Kammerspielen
mit Vergnügen feststellen, daß die Nuditäten dieses Stückes
gegenüber den „letzten Menschlichkeiten“, die Artur
Schnitzler oder vielmehr Direktor Bernau im „Reigen“
auf die Bühne bringt, nur noch als Kinderkomödie ge¬
wertet werden können. Die Gespräche, die im „Reigen“ von
einem Soldaten mit einer Dirne und einem Dienstmädchen,
vom jungen Herrn mit dem Stubenmädchen, von dem
jungen Mann mit der „anständigen Frau“, von dem
älteren Herrn und dem Dichter mit dem „süßen Mädel“
vom Dichter mit der Schauspielerin und vom Offizier mit
der Schauspielerin und mit einer „Solchenen“ geführt
werden, bewegen sich stets um eine Stuation, die schamvoll
durch eine Lichtpause markiert wird, weil die Zensur vielleicht
doch etwas dagegen hätte, wenn die „Wunder der Zeugung“
ganz offen demonstriert würden. Diese menschlichen Not¬
wendigkeiten, von denen sonst wohlerzogene Leute nicht
sprachen, gehören jetzt zum Inventar eines Theaterbetriebes,
wenn er sich lu'rativ gestalten soll. Denn die Wohlerzogen¬
heit muß leider zu jenen Dingen gezählt werden, die beim
Umsturz verräumt worden sind und nicht mehr gesunden
werden können.
Diesen Motiven ist denn auch die Zusammenklitterung der
zehn Dialoge zu einem Stück zuzuschreiben. In Buchform
haben sie ihre Schuldigkeit längst getan und dem Antor
namhafte Tantiemen eingebracht. Nun soll der versiegende
Geldstrom durch andere Röhren wieder hergeleitet werden.
Es kann auch kein Zweifel darüber herrschen, daß sich
das neue Publikum, das auch im Theater nicht die von
den „Budapestern“ her gewohnten Laszivitäten missen
will, nicht erst den Kopf zerbrechen wird, ob sich die
Dialoge für öffentliche Darstellungen eignen, ob sie im¬
stande sind, ein Stück zu bilden, und ob diese Ueb rtragung
geheimster Vorgänge auf die Bühne eine künstlerisce Not¬
wendigkeit oder eine enfache Spekulation auf die Sinnen¬
lust nach sexuellen Sensationen lüsterner Mitbürger sei.
Sie werdn wonneschauernd den Lichtpausen entg gen¬
harren und durch den verünsterten Saal wird leise der
hübsche Kinoreirain „Wann's finster wird, da ruck' ma
z'samm“ schwirren. In allen Schiebercafés wird man
„literarisch“ werden und vom „Reigen“ sprechen und die
Dialoge des Herrn Schnitzler werden sortau in keinem
„feinen“ Schlafzimmer mehr fehlen.
In Berlin hat die Aufführung dieser Dialoge arge
Skandale herborgerufen und in München mußten die Be¬
sub er bestätigen, das sie mit der Aufführung enverstandn
sind. Wie sich das Wiener Publikum zum „Reigen“ ver¬
halten wird, soll der heutige Abend zeigen. Es ist kaum
etwas zu be ürchten. Die Leute, die sich seit Wochen um
die Sitze zu dieser Er aufführung gerissen haben, würdens
selbst ohne Lichtrausen nicht zischen. Im Gegenteil!
Ueder die Aufführung selbst ist nach dem Ergebnis der
Generalprobe zu sagen, daß alle Beteiligten sich Müh
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W. R. K. „Sturmvogel“. Am Mittwoch (Feiertag)
den 2. Februar, findet präzis 4 Uhr nachm. im Klubheim
„Hotel Fuchs“, XV., Mariahilferstraße 138, die General¬
versammlung mit Tagesordnung laut § 7 der Statuten
statt. Sollte die Generalversammlung zu dieser Stunde
nicht beichlußfähig sein, wird eine Stunde später eine
zweite eröffnet, welche bei jeder Anzahl Mitglieder beschlu߬
fähig ist.
Christlicher Arbeiter=Tonristenverein (Bezirks¬
gruppe Fünshaus). Am Samstag, den 5. Februar, im
Saal der Restauration Windprechtinger, 15. Bezirk,
Mar ahilergürtel 27, Familienabend unter Mit¬
wirkung der Komiler Tschech und Baierl und anderer
Knnstkräfte. Beginn ½7 Uhr abends. Karten im Vor¬
verkauf 8 K, an der Kassa 15 K.
Thealer
„Reigen.“
Zehn Dialoge von Artur Schnitzler.
(Zur heutigen Erstaufführung.)
Diejenigen, die sich über Müllers „Flamme“ angenehm
entrüstet haben, werden heute abend in den Kammerspielen
mit Vergnügen feststellen, daß die Nuditäten dieses Stückes
gegenüber den „letzten Menschlichkeiten“, die Artur
Schnitzler oder vielmehr Direktor Bernau im „Reigen“
auf die Bühne bringt, nur noch als Kinderkomödie ge¬
wertet werden können. Die Gespräche, die im „Reigen“ von
einem Soldaten mit einer Dirne und einem Dienstmädchen,
vom jungen Herrn mit dem Stubenmädchen, von dem
jungen Mann mit der „anständigen Frau“, von dem
älteren Herrn und dem Dichter mit dem „süßen Mädel“
vom Dichter mit der Schauspielerin und vom Offizier mit
der Schauspielerin und mit einer „Solchenen“ geführt
werden, bewegen sich stets um eine Stuation, die schamvoll
durch eine Lichtpause markiert wird, weil die Zensur vielleicht
doch etwas dagegen hätte, wenn die „Wunder der Zeugung“
ganz offen demonstriert würden. Diese menschlichen Not¬
wendigkeiten, von denen sonst wohlerzogene Leute nicht
sprachen, gehören jetzt zum Inventar eines Theaterbetriebes,
wenn er sich lu'rativ gestalten soll. Denn die Wohlerzogen¬
heit muß leider zu jenen Dingen gezählt werden, die beim
Umsturz verräumt worden sind und nicht mehr gesunden
werden können.
Diesen Motiven ist denn auch die Zusammenklitterung der
zehn Dialoge zu einem Stück zuzuschreiben. In Buchform
haben sie ihre Schuldigkeit längst getan und dem Antor
namhafte Tantiemen eingebracht. Nun soll der versiegende
Geldstrom durch andere Röhren wieder hergeleitet werden.
Es kann auch kein Zweifel darüber herrschen, daß sich
das neue Publikum, das auch im Theater nicht die von
den „Budapestern“ her gewohnten Laszivitäten missen
will, nicht erst den Kopf zerbrechen wird, ob sich die
Dialoge für öffentliche Darstellungen eignen, ob sie im¬
stande sind, ein Stück zu bilden, und ob diese Ueb rtragung
geheimster Vorgänge auf die Bühne eine künstlerisce Not¬
wendigkeit oder eine enfache Spekulation auf die Sinnen¬
lust nach sexuellen Sensationen lüsterner Mitbürger sei.
Sie werdn wonneschauernd den Lichtpausen entg gen¬
harren und durch den verünsterten Saal wird leise der
hübsche Kinoreirain „Wann's finster wird, da ruck' ma
z'samm“ schwirren. In allen Schiebercafés wird man
„literarisch“ werden und vom „Reigen“ sprechen und die
Dialoge des Herrn Schnitzler werden sortau in keinem
„feinen“ Schlafzimmer mehr fehlen.
In Berlin hat die Aufführung dieser Dialoge arge
Skandale herborgerufen und in München mußten die Be¬
sub er bestätigen, das sie mit der Aufführung enverstandn
sind. Wie sich das Wiener Publikum zum „Reigen“ ver¬
halten wird, soll der heutige Abend zeigen. Es ist kaum
etwas zu be ürchten. Die Leute, die sich seit Wochen um
die Sitze zu dieser Er aufführung gerissen haben, würdens
selbst ohne Lichtrausen nicht zischen. Im Gegenteil!
Ueder die Aufführung selbst ist nach dem Ergebnis der
Generalprobe zu sagen, daß alle Beteiligten sich Müh