II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 302

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Reigen
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Kohnnationales Reigenspiel.
Der nichliche Skhndal, daß man es gewagt hat,
die bisher verpönt gewesene Vorführung der dramatisierten,
unter dem Namen „Reigen“ an die Oessentlichkeit gebrachten
Bordellprologe des Juden Schnitzler durch Anlehnung an
eine allgemeine Fürsorgeaktion für die darbenden Kinder zu
ermöglichen
— die „Vorsicht“ wäre, wie sich nachträglich
herausstellte, nicht einmal nötig gewesen, denn das Haupt¬
organ der Sozialdemokratie und der in dieser Sache zu¬
ständigen autonomen Regierung von „Wien=Land“
seinen Beifall und die Bereitwilligkeit der Partei,
be¬
ziehungsweise ihrer Wiener Regierung, gegebenenfalls durch
Beistellung einer Terrorgarde für einen ungestörten Ver¬
lauf der abendlichen Lebeweltunterhaltung zu sorgen, laut
genug bekundet — war von einem Reigen nicht ganz wert¬
loser Selbstentlarvungen und Entbüllungen begleitet.
Es sei hier nicht weiter die Pede von dem tyvischen
jüdischen Schiebereinfall, sogar mit der Wohltätigkeit un¬
saubere Geschäfte zu versuchen und hungernden Kindern
Brosamen vom Tische der Geilheit zu offerieren, um dadurch
dasto eher die Duldung für die Vorführung zu erlangen,
welche das Theater zu einer toleriertenAnstalt herabwürdigt;
nicht weiter die Rede von der Aufdeckung des Verhältnisses
der Sozialdemokratie zur Schmutzliteratur und zu den
„Kunstbedürfnissen“ der Lebewelt durch die eifernden und
geifernden Ergüsse des Amtsorganes der Wiener Marxisten¬
regierung; endlich nicht weiter die Rede von den Selbst¬
entlarvungen der jüdischen Presse, die mit ganz vereinzelten
Ausnahmen ein frohes Grunzen und Wiehern anhub, ja
vielfach bedauerte, daß die Dramatisierung und Inszenierung
der Schnitzlerschen Zoten „leider“ nicht alle Erwartungen,
die füglich von der realistischen Bühnendaustellung solchen
Stoffes gehegt werden durften, befriedigen konnte, oder gar
dem Publikum, das sich gesträubt hat, einer derartigen
„Wohltätigkeitsvorstellung“ beizuwohnen, noch
Moral¬
predigten ob ihrer Hartherzigkeit hielt (wie zum Beispiel die
„S.= u. Mztg.“). Nein, von alldem sei nicht weiter die Rede,
denn wer, um jüdischen Geschöftsgeist, Judenkunst und
Judenpresse zu durchschauen, erst auf die allerdings unmög¬
lich mißzuverstehenden Offenbarungen dieser „Reigen“.
Tage hat warten müssen, der wird wohl auch weiterhin un¬
belehrt bleiben. Eine Ausnahme i nur hinsichtlich der
zionistischen „Morgenzeitung“ gen die für ihre Kritik
an dem Stammesgenossen Schnitzler — dessen Dialogen
zwar die Möglichkeit szenischer Vorführung abgesprochen,
aber als Lesestücken Bewunderung gezollt wird! — folgende
Beweggründe angibt:
Die Inszenierung des „Reigen“ ist eine ernste und
traurige Angelegenheit. Bitterernst
— denn sie för¬
dert die Reaktion mehr, als die vergnügten Zu
schauer mit den heraustretenden gestielten Augäpfeln, d
in ihrer Erregung heiser lachenden Dämchen mit den#u#te
der Schminke erglühenden Wangen auch nur ahnen köntte
Wenn das die Frucht der Umwälzung ist daß der Kuliisen
zauber zehnfach vorgeführter Angeschlicksbrunst
tat wird, dann (so dürften die Lausrnden
diese Freiheit ein Verhrechen
einstige Gebundenheit ein
wesen. Jede Revrise des „Reigen“ legt dem
ein Steinchen ins Brett.
Nicht etwa ein Anflug von Moral, sondern nur die
Angst vor der noch nicht ganz niedergetrampelten Moral des
Volkes beingt hier ein Kopfschütteln hervor: Das voreilige
Wagnis könnte der „Neaktion“ förderlich sein! Das ist der
ganze Grund der „ethischen“ Bedenken. Diese Striche aus
dem Zionismus vervollständigen freilich nur das Bild, das
man sich vom jüdischen Verhältnis zu den abendländischen
Moralanschauungen schon immer gemacht hat.
Wichtiger erscheint eine andere Enthüllung und sie
stammt von niemand anderem, als von — Schnitzler selber.
Im „N. W. Journal“ (Nr. 9782) verteidigt er sich gegen
die Vorwürse, die ihm u. a. der Berliner Berufs= und
Stammesgenosse Harden wegen der Inszenierung der
„Reigen“=Dialoge unter Berufung auf die Autorität eines
dritten Stammesgenossen, des Barnum=Regisseurs Max
Reinhardt (aus Preßburg), gemacht hat, und stellt fest,
daß ihm eben dieser Reinhardt auf eine Anfrage schon am
19. April 1919 geschrieben habe, er halte „die Aufführung
des „Reigen' nicht nur für opportun, sondern
für unbedingt wünschenswert“ zugleich ie n die
Erfüllung „unser beider Wünsche nach mei er
(Reinhardts) Regie“ in Aussicht stellend; daraufhin lbe
er (Schnitzler) mit Reinhardt einen Vertrag geschlossen.
nach welchem der „Reigen“ bis spätestens 31. Jänner 1920
an einer der Berliner Reinhardt=Bühnen hätte zur Auf¬
führung komn
* Reinhardts
schfolger. Jolir
Jatt, Wien
# Neues Monta