II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 306

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Reigen
War der „Reigen
aufzuführen?
Die Frage, ob es angezeigt war, Schnitzlers „Reigen“
an einem großen Theater aufzuführen oder nicht, be¬
schäftigt gegenwärtig sowohl die zünftigen Theaterfach¬
leute, als auch Kreise, die nicht ressortmäßig für Bühnen¬
angelegenheiten Interesse besitzen, sondern als Kultur¬
menschen den Vorgängen in der Theaterwelt jene Beachtung
schenken, die ihnen als Teil des allgemein öffentlichen Le¬
bens gebührt. Beiläufig aus demselben Grunde interessiere
auch ich mich für diese Frage, die bereits eine leidenschaft¬
liche Diskussion hervorgerufen hat. Ist sie ein Vor¬
bote weiterer Stürme? Die „Reichspost“ echauf¬
fiert sich parteigemäß gegen die Aufführung von
Schnitzlers „Reigen“, während die „Arbeiter=Zeitung“
sich ebenso parteigemäß verpflichtet fühlt, den Drohungen
des christlichsozialen Parteiorganes entgegenzutreten,
nicht etwa weil durch die angekündete Attacke der Bestand
eines Kulturwerkes gefährdet erscheint, sondern weil man
den Terror der „Reichspost“ grundsätzlich nicht zur sieg
reichen Entaltung gelangen lassen will, gleichviel um
welchen Fall immer es sich dabei handelt. Es ist aber
bezeichnend, daß die Aufführung des „Reigen“ eine der¬
artig stürmische Auseinandersetzung in der Offentlichkeit
findet, sodaß eine Untersuichung darüber, ob es zweck¬
mäßig war, diese Jugenddichiung Schnitzlers aufzuführen,
wohl zeitgemäß erscheint.
In vollem Gegensatze zu der Stellungnahme meines
Freundes Leoster in der letzten Nummer dieses Blattes,
Karikatur der Woche.
Dr. Artur Schnitzler
hat seinen „Reigen“ in den
Neunzigerjahren geschrieben.


00
OE
„Ja, ja, in den Neunzigerjahren ....
Begleiterscheinungen des Falles, finde ich, so peinlich es
auch ist, den gleichen Standpunkt einzunehmen, wie die
„Reichspost“, daß ein zwingendes Bedürfnis für die
Bühnengestaltung des „Reigen“ nicht vorhanden war und
daß durch die Nichtaufführung ja sogar durch die Unter¬
drükung dieser Arktit, kein künstlerisches Interesse be¬
rührt worden wäre. Gewiß gebührt Arthur Schnitzler
Rang und Charakter eines deutschen Dichters, aber nicht
weil er den „Reigen“ geschrieben hat, sondern weil er
der Welt eine Réihe von Werken gab, die in ihrer Fein¬
heit und Schönheit auch noch späteren Geschlechtern Freude
bereiten, als eindeutige Dokumente der gegenwärtigen lite¬
rarischen Epoche dienen werden.
als zwei Jahrzehnten einen nett
gearbeitet hat und seine Arbeit
Geistesblitzen zierte, besonders
geistreiche gefällige Form kleidete
die Höhe erreicht, als dichterisch
Bretter zu gehen, die die Welt
nicht, daß ich ein Verteidiger
haftigkeit und Prüderie bin, nich
etwas Unsittliches oder Anstößige
„Reigen“ zu erblicken und jeder,
Worte nachsagt, gehört jener
Heinrich Heine wohl in einem
sagte: „Ich weiß, sie tranken hein
öffentlich Wasser.
Es war notwendig, dies al
nicht in den Verdacht einer Mu
man mit Recht kein Urteil über
Art immer sie sei, zuerkennen da
noch der Meinung bin, daß der
werden sollte, will ich nun kurz
der Dichter — und man frage ei
im Traume nicht daran gedacht
Bühnenleben einzuflößen, sond
niedergeschrieben aus Spielerei,
um ein Bühnenwerk zu schaffen.
die Aufführung des „Reigen“ wi
die mit der Aufführung verbun
häßlich zum Vorschein kommt un
trete, daß auch eine Privatbüh
pflichtungen künstlerischer Art b
Recht hat, uner dem Vorwand
wirksamkeit zu verschaffen, die
zugkräftiges Aushängeschild zu b
gestattet sein, bzw. toleriert wer
beispielsweise vor etlichen Jahren
Tag für Tag die Leute in „Das
lockt hatte, ohne daß es dem H
wäre, der Welt einzureden, er per
die reinsten Absichten und diene
die Kunst dem Volke näherzuhr
uns der in diesem Genie etwas
Bernau gefälligst verschonen, de
über seine Tätigkeit darum nich
dürfte, als ich ja im gewissen Si
sehen war, Herrn Direktor Bern
reichen Theaterdirektor ein wenig
ich deshalb ein bischen zu anspruch
andere denn sonst müßte es doch
zwar den berühmten Theaterfac
daß das Bernau'sche System sich
bewegt, die zur Aufführung von
„Die Flamme“ — und dem „Re
Zufall mehr, das ist auch keine
dern es ist und bleibt eine rein
lichkeit und Lüsternheit. Weil ich
scheinungen erkenne, daß a#
nur diesem Umstande die Auffü
verdankt, und weil ich fest davo
Männlein und Weiblein nicht we
dichterischen Schönheiten der Arb
grundlegenden Gedankens, der de
sondern nur deshalb ins Theater
manches sehen, einiges hören un
können — wenn's finster wird
Aufführung des „Reigen“, der
großen materiellen Gewinn, aber
eintragen wird, der ihm damals
seinen Professor Bernhardi nicht ü
Österreichs schreiten lassen wollte
man nicht aus spekulativen Mo
um für das gedankenreiche Werk
ins Freie zu bahnen.