II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 427

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11. Reigen
Der „Reigen“-Skandal beendet.
zu nehmen. Der Bürgermeister erklärte jedoch, daß er nicht
Durch eine Versügung der Regierung
in der Lage sei, seine erste Entscheidung abzuändern.
wurde die weitäre Aufführung des
Ays Rücksichten der öffentlichen Sitt¬
„Reigen“ untersaggt.
lichkeit sah sich nun die Bundesregie¬
Hiezu wird amtlichmitgeteilt:
rung veranlaßt, die weiteren Auf¬
Bereits vor Zulassung der Aufführung des „Reigen“
ührungen des „Reigen“ zu unter¬
durch den Magistrat Wien als politische Landesbehörde
agen. Sie glaubt sich hiebei mit der öffentlichen
hat der Polizeipräsident den Bürgermeister von Wien auf
Meinung, abgesehen von einem kleinen, fur das
die schweren Bedenken aufmerksam gemacht, die der Auf¬
Wiener Volrsempfinden wohl nicht
führung dieses Bühnenwerkes entgegenstehen. Der Magistrat
maßgebenden Zuhörerkreise, in voller
erteilte jedoch nach Anhörung des Zensurbeirates mit
Uebereinstimmung zu befinden.
Bescheid vom 12. Januar d. J. die Aufführungsbewilligung.
Die nun erfolgten Aufführungen des Stückes gaben zu
ebhaften Erörterungen in der Oeffentlichkeit Anlaß. Hiebei
sprach sich die weitaus überwiegende Mehrzahl der öffent¬
ichen Stimmen dahin aus, daß die Aufführung nach ihrem
Besamteindrucke eine arge Verletzung der Sittlichkeit be¬
eute. Kundgebungen aus der Bevölkerung und zahlreiche
Urtiiel der Presse verschiedener Richtung ließen erkennen,
aß diese Vorführung mit dem sittlichen Empfinden weiter
treise der Wiener Bevölkerung in scharfem Gegensatze
teht.
Der Bundesminister für Inneres und Unterricht richtete
aher an den zunächst zur Beurteilung des Falles be¬
rufenen Bürgermeister von Wien die Einladung, zu der durch
die öffentlichen Aufführungen gegebenen Sachlage Stellung
willigung der „Reigen“=Aufführungen erteilt hatte, er¬
schüttert werden könnte. Herr Austerlitz faselt natürlich
Das „Reigen“-Verbot und die
von Rückschritt und Gefährdung der Freiheit, er sieht sogar
durch das „Wied raufleben der Zensur“ die — Republik
„Arbyiter-Zeitung“.
bedroht! Kann man sich wirklich noch mehr lächerlich
nizzmt heue in ebenso leiden¬
Die Arbeiter=30
machen? Die Sozialdemokratie hat zur Kompromittierung
chtiger Weise gegen das von der
chaftlicher, als
der Renublik schon genug getan, daß es wirklich nicht
stegierung erlassene Verbot der weiteren Aufführungen des
notwendig gewesen wäre, zu erklären, daß es zu den un¬
„Reigen“ in den Kammerspielen des Deutschen Volks¬
umgänglichen Attributen eines Freistaates gehören muß,
heaters Stellung. Wir sagen unaufrichtig beshalb, weil Herr
daß jede Sittenlosigkeit gestattel, daß — #asen wir es
Austerlitz selbst nicht zu behaupten wagt, daß die
offen heraus — jede Schweinerei erla#### ist seisdem wir
iterarischen Qualitäten und die besondere Eignung des
die Regierungsform gewechselt haben.
„Reigen“ für die Bühne die Aufführung rechtfertigen würden.
Das Blatt gibt sogar verklausuliert zu, daß die schweren
Bedenken wegen der entsittlichenden Wirkung der „Reigen“s
Vorstellungen nicht unberechtigt seien, meint aber, daß man
diesen Gei# ren dadurch begeanen könnte, daß man die
Erlauhnis zum Besuche der Kammerspiele von dem Nachweis
In
eines gewissen Alters abhängig machen könnte.
Wirklichkeit #st es der „Arbeiter=Zeitung“ wirklich
nicht so sehr um den Schutz des „Reigens“ und seines Ver¬
fassers gegen das behördliche Verbot, als vielmehr dorum
zu tun, auch diese Gelegenheit zu benützen, um gegen die
„cbristlichsoziale Regierung“ und vor allem gegen den
Minister des Innern Dr. Glanz zu betzen, der von allem
Anfang an das Ziel der sozialdemokratischen Angriffe war,
weil ihm die Aufgabe zufiel, der Nachfolger der „Genossen“
Eldersch und Dr. Deutsch in den von diesen inne¬
gehabten Staatsämtern zu sein. Der durch das „Reigen“
Verbot ausgelöste Wutanfall der „Arbeiter=Zeitung“ findet
übrigens eine besondere Erklärung noch darin, weil durch
diese Verfügung der Reaierung die „Autorität“ des Herrn
Landeshauptmannes und Bürgermeisters Reumann,
der aus seiner tiefgründigen Weisheit heraus die Be¬
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