II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 433

Die Ordner bemühen sich, die raufenden
Gruppen zu trennen. Der Krawall im Saale
gestattet nicht, einzelne Zurufe zu hören. Ein
Teil christlichsozialer Abgeordneter drängt sich
gegen die Sozialdemokraten, die vor der Mi¬
nisterbank stehen, vor, unter den fortgesetzten
Rufen: Juden, Saujuden, Juden¬
bagage! Allen voran agiert der steirische
Christlichsoziale Pischitz. Es kommt zu
wüsten Szenen, in deren Verlauf schließ
lich der Landeshauptmann Sever mit dem
Ellenbogen des Herrn Pischitz in sehr
Man
unsanfte Berührung gerät.
hörte nur einen wüsten Lärm und das Läuten
der Glocke des Präsidenten Weiskirchner,
der schließlich das Bedauern über diese
Vorfälle ausspricht, die die Würde des
Hauses verletzen.
Langsam tritt erst Ruhe ein, bis Abge¬
ordneter Seitz die Rednertribüne Lesteigt.
Abg. Seitz: Die Erlaubnis zur Auffüh¬
rung des Stückes ist auf Grund des Gutachtens
des Zensurbeirates erfolgt. Der Landeshaupt¬
mann hat sich bei seiner Entscheidung auf die
von der zuständigen Stell: bekundete Auf¬
fassung gestützt. Ich wünschje nicht einmal zu
agen, wie ich darüber denke, daß man den
Reigen“ fort und fort aufführt. Wenn Sie
wünschen, werde ich mich in ein Kaffeehaus
setzen und mich dort mit Ihnen ästhetisch
auseinandersetzen. Mir sind aber
politischen und ästhetischen Auffassungen des
Wir
Dr. Glanz ganz gleichgültig¬
kümmern uns auch nicht um di. Frage, welches
Publikum dort ist. Daß keine Arbeit¬
dort sind, wissen wir. Es sind also meis
Rufe bei den Christlichsozialen: Juden!
Abg. Seitz: Ich kenne die Christlich¬
sozialen, ich möchte dort keine Kontrolle an¬
stellen über die, die dort lüsternen Blickes
hingehen. Die öffentliche Sittlichkeit wird durch
die Aufführungen des „Reigen“ nicht ver¬
dorben. Um was es sich hier bandelt, ist
die Frage der Verfassungsmäßigkeit,
es ist der Erlaß des Herrn Dr. Glanz.
Es ist eine alte Taktik der christlichsozialen
Partei, und daher auch des Herrn Dr. Glanz,
in kleinen Fragen, die mindestens meritorisch
sehr kritisch sind, zunächst eine Vorentscheidung
zu treffen, um sich dann auf ein Präjudiz be¬
rusen zu können. Denn wir wissen, daß die
Theistlichsoziolen die Absicht haben, in den
Ländern braußen die volle Auto¬
nomie zu gewähren, da sie die Absicht haben.
die Landeshauptleute, soweit sie christlichsozia
sind, zu vollständigen Landesherren zu machen
in den Ländern aber, wo die Sozialdemokraten
an das Ruder kommen wollen sie die soge¬
nannte Autorität des Staates, das
heißt die Autonomie irgendeines christlich¬
sozialen Angestellten aufrichten. Und dieser
Politik werden wir entschiedenen Widerstand
entgegensetzen.
Die Rechtslage ist ganz einfach. Nach der
Theaterordnung hat der Landeshauptmann
über die Aufführung zu verfügen. Wenn der
ge¬
Landeshauptmann die Aufführung nicht
stattet, so steht es den Beteiligten frei, an die
Regierung zu appellieren. Wenn der Landes¬
st
hauptmann die Aufführung jedoch zuläßt,
hat keine andre Behörde das Recht, anders
zu
entscheiden. Der Bundesminister des Innern
wäre nur berechtigt gewesen, dem Landes¬
hauptmann den Auftrag zu erteilen, das ist
nicht geschehen. Sache des Landeshaupt¬
mannes wäre es dann gewesen, sich zu ent#
scheiden, ob er gegenüber dem Dr. Glanz
Subordination zeigen wird.
Der Landeshauptmann von Wien hat dem
Bundesminister des Innern mitgeteilt, daß er
Kenntnis
seine Zuschrift nicht zur
nimmt. Er wird nun abwarten, was Doktor
Glanz tun wird, und ob er wegen einer si
läppischen, untergeordneten Frage einen Ver¬
fassungskampf wünscht.
Abg. Dr. Bauer verlangt vom Prä¬
sidenten die Erteilung des Ordnungs¬
rufes für den Minister des Innern
wegen Beleidigung einer großen Partei des
Hauses, der er Unanständigkeit zum Vorwuef
gemacht habe. Präsident Dinghofer erklärt
nicht in der Lage zu sein, dieser Aufforderung
nachkommen zu können.
Tag und Stunde der nächsten Sitzung
werden in schriftlichen Wege bekanntgegeben¬
Die Bohlottbewegung der
Hansa.
Washington, 11. Februar. (Funk¬
pruch.) Nach Meldungen aus Ham¬
urg habe der Hansobund be¬
schlossen, englische und franzö¬
ische Waren zu boykottieren
wenn die Wiedergutmachungsbestim¬
mungen der Pariser Konferenz keiner Ab¬
änderung unterzogen würden. Man hofft,
durch eine Verstärkung des Handels mit
Nord= und Südamerika den durch den
Boykott entstehenden Verlust wieder wett¬
zumachen.
Französisches Säbelrasseln.
Paris, 11. Februar. (Privattele¬
gramm.) In den gestrigen Verhank
lungen über die Reparationsfrage in der
ranzösischen Kammersitzung
Briand auf eine Anfrage des Abgeord¬
neten Forgeot folgendes: Wenn es un¬
bedingt geschehen muß, werde ich die
Macht Frankreichs aufbieten, auch ohn
eine Alliierten, aber ich werde alles tun,
um einen derartigen Fall zu vermeiden.
mbenattentate in Rio de
Janeiro.
Washington, 11. Februar. (Funk¬
pruch.) In Rio de Janeiro wurden das
Außenamt und die Börse durch
Bombenwurf Leträchtlich beschädigt; man
vermutet ein anarchistisches
Attentat.
Valutenfälschungen in
Judapest.
Budapest, 11. Februar. (Privattele¬
gramm.) In Budapester Geldinstituten
wurde bereits seit einigm Tagen bemerkt, daß
eine Menge gefälseite Auslands¬
valuta in den Verkehr gebracht wird, be¬
sonders viel unechte Dollar= und Lire¬
noten. Bereits vor längerer Zeit war
Budapest mit falschen Dinarnoten über¬
schwemmt worden. Nachdem kürzlich an der
Kasse einer ungarischen Bank 300=Dollar=Noten
ur Einwechslung gelangten, welche sich nach¬
träglich als unecht erwiesen, gehen nunmehr
die hiesigen Geldinstitute sehr vorsichtig vor
Sie nehmen die Umwechslung ausländischer
Non nur gegen Vorlage besonderer Ver¬
zeichnisse vor, auf welchen die Nummern der
einzelnen Noten vermerkt sind, für deren Echt¬
eit der Einreicher die Garantie zu über¬
nehmen hat. Die Polizei hat bei einer Razzia
festgestellt, daß eine Menge gefälschter 100=
20= und 10=Lire=Noten nach Budapest gebracht
worden sind, und zwar durch Schieber aus
Wien, welche diese Fälschungen hier in Ver¬
ehr setzten. Die Budapester Polizei hat sich
eute nacht mit der Wiener Polizei in
Verbindung gesetzt, um dem Valutenschwindel
nachzuforschen.
Räumung der Inseln Arbe
und Cherso.
Paris, 11. Februar. (Funkspruch.) In
Durchfjährung des Vertrages von Rapall
haben die italienischen Truppen die Inseln
Arbe und Cherso geräumt.
Nußlands Vertreter in

apiere, um so mehr, als das Defizit die In¬
lation verschärfen muß.
Bei Beginn war das Geschäft sehr rege,
neben den valutarischen Effekten vorwiegend
n Juli=Süd, die in den ersten Umsätzen den
Kurs von 3890 erreichten; die andern Steige¬
rungen bewegten sich durchschnittlich bis 150 K.
Mit Ausnahme der Südbahnwerle wurde der
Verkehr hierauf stiller und eingeschränkter.
Die Versorgung beschäftigte den Markt. Ob¬
gleick man an ihrer glatten Durchführung nicht
zweifelt, machte sich doch Entlastungsstreben
geltend, namentlich in Juli=Süd, in denen
umfangreiche Engagements bestehen. Auch in
den übrigen begünstigten Papieren erfolgten
Realisationen, die indes bei der Geringfügig¬
keit ver Abgaben zu keinen nennenswerten
Kriegsanleihen.
Brauer
11/2
10.2.
Liesinger Brau
8725
2.
8725
Brunner Brau
8560
.
8560
Hälfer Brau
*
8750
1.
7jähr.
8750
Viliner B##
am.
85
Sarajevoer Bra
8850
350
5½.
8450
5. am.
10j.
86
Aussig, Chemisch
8450
6. am.
Brosche
*
8650
8650
I. 8¾1.
arborundum
8450
7. am.
Clotilde
* *
8. indb.
Dynamit
8450
8450
8. am.
Helios
Jungbunzlauer
Renten.
Koli er Spiritu
Solo
11½2. 10/2.
Verein. Drogen
Mairente
9470
97
Teerag
Julirente
9470
91
Stickstoff
**
Februarrente
*
Apritrente
985
Elektri
Oest. Goldrente
I. E. (.=Union
9470
est. Kronenrent
Brown=Bovery
Ing. Goldrente
olben Elektr.
Ung. Kronenrente
200
200
Tzeipa=Nif
Vereinigte Elelt
Banken.
iemens=Schuck.
Anglobaut
1120
1092
Ges. f. elektr. Ind
Bankverein
160
1162
Eisen und
Bodentredit
*
7630
Alpine
Böhm. Industria
.
Austria
Böhm. Union
3460
3440
" *
Oest. Berge u. Hü
Bosn. Landesb.
1350
880
Coburg. Hüttenn
Oesters. Kredit
1435
1410
Bechert. Schrau
Ungar. Kredit
2250
Enzesfelder
Depositenban
1016
Egydyer
N.=ö. Eskompteg.
390
1375
Felten & Guill.
Länderbank
1950
Freistädter Stal
Lombard u. Eskb.
58
Greinitz
Mercur
Hutter & Schran
Oest.=ung. Bank
1765
Kabel und Dra
Unionbank
1100
1096
Krupp
Verkehrsbank
800
800
Kupferwerke
Wr. Kommerzialb.
840
Krain. Eisen
Oest.=bosn. Bank

1300
Poldihütte
Gal.B.Malopolski

Prager Eisen
zivnost. banka
3505
#
Rima=Muranye
773
entern. Handelsb.
70
Rothau=Neudet
Brit.=ung. Bank
1100
1130
chrauben Brei

Prager Kreditb.
Stodawerte
Böhm. Esk.=B.
Urion Pleck
Ung. Hypoth.=B.
Waagner & Bi
Ung. Allg. Spark.
1420
1395
Waffenfabrik
Kompaß
* * .
Henica
Ditmar Lampe
Transportunternehmungen.
Kohlen= u. Ber
Adria
11850
Austro=Americana

Brüxer
Aussig=Teplitzer
6800
6700
Galiz. Montan
Buschtiehr. lin A.
5800
5750
Gran=Szaszvar
it. 6
2575
600
Nordböhm. Kot
Donau=Dampfsch
3200
2900
Nordung. Kohl
Ferd.=Nordv.
1990
9600
Ober u. Berg= u.
raz=Köflacher
4250
415
Ros.
ahlenberger
760
Salgo=Tarjane
Kaschau=Oderb.
2280
Trifailer
3350
Lemb.=Czernowitz
3260
Ung. allg. Kohl
4130
Lloyd, österr.
40 00
Irikant
Navigazione
14100
Leitscher Magi
Staatsbahn
5300
5110
*
Westböhm. Ber
2919 50
3000
Staatsb., Genuß
Wolfsegg=Trau
Südbahnpriorit.
3730
3630
Lombarden
3295
Brand=Lhuillie
Breitfeld=Dane
Bauwerte.
Brünner Masch
Allgem. Bau
1765
1750
Daimler=Moto
Union=Bauge
2000
Fias
1999
Bräf & Stift
Wiener Bauges.
1750
1
Beoseiner
Grez. W. (Weitz
Königshofer
Heid=Maschinen
3850
Perlmooser
Hofherr, Oester
Hofheer. Ungal
Union=Baumat.
13
1884
Wiener Ziegel
Lokonlotiv. Wr.
530
1453
4680
Wienerb. Ziegel
4250
Lokomotiv. Sie