II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 467


Ane Ncht Rehr
„Nova Reforma“, daß die Bolschewisten in der Um¬
ers Die gleichzeitig einlaufende
gebung Truppen in der Stärke von 80,000 Mann
unten der Bolschewiken für eine
konzentrieren. Längs der Grenze werden unter Mit¬
Deser des Friedensschlusses von
arbeit der Zivilbevölkerung Befestigungen und Schützengräben
In Moskau jedoch wird jede
angelegt. Die Bolschewisten berufen immer weitere
asstellt.
Jahrgänge ein.
als der Regierungsvertreter weiter erklärte, Ministerpräsident
die Pariser Konferenz.
Dr. v. Kahr sei wegen andrer dienstlicher Angelegenheiten
#e
Protokoll über die Ergebnisse
verhindert, im Hause zu erscheinen. Auf Antrag des
Paris ist bisher noch nicht
Abgeordneten Timm wurde unter lebhafter Unruhe auf der
arlamentarischen Kreisen ver¬
Rechten beschlossen, die Sitzung auf eine Stunde zu vertagen,
hauptsächlich darauf zurück¬
damit die Frattionen der Linken zu diesem Vorkommnis
Beschlüsse, der die Wieder¬
Stellung nehmen können. Nach einer sehr stürmischen Debatte
Beziehungen Oesterreichs mit
erzwang die sozialdemokratische Fraktion einen Beschluß,
##der auch eine der Grundlagen
wonach die Sitzung abgebrochen wurde.
zu bilden haben wird, Vor
eite mit den Regierungen der
Einschüchterung oder Militärgewalt.
Zugoslawiens erforderlich
Paris, 11. Februar. (Privattelegramm.) „Petit
Abschluß gediehen sind.
Journal“ erklärt, daß es für die Durchsetzung der Entschädi¬
rotokolls wird also bis zu dem
gungsforderung an Deutschland nur zwei Mittel gebe: Ein¬
ien, in dem die Versprechungen
schüchterung oder Militärgewalt. Die Anwendung
t sein werden.
der letzteren koste viet Geld und ziel; schwere wirtschaftliche
und politische Folgen nach sich. Es sei also die Einschüch¬
ür Oesterreich.
terungvorzuziehen, und diese werde gegen Deutsch¬
t nicht teil.
land immer gelingen, solange die französisch=englische Allianz
den europäischen Weltfrieden sichere.
##as.) Nach der „Stoile Belge
swärtigen Jasbar in der
wärtige Angelegenheiten, daß
Die Präsidentenwabl in Amerika.
fkonsortium nicht teil¬
Washington, 11. Februar. (Tel.=Komp.) Die offizielle
Zweck verfolge, Oester¬
Wahl Hardings zum Präsidenten und Calvin Colidges
zum Vizepräsidenten wird am kommenden Mittwoch stattfinden,
und zwar unter Leitung des Vizepräsidenten Marshall.
gung in Tirol.
Marshall wird in dieser Sitzung die förmliche Feststellung
ung verschoben.
machen, daß Harding und Colidges mit 404 Stimmen von
37 Staaten gewählt wurden. Im ganzen hat bei der
us dem Landhause wird mit¬
Wahl im November Harding etwas über 16 Millionen Stim¬
stagsparteien traten gestern zu
men erhalten, während der demokratische Kandidat Cooks es
zur Durchführung der
auf mehr als 9 Millionen Stimmen gebracht hat.
inen Volksabstimmung
zu nehmen. Zunächst gab der
chraffl eine genaue Dar¬
Zunahme der Arbeitslosigkeit in England.
konferenz in Wien, auf der
London. 11. Februar. (Wolff.) „Daily Expreß“ zufolge
Vertretern der Länder gegen¬
hat die Arbeitslosigkeit im Vereinigten Königreich in
habe, daß die Regierung den
der mit dem 5. d. zu Ende gegangenen Woche ständig
onalversammlung, eine allge¬
zugenommen. Man zählt 1,108,000 Arbeitslose, was gegen¬
s Anschluß am ersten Sonntag
über der vorhergehenden Woche eine Zunahme um 526,802
hres anzuordnen, aus schwer¬
bedeutet.
durchführen können.
sprache über die besondere
Die wirtschaftliche Krife in Spanien.
das Land Tirol infolge des
elona, 10. Februar. (Havas) Die Arbeit mußte
in voller Würdigung dei
mehre Betrieben eingeschränkt werden. Man befürchtet, daß
Deutsche Reich gerade gegen¬
die wirtschaftliche Krise in allen Industrie¬
senz und vor der Abstimmung
gegenden an Schärfe zunimmt.
schließlich in der Obmänner¬
zum Ausdruck, daß die auf
Die Volkszählung in der Tschecho¬
ür Tiror festgesetzte
Slowakei.
schieben sei. Des weiteren
Prag, 11. Februar. (Privattelegramm.) Die Re¬
#ng beauftragt, sich sofort mit
gierung hat heute einen Erlaß herausgegeben, demzufolge
Bundesregierung zur Fest¬
alle Ausländer aus der Tschecho=Slowakei auszu¬
für eine gleichzeitige Abstim¬
weisen sind, bezüglich welcher der Verdacht besteht, das
nidung zu setzen. Das Ergehnis
fndtag bei seinem Zusammen¬
Volkszählungsergebnis zugunsten der Deutschen zu
beeinflussen.
selegt und von diesem dann
sten werden.
Der „Reigen“.
m Münchner
Die gestrige Aufführung.
Mon hat der gestrigen Aufführung des „Reigen“ nicht
ag.
ohne Besorgnis entgegengesehen. Das Publikum war auch
PPrivattelegramm.) Die
infangs etwas nervös. Als jedoch die ersten Bilder ohne jede
Zeichen des Sturmes, den die
Störung vorüberzogen, wurde die Stimmung ruhig. Die Auf¬
ber der Linken anläßlich der
nahme war gestern sogar lebhafter als sonst. Man hat gelacht
rdie Stellung des bayerischen
und applaudiert.
nisterkonfernz in Berlin vom
rr v. Lutz als Regierungs¬
Der Kronen- und Markkurs.
nischen wiederholten Unter¬
Zürich, 11. Februar. Auszahlung Wien 1.55
daß die Beratungen in Berlin
(gegen 1.55 am Vortag), österr. gestempelte Kronen¬
en seien. Die Regierung sei
—.—
noten
.—), Prag 7.90 (7.75), Berlin 10.27½
Wandtag darüber Aufschluß zu
ng bemächtigte sich der Linken, (10.20), Paris 44.27½ (44.15), Mailand 22.45 (22.45)
Angelegenheit des „Reigen: Der elende Friede, die
Hungersnot, die Feindseligkeiten zwischen Land und
Wien, der Machtkampf zwischen Bürgerlichen und
Sozialisten, die Drohungen eines kommunistischen Um¬
sturzes, die Zerschlagung der Koalition, die Oktober¬
wahlen mit ihrer Umwälzung der parlamentarischen
Machtverhältnisse — alles ist vorbeigezogen, ohne die
Volksvertretung aus dem seelischen Gleichgewichte zu
bringen. Aber die Aufführung einer Szenenreihe, die
neunundneunzig Hundertstel unsrer Bevölkerung gleich¬
gültig läßt, schon weil sie durch die Höhe der Eintritts¬
preise auch von diesem fragwürdigen Glück ausgeschlossen
sind, hat den Sturm im Wasserglase heraufbeschworen.
Das ist eine grundschlechte parlamentarische Regie, die
die Meinung befestigt, daß das Parlament fern von den
Nöten der Zeit sich in eine Kulissenpolitik einspinnt und
ein Eigenleben führt, durch das es sich dem Volks¬
empfinden entfremdet.
Mehr als einmal im Laufe der Zeiten ist #s ge¬
schehen, daß die Leidenschaften sich an der Frage der
Zulassung oder Nichtzulassung eines Bühnenwerkes
zur öffentlichen Aufführung entzündeten. Schnitzlers
„Reigen“ aber bietet nicht den Anlaß zur Aufrollung
der großen Prinzipienfrage über die Grenzen der
Bühnenfreiheit. Man konnte sich vorstellen, daß Grill¬
varzers „Ottokar“ oder „Bruderzwist“, daß Haupt¬
manns „Weber“ oder Schönherrs „Glaube und
Heimat“ den würdigen Anlaß bieten, um das Problem
in seinen Tiefen auszuschöpfen. Dem „Reigen“ ist
dieser Ruhm verwehrt. Der Verfasser selbst hat sehr
wohl gewußt, warum er lange Zeit diese Dialogreihe
nur als Manuskript im Freundeskreise von Hand zu
Hand gehen ließ und an eine öffentliche Aufführung
nicht dachte. Was als Schriftwerk durch Kühnheit,
charfe Beobachtung und dialogischen Witz fesseln
konnte, gewinnt im grellen Rampenlicht ein ganz andres
besicht und wird nur zu leicht ein Zugeständnis an die
lüsternen Instinkte. Den Sozialdemokraten selbst ist
is nicht beigefallen, ihre Reputation mit einer Ver¬
teidigung des Werkes und seiner Aufführung zu ver¬
knüpfen, sie haben ausdrücklich abgelehnt, die ästhetische
oder kulturpolitische Seite der Frage zu entscheiden,
und ihr publizistisches Organ ist schon gestern erkenn¬
bar von dem „Reigen“ abgerückt, indem es erklärte,
daß wahrscheinlich viele Besucher der Aufführung nicht
wegen der künstlerischen Idee kommen und für sie un¬
empfänglich bleiben; auch hat das Blatt erklärt, es
würde der Forderung keineswegs widersprechen,
die
Zulassung zu den Aufführungen von einem bestimmten
Alter abhängig zu machen und sonach junge Menschen
von dem Besuch des „Reigen“ auszuschließen. Also
weder Artur Schnitzler noch der „Reigen“ können sich
berühmen, im Mittelpunkte des heißen Schlacht¬
getümmels zu stehen, vielmehr hat die sozialdemokratische
Partei den Kampf auf ein andres und ernsteres Gebiet
verlegt. Aus dem „Reigen“ ist eine Verfassungs= und
Machtfrage geworden.
Der Unsegen der föderalistischen Zerschlagung des
Staatswesens trat gestern sichtbar zutage. An dieser
Stelle wurde, solange das Verfassungswerk im Werden
und die Kritik noch nicht gegenstandslos war, immer
wieder ausgesprochen, daß es ein Mißgriff ist, einen so
winzigen und überdies durchaus einheitlichen Staat in
acht zwergenhafte Sonderstaaten zu zerschlagen. Die
Warnungen blieben fruchtlos, die föderalistische Bundes¬
verfassung wurde geschaffen, eine achtfache Souveränität
aufgerichtet. Das dicke Ende kommt jetzt nach. Die
Haltung der sozialdemokratischen Partei zur neuen Ver¬
fassung war allerdings zwiespältig. Die Parteigenossen
in jenen Ländern, wo sie eine schwache Minderheit
bilden, iaren zentralistisch gerichtet, um den Rückhalt
an dem sozialistischen Wien nicht zu verlieren;
die Wiener Sozialisten, die sich zunächst ihrer Sache
icher fühlten, hatten gegen die bundesstaatliche Ein¬
richtung wenig einzuwenden, weil sie darin eine Bürg¬
schaft ihrer Machtstellung in Wien erblickten. Und nun,
da der Föderalismus zur staatsrechtlichen Tatsache ge¬
worden ist, fordern sie, daß er auch dort zur Wahrheit
werde, wo es zu ihren Gunsten geschehen könne:
die
Entscheidung über die Zulassung eines Werkes zur
Bühnenaufführung sei Sache der Landesregierung,
und wenn sie im bejahenden Sinne getroffen sei, habe